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Grimm, Jacob: Über den altdeutschen Meistergesang. Göttingen, 1811.

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letzte Beispiel wird hier entscheidend. Ich bemerke noch, daß
Spruch zuerst eine viel allgemeinere und geläufigere Bedeutung
gehabt und manchmal das bezeichnet hat, was wir jetzo Phrase
nennen, manchmal ein ganzes Lied. So erwähnt Walter 1.
116. seiner freudenreichen und Werner 2. 162. seiner süßen,
Hadloub 2. 196. der losen Sprüche von der Minne, in wel-
chen drei Beispielen wir nichts anders als wirkliche Gesänge
darunter verstehen dürfen. Die Sitte späterer Spruchdichter
ihren Namen jedesmal in den Schluß des Gedichts zu brin-
gen, treffe ich auch bei Minnesingern an (Hetzboldt 2. 18.
Neithart 2. 82. Conrad v. W. 2. 199.) sehe darin aber keine
weitere Beziehung. Es ist vielmehr eine der Volkspoesie ei-
gene Wendung, die meistentheils gar unschuldig und fein her-
auskommt. In dieser zierlichen Art schließt Wildonie (1. 194.)
ein hübsches Lied recht anmuthig mit: ein Waldvögelein hat
es vorgesungen.



letzte Beiſpiel wird hier entſcheidend. Ich bemerke noch, daß
Spruch zuerſt eine viel allgemeinere und gelaͤufigere Bedeutung
gehabt und manchmal das bezeichnet hat, was wir jetzo Phraſe
nennen, manchmal ein ganzes Lied. So erwaͤhnt Walter 1.
116. ſeiner freudenreichen und Werner 2. 162. ſeiner ſuͤßen,
Hadloub 2. 196. der loſen Spruͤche von der Minne, in wel-
chen drei Beiſpielen wir nichts anders als wirkliche Geſaͤnge
darunter verſtehen duͤrfen. Die Sitte ſpaͤterer Spruchdichter
ihren Namen jedesmal in den Schluß des Gedichts zu brin-
gen, treffe ich auch bei Minneſingern an (Hetzboldt 2. 18.
Neithart 2. 82. Conrad v. W. 2. 199.) ſehe darin aber keine
weitere Beziehung. Es iſt vielmehr eine der Volkspoeſie ei-
gene Wendung, die meiſtentheils gar unſchuldig und fein her-
auskommt. In dieſer zierlichen Art ſchließt Wildonie (1. 194.)
ein huͤbſches Lied recht anmuthig mit: ein Waldvoͤgelein hat
es vorgeſungen.



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[140/0150] letzte Beiſpiel wird hier entſcheidend. Ich bemerke noch, daß Spruch zuerſt eine viel allgemeinere und gelaͤufigere Bedeutung gehabt und manchmal das bezeichnet hat, was wir jetzo Phraſe nennen, manchmal ein ganzes Lied. So erwaͤhnt Walter 1. 116. ſeiner freudenreichen und Werner 2. 162. ſeiner ſuͤßen, Hadloub 2. 196. der loſen Spruͤche von der Minne, in wel- chen drei Beiſpielen wir nichts anders als wirkliche Geſaͤnge darunter verſtehen duͤrfen. Die Sitte ſpaͤterer Spruchdichter ihren Namen jedesmal in den Schluß des Gedichts zu brin- gen, treffe ich auch bei Minneſingern an (Hetzboldt 2. 18. Neithart 2. 82. Conrad v. W. 2. 199.) ſehe darin aber keine weitere Beziehung. Es iſt vielmehr eine der Volkspoeſie ei- gene Wendung, die meiſtentheils gar unſchuldig und fein her- auskommt. In dieſer zierlichen Art ſchließt Wildonie (1. 194.) ein huͤbſches Lied recht anmuthig mit: ein Waldvoͤgelein hat es vorgeſungen.

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob: Über den altdeutschen Meistergesang. Göttingen, 1811, S. 140. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_meistergesang_1811/150>, abgerufen am 21.11.2024.