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Grimm, Jacob: Über den altdeutschen Meistergesang. Göttingen, 1811.

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den Ausdruck trouveur sehen wir hier deutlich übersetzt. Die
Blumennamen deuten auf die jeux floraux, um so mehr, da
die Preise nicht in Blumen, sondern in reellen Silberschalen
und Kannen bestanden. Auf das Schauspielen haben unstrei-
tig die französ. Gesellschaften de la passion und die enfans
sans souci
eingeflossen. Wenig erinnert dabei an den gleich-
zeitigen deutschen Meistergesang. Dieser weiß von keinen Preis-
aufgaben, was er bekränzt sind neue, gebilligte und recht ge-
sungene Töne, der Gegenstand ist in des Sängers Wahl 180),
wofern er fromm und tugendhaft. Alle Sänger eines Orts
halten sich zusammen, haben nur eine Schule, außer den Mer-
kern (und etwa den zwölf Meistern), keine Vorgesetzte; über-
haupt kennt der Meistergesang nichts von den angeführten Ter-
minologien, so wie die Rhetoriker keine meistersängerische, na-
mentlich keine Tönenamen. Die Feierlichkeit der Meisterschulen
geschah ehrbar aber einfach, an Processionen und Narren kein
Gedanke und eben so wenig an Schauspiele. Die Fastnachts-
spiele, welche Hans Sachs, Peter Probst von Nürnberg, Se-
bastian Wild von Augsburg, Wickram von Colmar und wohl
noch andere Meistersinger gedichtet, waren bekanntlich keine
Meistersänge, und was Hauptsache, wurden nie von der Ge-
sellschaft aufgeführt 181). Die Kunst des Meistergesangs war
in der letzten Periode nicht mehr so schwer, allein die Auf-
nahme in eine Rhetorikcammer muß gar nichts gewesen seyn.

provenzalischen beurtheilt wird, in welchem Grad der Minne
Floris mit seiner Geliebten gestanden. Cf. Huydecoper op Stoke
2. 53. 54.
180) Bloß bei der Taufe eines Tons scheint das Gemerk zuweilen
eine biblische Materie aufgegeben zu haben, die darin ausge-
führt werden mußte.
181) Indessen finde ich, in Beischlags Beitr. zur Gesch. des
M. G., daß sich die letzten Augsburger Meistersinger im Jahr
1770. "verbürgerte Comödianten und Meistersänger" nennen.
Eine spätere, im Ganzen unbedeutende Ausnahme.

den Ausdruck trouveur ſehen wir hier deutlich uͤberſetzt. Die
Blumennamen deuten auf die jeux floraux, um ſo mehr, da
die Preiſe nicht in Blumen, ſondern in reellen Silberſchalen
und Kannen beſtanden. Auf das Schauſpielen haben unſtrei-
tig die franzoͤſ. Geſellſchaften de la passion und die enfans
sans souci
eingefloſſen. Wenig erinnert dabei an den gleich-
zeitigen deutſchen Meiſtergeſang. Dieſer weiß von keinen Preis-
aufgaben, was er bekraͤnzt ſind neue, gebilligte und recht ge-
ſungene Toͤne, der Gegenſtand iſt in des Saͤngers Wahl 180),
wofern er fromm und tugendhaft. Alle Saͤnger eines Orts
halten ſich zuſammen, haben nur eine Schule, außer den Mer-
kern (und etwa den zwoͤlf Meiſtern), keine Vorgeſetzte; uͤber-
haupt kennt der Meiſtergeſang nichts von den angefuͤhrten Ter-
minologien, ſo wie die Rhetoriker keine meiſterſaͤngeriſche, na-
mentlich keine Toͤnenamen. Die Feierlichkeit der Meiſterſchulen
geſchah ehrbar aber einfach, an Proceſſionen und Narren kein
Gedanke und eben ſo wenig an Schauſpiele. Die Faſtnachts-
ſpiele, welche Hans Sachs, Peter Probſt von Nuͤrnberg, Se-
baſtian Wild von Augsburg, Wickram von Colmar und wohl
noch andere Meiſterſinger gedichtet, waren bekanntlich keine
Meiſterſaͤnge, und was Hauptſache, wurden nie von der Ge-
ſellſchaft aufgefuͤhrt 181). Die Kunſt des Meiſtergeſangs war
in der letzten Periode nicht mehr ſo ſchwer, allein die Auf-
nahme in eine Rhetorikcammer muß gar nichts geweſen ſeyn.

