Grimm, Jacob: Über den altdeutschen Meistergesang. Göttingen, 1811.kleiner ausgeführt, oder umgekehrt, der Schluß ist willkürlich, Was in ihnen der Idee des Meistergesangs entgegen wäre, Bedeutender wäre, daß die späteren Meistersänger, so viel 52) Haben die spätern Meistersinger ohne begleitende Instrumente gesungen? und wie die Minnesinger (außer den Leichen)? Ei- E 2
kleiner ausgefuͤhrt, oder umgekehrt, der Schluß iſt willkuͤrlich, Was in ihnen der Idee des Meiſtergeſangs entgegen waͤre, Bedeutender waͤre, daß die ſpaͤteren Meiſterſaͤnger, ſo viel 52) Haben die ſpaͤtern Meiſterſinger ohne begleitende Inſtrumente geſungen? und wie die Minneſinger (außer den Leichen)? Ei- E 2
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0077" n="67"/> kleiner ausgefuͤhrt, oder umgekehrt, der Schluß iſt willkuͤrlich,<lb/> und abgebrochen wie das Ganze. Das erinnert an das be-<lb/> gleitende Inſtrument, worauf die Etymologie ſchon hingewie-<lb/> ſen, ſprang die Saite, ſo war das Lied aus und auch der<lb/> Tanz, alles das willkuͤrliche Aufhoͤren bezeichnend, woher dann<lb/> auch die abweichende Laͤnge der Leiche.</p><lb/> <p>Was in ihnen der Idee des Meiſtergeſangs entgegen waͤre,<lb/> erblicken wir nichts rechtes und wieder haben ſie <hi rendition="#g">Docens</hi><lb/> Meiſter, als: <hi rendition="#g">Conrad, Reinmar, Frauenlob</hi>, ſo gut<lb/> gedichtet wie ſeine Minneſinger <hi rendition="#g">Lichtenſtein</hi>, von <hi rendition="#g">Turne</hi><lb/> u. ſ. w. Geſang und Strophen haben wir immer, nur in groͤß-<lb/> ter Mannichfaltigkeit neben einander, man koͤnnte ſagen: es<lb/> ſind mehrere Lieder in einander gemiſcht. Es iſt wahr, manch-<lb/> mal ſcheint das Lied bloß auf- und nicht abzuſingen, manch-<lb/> mal ſind die Abgeſaͤnge da, und ſelbſt in jenem Fall iſt es<lb/> noch zweideutig, ob man nicht den folgenden Ton als ein Ab-<lb/> ſingen zu betrachten hat. Sogar in einigen Leichen ſcheint ſich<lb/> der Typus des Meiſtergeſangs in dem Ganzen zu zeigen, man<lb/> ſehe den des Lichtenſtein. In denen des Rotenburgers bei<lb/> einzelner Unaͤhnlichkeit, iſt eine fortſchreitende Analogie im<lb/> Verhaͤltniß der Saͤtze leicht wahrzunehmen.</p><lb/> <p>Bedeutender waͤre, daß die ſpaͤteren Meiſterſaͤnger, ſo viel<lb/> ich weiß, keine Leiche gedichtet haben, und nicht einmal der<lb/> Ausdruck mehr vorkommt. Da aber Frauenlob deren verfaßt<lb/> hat, welchen mir doch niemand vom Leib des eigentlichen Mei-<lb/> ſterſangs herunterſchneiden ſoll, ſo liegt eben nichts daran, daß<lb/> ſpaͤterhin, wie vieles andere, auch dieſe Geſangsart abgekom-<lb/> men. Und wenn wir ſie auf die Gelegenheit des Tanzes be-<lb/> ſonders anwenden, ſo wich ſchon der zunehmende Ernſt dem<lb/> Gegenſtande aus <note xml:id="seg2pn_5_1" next="#seg2pn_5_2" place="foot" n="52)">Haben die ſpaͤtern Meiſterſinger ohne begleitende Inſtrumente<lb/> geſungen? und wie die Minneſinger (außer den Leichen)? Ei-</note>. Dafuͤr koͤnnte man die Leiche eine Aus-<lb/> <fw place="bottom" type="sig">E 2</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [67/0077]
kleiner ausgefuͤhrt, oder umgekehrt, der Schluß iſt willkuͤrlich,
und abgebrochen wie das Ganze. Das erinnert an das be-
gleitende Inſtrument, worauf die Etymologie ſchon hingewie-
ſen, ſprang die Saite, ſo war das Lied aus und auch der
Tanz, alles das willkuͤrliche Aufhoͤren bezeichnend, woher dann
auch die abweichende Laͤnge der Leiche.
Was in ihnen der Idee des Meiſtergeſangs entgegen waͤre,
erblicken wir nichts rechtes und wieder haben ſie Docens
Meiſter, als: Conrad, Reinmar, Frauenlob, ſo gut
gedichtet wie ſeine Minneſinger Lichtenſtein, von Turne
u. ſ. w. Geſang und Strophen haben wir immer, nur in groͤß-
ter Mannichfaltigkeit neben einander, man koͤnnte ſagen: es
ſind mehrere Lieder in einander gemiſcht. Es iſt wahr, manch-
mal ſcheint das Lied bloß auf- und nicht abzuſingen, manch-
mal ſind die Abgeſaͤnge da, und ſelbſt in jenem Fall iſt es
noch zweideutig, ob man nicht den folgenden Ton als ein Ab-
ſingen zu betrachten hat. Sogar in einigen Leichen ſcheint ſich
der Typus des Meiſtergeſangs in dem Ganzen zu zeigen, man
ſehe den des Lichtenſtein. In denen des Rotenburgers bei
einzelner Unaͤhnlichkeit, iſt eine fortſchreitende Analogie im
Verhaͤltniß der Saͤtze leicht wahrzunehmen.
Bedeutender waͤre, daß die ſpaͤteren Meiſterſaͤnger, ſo viel
ich weiß, keine Leiche gedichtet haben, und nicht einmal der
Ausdruck mehr vorkommt. Da aber Frauenlob deren verfaßt
hat, welchen mir doch niemand vom Leib des eigentlichen Mei-
ſterſangs herunterſchneiden ſoll, ſo liegt eben nichts daran, daß
ſpaͤterhin, wie vieles andere, auch dieſe Geſangsart abgekom-
men. Und wenn wir ſie auf die Gelegenheit des Tanzes be-
ſonders anwenden, ſo wich ſchon der zunehmende Ernſt dem
Gegenſtande aus 52). Dafuͤr koͤnnte man die Leiche eine Aus-
52) Haben die ſpaͤtern Meiſterſinger ohne begleitende Inſtrumente
geſungen? und wie die Minneſinger (außer den Leichen)? Ei-
E 2
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |