Grimm, Jacob: Über den altdeutschen Meistergesang. Göttingen, 1811.ter gewordene, aber schon dem Anfang nicht fremde Neigung Dem sey, wie ihm wolle, und wenn sich auch eine ganz ter gewordene, aber ſchon dem Anfang nicht fremde Neigung Dem ſey, wie ihm wolle, und wenn ſich auch eine ganz <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0129" n="119"/> ter gewordene, aber ſchon dem Anfang nicht fremde Neigung<lb/> des Meiſtergeſangs zu Theologie und Naturwiſſenſchaft erlaͤu-<lb/> tern; die Sage will weniger den Urſprung ſelbſt, als die fruͤhe<lb/> oͤffentliche Anerkennung und Losſprechung der Kunſt berichten.<lb/> Eine andere Conjectur duͤrfte faſt auf keinen Beifall rechnen,<lb/> wonach der Tradition keine unſern Meiſtergeſang betreffende<lb/> Begebenheit zu Grunde laͤge, ſondern folgende andere, deren<lb/> Andenken in Deutſchland lang gehaftet und zuletzt etwas un-<lb/> geſchickt auf den Meiſtergeſang angewendet worden waͤre. Man<lb/> weiß naͤmlich, daß Carl der Gr. Saͤnger mit nach Rom brachte,<lb/> die daſelbſt einen Streit mit den roͤmiſchen, uͤber Muſik und<lb/> Kirchengeſang hielten, (ſ. <hi rendition="#g">Forkel</hi> Geſch. der Muſik, 2. 208.<lb/> 209, oder auch <hi rendition="#g">Dippoldt</hi> Leben Carls <hi rendition="#aq">p.</hi> 94. 95.) und nach<lb/> dem Moͤnch von S. Gallen ſandte der Papſt dem Kaiſer 12<lb/> treffliche Saͤnger, den rechten Kirchengeſang im Reich zu un-<lb/> terhalten (<hi rendition="#g">Forkel</hi> a. a. O. 210. 211.) Sonderbar iſt ein<lb/> Umſtand, den ich bei <hi rendition="#aq">Fauchet</hi> (unter <hi rendition="#aq">Jonglet</hi> und <hi rendition="#aq">Doete de<lb/> Troyes</hi>) beruͤhrt finde, daß Kaiſer Conrad zu ſeiner Hofhal-<lb/> tung nach Mainz beruͤhmte Dichter berufen habe, unter an-<lb/> dern auch franzoͤſiſche. Allein das altfranzoͤſ. Gedicht, worauf<lb/> ſich Fauchet beruft, enthaͤlt, nach <hi rendition="#g">Meons</hi> Ausgabe, keine<lb/> Silbe davon, ſo daß leider ein ſo merkwuͤrdiges Citat entſtellt<lb/> und nicht zu finden iſt.</p><lb/> <p>Dem ſey, wie ihm wolle, und wenn ſich auch eine ganz<lb/> verſchiedene, oder vermuthlicher nach der zu langen Verſchmaͤhung<lb/> niemals eine genuͤgende Aufklaͤrung dieſer Sage ergeben ſollte, ſo<lb/> bleibt dennoch ihre Beweiskraft fuͤr das, worauf es mir hier<lb/> ankommt, naͤmlich daß die ſpaͤtern Meiſterſinger allerdings ge-<lb/> wohnt waren, ſo weit hinaufzuſehen, und ihre Kunſt von ſol-<lb/> chen Namen abzuleiten, welche wir fuͤr alte Minneſaͤnger hal-<lb/> ten, und in denen ich auf ganz andern Wegen die Quelle des<lb/> Meiſtergeſangs nachgewieſen habe. Hoͤchſt wahrſcheinlich hat-<lb/> ten die ſpaͤteren Schulen die Werke dieſer Vorfahren nicht<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [119/0129]
ter gewordene, aber ſchon dem Anfang nicht fremde Neigung
des Meiſtergeſangs zu Theologie und Naturwiſſenſchaft erlaͤu-
tern; die Sage will weniger den Urſprung ſelbſt, als die fruͤhe
oͤffentliche Anerkennung und Losſprechung der Kunſt berichten.
Eine andere Conjectur duͤrfte faſt auf keinen Beifall rechnen,
wonach der Tradition keine unſern Meiſtergeſang betreffende
Begebenheit zu Grunde laͤge, ſondern folgende andere, deren
Andenken in Deutſchland lang gehaftet und zuletzt etwas un-
geſchickt auf den Meiſtergeſang angewendet worden waͤre. Man
weiß naͤmlich, daß Carl der Gr. Saͤnger mit nach Rom brachte,
die daſelbſt einen Streit mit den roͤmiſchen, uͤber Muſik und
Kirchengeſang hielten, (ſ. Forkel Geſch. der Muſik, 2. 208.
209, oder auch Dippoldt Leben Carls p. 94. 95.) und nach
dem Moͤnch von S. Gallen ſandte der Papſt dem Kaiſer 12
treffliche Saͤnger, den rechten Kirchengeſang im Reich zu un-
terhalten (Forkel a. a. O. 210. 211.) Sonderbar iſt ein
Umſtand, den ich bei Fauchet (unter Jonglet und Doete de
Troyes) beruͤhrt finde, daß Kaiſer Conrad zu ſeiner Hofhal-
tung nach Mainz beruͤhmte Dichter berufen habe, unter an-
dern auch franzoͤſiſche. Allein das altfranzoͤſ. Gedicht, worauf
ſich Fauchet beruft, enthaͤlt, nach Meons Ausgabe, keine
Silbe davon, ſo daß leider ein ſo merkwuͤrdiges Citat entſtellt
und nicht zu finden iſt.
Dem ſey, wie ihm wolle, und wenn ſich auch eine ganz
verſchiedene, oder vermuthlicher nach der zu langen Verſchmaͤhung
niemals eine genuͤgende Aufklaͤrung dieſer Sage ergeben ſollte, ſo
bleibt dennoch ihre Beweiskraft fuͤr das, worauf es mir hier
ankommt, naͤmlich daß die ſpaͤtern Meiſterſinger allerdings ge-
wohnt waren, ſo weit hinaufzuſehen, und ihre Kunſt von ſol-
chen Namen abzuleiten, welche wir fuͤr alte Minneſaͤnger hal-
ten, und in denen ich auf ganz andern Wegen die Quelle des
Meiſtergeſangs nachgewieſen habe. Hoͤchſt wahrſcheinlich hat-
ten die ſpaͤteren Schulen die Werke dieſer Vorfahren nicht
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