Grimm, Jacob: Über den altdeutschen Meistergesang. Göttingen, 1811.mer der Meistersinger. Ein solcher ist leicht der "her dunkel 10b. Herman der Damen (DCCXIX.) bricht in die Worte 11. Rumelant (CCCLXIII.) hält dem Singof die Vermes- Rumelant von Schwaben (ders. Dichter?) sagt CCCLXXXIV: 77) Die Sitte läßt sich vieileicht auch auf das gesellschaftliche Le-
ben der alten Volksdichter zurückführen. Im Königreich der fahrenden Leute waren späterhin noch die Zwölfer, d. h. zwölf beisitzende Rechtsprecher über ihre Angelegenheiten. mer der Meiſterſinger. Ein ſolcher iſt leicht der „her dunkel 10b. Herman der Damen (DCCXIX.) bricht in die Worte 11. Rumelant (CCCLXIII.) haͤlt dem Singof die Vermeſ- Rumelant von Schwaben (derſ. Dichter?) ſagt CCCLXXXIV: 77) Die Sitte laͤßt ſich vieileicht auch auf das geſellſchaftliche Le-
ben der alten Volksdichter zuruͤckfuͤhren. Im Koͤnigreich der fahrenden Leute waren ſpaͤterhin noch die Zwoͤlfer, d. h. zwoͤlf beiſitzende Rechtſprecher uͤber ihre Angelegenheiten. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0101" n="91"/> mer der Meiſterſinger. Ein ſolcher iſt leicht der „her dunkel<lb/> Meiſter“, auf den die folgende Strophe anſpielt.</p><lb/> <p>10<hi rendition="#i"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#sup">b</hi></hi></hi>. Herman der Damen (<hi rendition="#aq">DCCXIX.</hi>) bricht in die Worte<lb/> aus: „ſteht auf, laßt mich in Kreiſes Ziel, ich will mit Lobe<lb/> fechten die brandenburger Fuͤrſten vor“, ſo daß hier wieder<lb/> eine Verſammlung und ein Auftreten des vortragenden Saͤngers<lb/> etwa in der Mitte eines Kreiſes vorausgeſetzt werden muß. Das<lb/> „Kreyſes zil“ kommt eben ſo im Wartburger Kriege vor, und in<lb/> M. G. des 16. u. 17. Jahrh. mehrmals das Betreten der Sing-<lb/> ſtuhlsſtufen. Frauenlob ſingt: „ſetz mir den Stul.“ (Weim. H. S.)</p><lb/> <p>11. Rumelant (<hi rendition="#aq">CCCLXIII.</hi>) haͤlt dem Singof die Vermeſ-<lb/> ſenheit vor, daß er ſich ſo hoch mit Sang in Meiſterfaͤnger<lb/><hi rendition="#g">Grad</hi> geſetzet habe. Hieraus folgt zweierlei; einmal daß hier<lb/> Meiſter einen beſtimmten Grad anzudeuten ſcheint, dann, daß<lb/> man ſich ſelbſt, oder die Meinung des Publicums dieſen bei-<lb/> legen konnte, und es noch nicht feierlich durch andere Meiſter<lb/> geſchah, wie ſpaͤter auf den Schulen. Wenn man die ganze<lb/> Stelle nicht eher vom Mißbrauch als vom Gebrauch verſtehen<lb/> muß. Der naͤmliche Meiſter (Man. Samml. 2. 225. 226.)<lb/> gibt ein Raͤthſel uͤber Marners Namen, nach meiſterlicher Re-<lb/> gel zu rathen auf, und in einem der folgenden Lieder, welches<lb/> ganz deutlich ein Meiſterſang iſt, wuͤnſcht er ſich aller Meiſter<lb/> Kunſt, um an den guten Frauen zu vollſprechen.</p><lb/> <p>Rumelant von Schwaben (derſ. Dichter?) ſagt <hi rendition="#aq">CCCLXXXIV</hi>:<lb/> zwoͤlf Meiſterſinger moͤchten nicht volldichten die Tugend ꝛc.,<lb/> wobei ich auf die Zwoͤlfzahl aufmerkſam mache, deren Bedeu-<lb/> tung freilich faſt allerwaͤrts etwas Heiliges in ſich hat. Allein<lb/> hier denkt man doch an die zwoͤlf alten Meiſter, an eine be-<lb/> ſtimmte Sage oder Sitte unſeres Ordens <note place="foot" n="77)">Die Sitte laͤßt ſich vieileicht auch auf das geſellſchaftliche Le-<lb/> ben der alten Volksdichter zuruͤckfuͤhren. Im Koͤnigreich der<lb/> fahrenden Leute waren ſpaͤterhin noch die Zwoͤlfer, d. h. zwoͤlf<lb/> beiſitzende Rechtſprecher uͤber ihre Angelegenheiten.</note>. Daß ſpaͤter<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [91/0101]
mer der Meiſterſinger. Ein ſolcher iſt leicht der „her dunkel
Meiſter“, auf den die folgende Strophe anſpielt.