provenzaliſchen beurtheilt wird, in welchem Grad der Minne
Floris mit ſeiner Geliebten geſtanden. Cf. Huydecoper op Stoke
2. 53. 54.
180) Bloß bei der Taufe eines Tons ſcheint das Gemerk zuweilen
eine bibliſche Materie aufgegeben zu haben, die darin ausge-
fuͤhrt werden mußte.
181) Indeſſen finde ich, in Beiſchlags Beitr. zur Geſch. des
M. G., daß ſich die letzten Augsburger Meiſterſinger im Jahr
1770. „verbuͤrgerte Comoͤdianten und Meiſterſaͤnger“ nennen.
Eine ſpaͤtere, im Ganzen unbedeutende Ausnahme.
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[159/0169] den Ausdruck trouveur ſehen wir hier deutlich uͤberſetzt. Die Blumennamen deuten auf die jeux floraux, um ſo mehr, da die Preiſe nicht in Blumen, ſondern in reellen Silberſchalen und Kannen beſtanden. Auf das Schauſpielen haben unſtrei- tig die franzoͤſ. Geſellſchaften de la passion und die enfans sans souci eingefloſſen. Wenig erinnert dabei an den gleich- zeitigen deutſchen Meiſtergeſang. Dieſer weiß von keinen Preis- aufgaben, was er bekraͤnzt ſind neue, gebilligte und recht ge- ſungene Toͤne, der Gegenſtand iſt in des Saͤngers Wahl 180), wofern er fromm und tugendhaft. Alle Saͤnger eines Orts halten ſich zuſammen, haben nur eine Schule, außer den Mer- kern (und etwa den zwoͤlf Meiſtern), keine Vorgeſetzte; uͤber- haupt kennt der Meiſtergeſang nichts von den angefuͤhrten Ter- minologien, ſo wie die Rhetoriker keine meiſterſaͤngeriſche, na- mentlich keine Toͤnenamen. Die Feierlichkeit der Meiſterſchulen geſchah ehrbar aber einfach, an Proceſſionen und Narren kein Gedanke und eben ſo wenig an Schauſpiele. Die Faſtnachts- ſpiele, welche Hans Sachs, Peter Probſt von Nuͤrnberg, Se- baſtian Wild von Augsburg, Wickram von Colmar und wohl noch andere Meiſterſinger gedichtet, waren bekanntlich keine Meiſterſaͤnge, und was Hauptſache, wurden nie von der Ge- ſellſchaft aufgefuͤhrt 181). Die Kunſt des Meiſtergeſangs war in der letzten Periode nicht mehr ſo ſchwer, allein die Auf- nahme in eine Rhetorikcammer muß gar nichts geweſen ſeyn. 179) 180) Bloß bei der Taufe eines Tons ſcheint das Gemerk zuweilen eine bibliſche Materie aufgegeben zu haben, die darin ausge- fuͤhrt werden mußte. 181) Indeſſen finde ich, in Beiſchlags Beitr. zur Geſch. des M. G., daß ſich die letzten Augsburger Meiſterſinger im Jahr 1770. „verbuͤrgerte Comoͤdianten und Meiſterſaͤnger“ nennen. Eine ſpaͤtere, im Ganzen unbedeutende Ausnahme. 179) provenzaliſchen beurtheilt wird, in welchem Grad der Minne Floris mit ſeiner Geliebten geſtanden. Cf. Huydecoper op Stoke 2. 53. 54.

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob: Über den altdeutschen Meistergesang. Göttingen, 1811, S. 159. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_meistergesang_1811/169>, abgerufen am 24.11.2024.