Grimm, Jacob: Über den altdeutschen Meistergesang. Göttingen, 1811.finde 196), so kann der deutsche Meister recht gut die Sache 196) Olassen p. 186. gedenkt des gesangliebenden Hofes von König Harald, worunter also jener Hofscalde selbst nicht gemeint seyn kann. 197) Str. CCCLIV u. CCCLXXVIII - XXX. besingt er die Er- mordung des dänischen Königs. Auch Reinmar preist den Kö- nig Erich von Tenemarcke (2. 132.) 198) Oder sind der Mansaungr mehr gewesen, als aufgezeichnet
worden? Ich kenne nur einen in der Egilssaga cap 56. p 325. (coll. cap. 2. pag. 5.) und einen aus der Viglunds S. von Thorlacius (antiqq. bor. spec. 1. p. 41. 42.) beigebrachten. Auffallend ist übrigens der Zusammenhang des Worts mit un- serm Minnesang, indem ich lieber man, von mana, mona, mun[a,] gemynan, = meminisse als mit Thorlacius p 39. von man (Jungfrau) ableite. Jenes muna ist nun wohl mit minna verwandt, erinnert an das nordische, aber auch Ribe- lungische "Minnetrinken" und führt uns mithin auf die alte Bedeutung unseres Wortes "Minne." S. auch Olafsen, Anhang § 20. In den Kämpeviser p. 416. ist die erste Strophe eines Lie- beslieds aufbewahrt, welches König Magnus (Barfuß) von Norwegen der Kaiserstochter Mathild gesungen haben soll, (er fällt ins Ende des 11ten Jahrh.) und dessen Eingang: hvad er i heimi bettra, enn vife fogra? an so viel deutsche Minnelie- finde 196), ſo kann der deutſche Meiſter recht gut die Sache 196) Olaſſen p. 186. gedenkt des geſangliebenden Hofes von Koͤnig Harald, worunter alſo jener Hofſcalde ſelbſt nicht gemeint ſeyn kann. 197) Str. CCCLIV u. CCCLXXVIII - XXX. beſingt er die Er- mordung des daͤniſchen Koͤnigs. Auch Reinmar preiſt den Koͤ- nig Erich von Tenemarcke (2. 132.) 198) Oder ſind der Manſaungr mehr geweſen, als aufgezeichnet
worden? Ich kenne nur einen in der Egilsſaga cap 56. p 325. (coll. cap. 2. pag. 5.) und einen aus der Viglunds S. von Thorlacius (antiqq. bor. spec. 1. p. 41. 42.) beigebrachten. Auffallend iſt uͤbrigens der Zuſammenhang des Worts mit un- ſerm Minneſang, indem ich lieber man, von mana, mona, mun[a,] gemynan, = meminisse als mit Thorlacius p 39. von man (Jungfrau) ableite. Jenes muna iſt nun wohl mit minna verwandt, erinnert an das nordiſche, aber auch Ribe- lungiſche „Minnetrinken“ und fuͤhrt uns mithin auf die alte Bedeutung unſeres Wortes „Minne.“ S. auch Olafſen, Anhang § 20. In den Kaͤmpeviſer p. 416. iſt die erſte Strophe eines Lie- beslieds aufbewahrt, welches Koͤnig Magnus (Barfuß) von Norwegen der Kaiſerstochter Mathild geſungen haben ſoll, (er faͤllt ins Ende des 11ten Jahrh.) und deſſen Eingang: hvad er i heimi bettra, enn vife fogra? an ſo viel deutſche Minnelie- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0177" n="167"/> finde <note place="foot" n="196)">Olaſſen <hi rendition="#aq">p.</hi> 186. gedenkt des geſangliebenden Hofes von Koͤnig<lb/> Harald, worunter alſo jener Hofſcalde ſelbſt nicht gemeint ſeyn<lb/> kann.</note>, ſo kann der deutſche Meiſter recht gut die Sache<lb/> von Hoͤrenſagen <note place="foot" n="197)">Str. <hi rendition="#aq">CCCLIV</hi> u. <hi rendition="#aq">CCCLXXVIII - XXX.</hi> beſingt er die Er-<lb/> mordung des daͤniſchen Koͤnigs. Auch Reinmar preiſt den Koͤ-<lb/> nig Erich von Tenemarcke (2. 132.)</note> wiſſen, ohne daß er je ſcaldiſche Lieder<lb/> zu Geſicht bekommen. In der Sitte ſelbſt, in den Lobliedern<lb/> auf die Herren, zeigt ſich freilich auch eine Uebereinſtimmung<lb/> mit deutſcher Dichtkunſt, nur daß die Scalden wieder das<lb/> weit mehr ins Große, ja als ihr eigentliches Amt trieben, und<lb/> die Thaten der Fuͤrſten, welchen ſie dienten, in ausgeſuchte<lb/> Worte faßten. Was ſie dadurch an hiſtoriſchem Intereſſe ge-<lb/> winnen, iſt wenig zu rechnen gegen das, was ſie an wahrer<lb/> Poeſie einbuͤßten. Liebeslieder, womit doch in Deutſchland al-<lb/> ler Meiſtergeſang entſprang, unbefangene Klagen uͤber den Zu-<lb/> ſtand ihres Gemuͤths findet man bei ihnen faſt nicht <note xml:id="seg2pn_20_1" next="#seg2pn_20_2" place="foot" n="198)">Oder ſind der <hi rendition="#g">Manſaungr</hi> mehr geweſen, als aufgezeichnet<lb/> worden? Ich kenne nur einen in der Egilsſaga <hi rendition="#aq">cap</hi> 56. <hi rendition="#aq">p</hi> 325.<lb/> (<hi rendition="#aq">coll. cap.</hi> 2. <hi rendition="#aq">pag.</hi> 5.) und einen aus der Viglunds S. von<lb/> Thorlacius (<hi rendition="#aq">antiqq. bor. spec. 1. p.</hi> 41. 42.) beigebrachten.<lb/> Auffallend iſt uͤbrigens der Zuſammenhang des Worts mit un-<lb/> ſerm Minneſang, indem ich lieber <hi rendition="#aq">man,</hi> von <hi rendition="#aq">mana, mona,<lb/> mun<supplied>a,</supplied> gemynan, = meminisse</hi> als mit Thorlacius <hi rendition="#aq">p</hi> 39.<lb/> von <hi rendition="#aq">man</hi> (Jungfrau) ableite. Jenes <hi rendition="#aq">muna</hi> iſt nun wohl mit<lb/><hi rendition="#aq">minna</hi> verwandt, erinnert an das nordiſche, aber auch Ribe-<lb/> lungiſche „Minnetrinken“ und fuͤhrt uns mithin auf die alte<lb/> Bedeutung unſeres Wortes „Minne.“ S. auch <hi rendition="#g">Olafſen</hi>,<lb/> Anhang § 20.<lb/> In den Kaͤmpeviſer <hi rendition="#aq">p.</hi> 416. iſt die erſte Strophe eines Lie-<lb/> beslieds aufbewahrt, welches Koͤnig Magnus (Barfuß) von<lb/> Norwegen der Kaiſerstochter Mathild geſungen haben ſoll, (er<lb/> faͤllt ins Ende des 11ten Jahrh.) und deſſen Eingang: hvad er<lb/> i heimi bettra, enn vife fogra? an ſo viel deutſche Minnelie-</note>,<lb/> ſelbſt die alten nordiſchen Heldenſagen wurden nicht geſungen.<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [167/0177]
finde 196), ſo kann der deutſche Meiſter recht gut die Sache
von Hoͤrenſagen 197) wiſſen, ohne daß er je ſcaldiſche Lieder
zu Geſicht bekommen. In der Sitte ſelbſt, in den Lobliedern
auf die Herren, zeigt ſich freilich auch eine Uebereinſtimmung
mit deutſcher Dichtkunſt, nur daß die Scalden wieder das
weit mehr ins Große, ja als ihr eigentliches Amt trieben, und
die Thaten der Fuͤrſten, welchen ſie dienten, in ausgeſuchte
Worte faßten. Was ſie dadurch an hiſtoriſchem Intereſſe ge-
winnen, iſt wenig zu rechnen gegen das, was ſie an wahrer
Poeſie einbuͤßten. Liebeslieder, womit doch in Deutſchland al-
ler Meiſtergeſang entſprang, unbefangene Klagen uͤber den Zu-
ſtand ihres Gemuͤths findet man bei ihnen faſt nicht 198),
ſelbſt die alten nordiſchen Heldenſagen wurden nicht geſungen.
196) Olaſſen p. 186. gedenkt des geſangliebenden Hofes von Koͤnig
Harald, worunter alſo jener Hofſcalde ſelbſt nicht gemeint ſeyn
kann.
197) Str. CCCLIV u. CCCLXXVIII - XXX. beſingt er die Er-
mordung des daͤniſchen Koͤnigs. Auch Reinmar preiſt den Koͤ-
nig Erich von Tenemarcke (2. 132.)
198) Oder ſind der Manſaungr mehr geweſen, als aufgezeichnet
worden? Ich kenne nur einen in der Egilsſaga cap 56. p 325.
(coll. cap. 2. pag. 5.) und einen aus der Viglunds S. von
Thorlacius (antiqq. bor. spec. 1. p. 41. 42.) beigebrachten.
Auffallend iſt uͤbrigens der Zuſammenhang des Worts mit un-
ſerm Minneſang, indem ich lieber man, von mana, mona,
muna, gemynan, = meminisse als mit Thorlacius p 39.
von man (Jungfrau) ableite. Jenes muna iſt nun wohl mit
minna verwandt, erinnert an das nordiſche, aber auch Ribe-
lungiſche „Minnetrinken“ und fuͤhrt uns mithin auf die alte
Bedeutung unſeres Wortes „Minne.“ S. auch Olafſen,
Anhang § 20.
In den Kaͤmpeviſer p. 416. iſt die erſte Strophe eines Lie-
beslieds aufbewahrt, welches Koͤnig Magnus (Barfuß) von
Norwegen der Kaiſerstochter Mathild geſungen haben ſoll, (er
faͤllt ins Ende des 11ten Jahrh.) und deſſen Eingang: hvad er
i heimi bettra, enn vife fogra? an ſo viel deutſche Minnelie-
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