10b. Herman der Damen (DCCXIX.) bricht in die Worte
aus: „ſteht auf, laßt mich in Kreiſes Ziel, ich will mit Lobe
fechten die brandenburger Fuͤrſten vor“, ſo daß hier wieder
eine Verſammlung und ein Auftreten des vortragenden Saͤngers
etwa in der Mitte eines Kreiſes vorausgeſetzt werden muß. Das
„Kreyſes zil“ kommt eben ſo im Wartburger Kriege vor, und in
M. G. des 16. u. 17. Jahrh. mehrmals das Betreten der Sing-
ſtuhlsſtufen. Frauenlob ſingt: „ſetz mir den Stul.“ (Weim. H. S.)
11. Rumelant (CCCLXIII.) haͤlt dem Singof die Vermeſ-
ſenheit vor, daß er ſich ſo hoch mit Sang in Meiſterfaͤnger
Grad geſetzet habe. Hieraus folgt zweierlei; einmal daß hier
Meiſter einen beſtimmten Grad anzudeuten ſcheint, dann, daß
man ſich ſelbſt, oder die Meinung des Publicums dieſen bei-
legen konnte, und es noch nicht feierlich durch andere Meiſter
geſchah, wie ſpaͤter auf den Schulen. Wenn man die ganze
Stelle nicht eher vom Mißbrauch als vom Gebrauch verſtehen
muß. Der naͤmliche Meiſter (Man. Samml. 2. 225. 226.)
gibt ein Raͤthſel uͤber Marners Namen, nach meiſterlicher Re-
gel zu rathen auf, und in einem der folgenden Lieder, welches
ganz deutlich ein Meiſterſang iſt, wuͤnſcht er ſich aller Meiſter
Kunſt, um an den guten Frauen zu vollſprechen.
Rumelant von Schwaben (derſ. Dichter?) ſagt CCCLXXXIV:
zwoͤlf Meiſterſinger moͤchten nicht volldichten die Tugend ꝛc.,
wobei ich auf die Zwoͤlfzahl aufmerkſam mache, deren Bedeu-
tung freilich faſt allerwaͤrts etwas Heiliges in ſich hat. Allein
hier denkt man doch an die zwoͤlf alten Meiſter, an eine be-
ſtimmte Sage oder Sitte unſeres Ordens 77). Daß ſpaͤter
77) Die Sitte laͤßt ſich vieileicht auch auf das geſellſchaftliche Le-
ben der alten Volksdichter zuruͤckfuͤhren. Im Koͤnigreich der
fahrenden Leute waren ſpaͤterhin noch die Zwoͤlfer, d. h. zwoͤlf
beiſitzende Rechtſprecher uͤber ihre Angelegenheiten.
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Zitationshilfe: | Grimm, Jacob: Über den altdeutschen Meistergesang. Göttingen, 1811, S. 91. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_meistergesang_1811/101>, abgerufen am 16.02.2025. |