Grimm, Jacob: Über den altdeutschen Meistergesang. Göttingen, 1811.den Stollen wleder anklingen, desto anmuthiger und durchaus Folgende beide Puncte, als charakteristisch für den Mei- 1) Daß der Sinn der Gedanken mit der Strophe schließe, 2) Daß ein Meistersang aus drei Strophen bestehen müsse. 34) Der ganze Stoll wiederhohlt in einem Minnelied Meister Tesch-
lers 2. 88. (frowe minne) u. Rosts 2. 90. (hei röselechter.) den Stollen wleder anklingen, deſto anmuthiger und durchaus Folgende beide Puncte, als charakteriſtiſch fuͤr den Mei- 1) Daß der Sinn der Gedanken mit der Strophe ſchließe, 2) Daß ein Meiſterſang aus drei Strophen beſtehen muͤſſe. 34) Der ganze Stoll wiederhohlt in einem Minnelied Meiſter Teſch-
lers 2. 88. (frowe minne) u. Roſts 2. 90. (hei roͤſelechter.) <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0056" n="46"/> den Stollen wleder anklingen, deſto anmuthiger und durchaus<lb/> von guter Wirkung; es kann wohl der ganze Stoll nochmals<lb/> zu Ende des Abgeſangs wiederhohlt werden <note place="foot" n="34)">Der ganze Stoll wiederhohlt in einem Minnelied Meiſter <hi rendition="#g">Teſch-<lb/> lers</hi> 2. 88. (frowe minne) u. <hi rendition="#g">Roſts</hi> 2. 90. (hei roͤſelechter.)</note>. Das Ge-<lb/> gentheil war jedoch auch in ſpaͤterer Zeit bei weitem gebraͤuch-<lb/> licher, und <hi rendition="#g">Wagenſeil</hi> (S. 522.) fehlt, wenn er das Ano-<lb/> maliſche als eine Regel zu behandeln ſcheint.</p><lb/> <p>Folgende beide Puncte, als charakteriſtiſch fuͤr den Mei-<lb/> ſterſang, muß ich noch verwerfen:</p><lb/> <p>1) Daß der Sinn der Gedanken mit der Strophe ſchließe,<lb/> alſo jede fuͤr ſich ein Ganzes bilde. — Dieß iſt bekanntlich nicht<lb/> bei den Minneliedern der Fall, aber eben ſo wenig bei den<lb/> ſpaͤteren Meiſterliedern, obgleich hier der Gegenſtand haͤufiger<lb/> ein Abbrechen mit ſich bringt, z. B. in der mittlereu Zeit bei<lb/> Lobgeſaͤngen auf Fuͤrſten, wo jeder meiſtens in einer Strophe<lb/> abgethan wird. <hi rendition="#g">Docen</hi>, welcher obigen Satz aufſtellt (S. 93.<lb/> 102.), hat ſelber Gedichte, wie den Wartburger Krieg, nicht<lb/> umgehen koͤnnen und das als eine ſich von ſelbſt verſtehende<lb/> Ausnahme behandelt. Dieſe einzige Ausnahme iſt indeſſen von<lb/> der Beſchaffenheit, daß ſie in meinen Augen ſeine ganze Regel<lb/> umſtoͤßt. Uebrigens laſſen ſich auch Minnelieder aufzeigen, die<lb/> nur aus einer Strophe beſtehen, man ſehe die des <hi rendition="#g">Veldeck,<lb/> Dietmar v. Aſt</hi> ꝛc. und die letzte Strophe des <hi rendition="#g">Alram</hi> (2.<lb/> 110.), und neue Meiſtergeſaͤnge von nur einem Geſaͤtz kann<lb/> man in einem Band des Ambr. <hi rendition="#g">Metzger</hi> S. 69. 70. finden.<lb/> (Handſchriftl. in <hi rendition="#g">Arnims</hi> Beſitz.)</p><lb/> <p>2) Daß ein Meiſterſang aus drei Strophen beſtehen muͤſſe.<lb/> Dieſe auch von <hi rendition="#g">Docen</hi> ausgeſprochene Regel widerſpricht<lb/> nun zwar der vorigen nicht gerade in ſeiner Meinung, indem<lb/> er wohl annimmt, daß man drei ſolcher in ſich unzuſammen-<lb/> haͤngender Strophen in demſelben Ton abgeſungen. Die Sache<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [46/0056]
den Stollen wleder anklingen, deſto anmuthiger und durchaus
von guter Wirkung; es kann wohl der ganze Stoll nochmals
zu Ende des Abgeſangs wiederhohlt werden 34). Das Ge-
gentheil war jedoch auch in ſpaͤterer Zeit bei weitem gebraͤuch-
licher, und Wagenſeil (S. 522.) fehlt, wenn er das Ano-
maliſche als eine Regel zu behandeln ſcheint.
Folgende beide Puncte, als charakteriſtiſch fuͤr den Mei-
ſterſang, muß ich noch verwerfen:
1) Daß der Sinn der Gedanken mit der Strophe ſchließe,
alſo jede fuͤr ſich ein Ganzes bilde. — Dieß iſt bekanntlich nicht
bei den Minneliedern der Fall, aber eben ſo wenig bei den
ſpaͤteren Meiſterliedern, obgleich hier der Gegenſtand haͤufiger
ein Abbrechen mit ſich bringt, z. B. in der mittlereu Zeit bei
Lobgeſaͤngen auf Fuͤrſten, wo jeder meiſtens in einer Strophe
abgethan wird. Docen, welcher obigen Satz aufſtellt (S. 93.
102.), hat ſelber Gedichte, wie den Wartburger Krieg, nicht
umgehen koͤnnen und das als eine ſich von ſelbſt verſtehende
Ausnahme behandelt. Dieſe einzige Ausnahme iſt indeſſen von
der Beſchaffenheit, daß ſie in meinen Augen ſeine ganze Regel
umſtoͤßt. Uebrigens laſſen ſich auch Minnelieder aufzeigen, die
nur aus einer Strophe beſtehen, man ſehe die des Veldeck,
Dietmar v. Aſt ꝛc. und die letzte Strophe des Alram (2.
110.), und neue Meiſtergeſaͤnge von nur einem Geſaͤtz kann
man in einem Band des Ambr. Metzger S. 69. 70. finden.
(Handſchriftl. in Arnims Beſitz.)
2) Daß ein Meiſterſang aus drei Strophen beſtehen muͤſſe.
Dieſe auch von Docen ausgeſprochene Regel widerſpricht
nun zwar der vorigen nicht gerade in ſeiner Meinung, indem
er wohl annimmt, daß man drei ſolcher in ſich unzuſammen-
haͤngender Strophen in demſelben Ton abgeſungen. Die Sache
34) Der ganze Stoll wiederhohlt in einem Minnelied Meiſter Teſch-
lers 2. 88. (frowe minne) u. Roſts 2. 90. (hei roͤſelechter.)
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