Grimm, Jacob: Über den altdeutschen Meistergesang. Göttingen, 1811.ten Copisten erwähnen und versichern, daß seinerseits alles Oder will man endlich den Ausdruck: "zwigenge" über- 71) Aber wie kommt er darauf? weil hier im Gedicht ein Haupt- abschnitt, mit dem gewiß das Vorsingen oder Lesen auf das- mal beschlossen wurde. (Merkwürdig fängt auch gerade nun das alte Fragment an.) Unstreitig paßte die Stelle besser an den Schluß des Ganzen, wo sie auch der Druck wiederhohlt, nicht aber das Hannöver. Ms. 71 b) Das thut auch Docen in seinem, seitdem obiges geschrieben
wurde, erschienenen Sendschreiben, indem er die Str. 542 mit der Str. 1140 etc. verbindet. Ich darf mich hier nicht umständ- lich in seine Interpretation der letzten Stelle einlassen. Diese ist allerdings dunkel und schwierig. Die Beziehung des: zwei- falt auf den Bau der alten Strophe liegt nah und hat einiges für sich. Allein daß unser: zwigeng ebenfalls dahin deute, be- zweifele ich nach dem oben Ausgeführten eben so sehr, als die weiter versuchte Erklärung von Schlicht und Krumm, wovon ersteres das nach der "ächten Meistersingerkunst" gebundene, letzteres das freie alte bedeuten soll. Das wäre mir wirklich gerade willkommen, wenn nicht viel andere Stellen im Titurel (Str. 20. 65. 1654. 1701. 2099. 2243. 2293. 2404. 2938. 3077 etc. etc.) und besonders auch im Püterich (Str. 58. 59. 141. 142.) widersprächen. Es scheint eher, daß: schlecht, wenig- stens in der ursprünglichen Anwendung auf die Rede gerade die freie, ungebundene ausgedrückt habe, s. Pe; v. sleht, und bei Otfried cap. 1. v. 37. prosun slihti ganz deutlich. ten Copiſten erwaͤhnen und verſichern, daß ſeinerſeits alles Oder will man endlich den Ausdruck: „zwigenge“ uͤber- 71) Aber wie kommt er darauf? weil hier im Gedicht ein Haupt- abſchnitt, mit dem gewiß das Vorſingen oder Leſen auf das- mal beſchloſſen wurde. (Merkwuͤrdig faͤngt auch gerade nun das alte Fragment an.) Unſtreitig paßte die Stelle beſſer an den Schluß des Ganzen, wo ſie auch der Druck wiederhohlt, nicht aber das Hannoͤver. Ms. 71 b) Das thut auch Docen in ſeinem, ſeitdem obiges geſchrieben
wurde, erſchienenen Sendſchreiben, indem er die Str. 542 mit der Str. 1140 ꝛc. verbindet. Ich darf mich hier nicht umſtaͤnd- lich in ſeine Interpretation der letzten Stelle einlaſſen. Dieſe iſt allerdings dunkel und ſchwierig. Die Beziehung des: zwei- falt auf den Bau der alten Strophe liegt nah und hat einiges fuͤr ſich. Allein daß unſer: zwigeng ebenfalls dahin deute, be- zweifele ich nach dem oben Ausgefuͤhrten eben ſo ſehr, als die weiter verſuchte Erklaͤrung von Schlicht und Krumm, wovon erſteres das nach der „aͤchten Meiſterſingerkunſt“ gebundene, letzteres das freie alte bedeuten ſoll. Das waͤre mir wirklich gerade willkommen, wenn nicht viel andere Stellen im Titurel (Str. 20. 65. 1654. 1701. 2099. 2243. 2293. 2404. 2938. 3077 ꝛc. ꝛc.) und beſonders auch im Puͤterich (Str. 58. 59. 141. 142.) widerſpraͤchen. Es ſcheint eher, daß: ſchlecht, wenig- ſtens in der urſpruͤnglichen Anwendung auf die Rede gerade die freie, ungebundene ausgedruͤckt habe, ſ. Pe; v. sleht, und bei Otfried cap. 1. v. 37. prosun slihti ganz deutlich. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0095" n="85"/> ten Copiſten erwaͤhnen und verſichern, daß ſeinerſeits alles<lb/> geſchehen <note place="foot" n="71)">Aber wie kommt er <hi rendition="#g">darauf</hi>? weil hier im Gedicht ein Haupt-<lb/> abſchnitt, mit dem gewiß das Vorſingen oder Leſen auf das-<lb/> mal beſchloſſen wurde. (Merkwuͤrdig faͤngt auch gerade nun<lb/> das alte Fragment an.) Unſtreitig paßte die Stelle beſſer an<lb/> den Schluß des Ganzen, wo ſie auch der Druck wiederhohlt,<lb/> nicht aber das Hannoͤver. <hi rendition="#aq">Ms.</hi></note>.</p><lb/> <p>Oder will man endlich den Ausdruck: „zwigenge“ uͤber-<lb/> haupt nicht auf die Zeit, ſondern auf die Form beziehen? <note place="foot" n="71 b)">Das thut auch <hi rendition="#g">Docen</hi> in ſeinem, ſeitdem obiges geſchrieben<lb/> wurde, erſchienenen Sendſchreiben, indem er die Str. 542 mit<lb/> der Str. 1140 ꝛc. verbindet. Ich darf mich hier nicht umſtaͤnd-<lb/> lich in ſeine Interpretation der letzten Stelle einlaſſen. Dieſe<lb/> iſt allerdings dunkel und ſchwierig. Die Beziehung des: zwei-<lb/> falt auf den Bau der alten Strophe liegt nah und hat einiges<lb/> fuͤr ſich. Allein daß unſer: zwigeng ebenfalls dahin deute, be-<lb/> zweifele ich nach dem oben Ausgefuͤhrten eben ſo ſehr, als die<lb/> weiter verſuchte Erklaͤrung von Schlicht und Krumm, wovon<lb/> erſteres das nach der „aͤchten Meiſterſingerkunſt“ gebundene,<lb/> letzteres das freie alte bedeuten ſoll. Das waͤre mir wirklich<lb/> gerade willkommen, wenn nicht viel andere Stellen im Titurel<lb/> (Str. 20. 65. 1654. 1701. 2099. 2243. 2293. 2404. 2938.<lb/> 3077 ꝛc. ꝛc.) und beſonders auch im Puͤterich (Str. 58. 59. 141.<lb/> 142.) widerſpraͤchen. Es ſcheint eher, daß: ſchlecht, wenig-<lb/> ſtens in der urſpruͤnglichen Anwendung auf die Rede gerade die<lb/> freie, ungebundene ausgedruͤckt habe, ſ. Pe; <hi rendition="#aq">v. sleht,</hi> und bei<lb/> Otfried <hi rendition="#aq">cap. 1. v. 37. prosun slihti</hi> ganz deutlich.</note><lb/> wo man denn: ſchon durch: ſchoͤn, erklaͤrte, (zumal bei Puͤte-<lb/> rich ſchlecht ſtehet) und folgenden Sinn erhielte: „dieſe Lieder<lb/> ſind in ſchoͤnen zweigaͤngigen Reimen gemacht worden.“ Vor-<lb/> erſt ſcheint mir das ſprachwidrig, und: gang oder: gaͤnge, ge-<lb/> rade in dem Sinn zu verſtehen, wie die Daͤnen noch jetzt ihr<lb/> gange (to gange, tre gange = mal) oder die Niederdeutſchen<lb/> ihr: werf, (die Altdeutſchen: ſtund, die Englaͤnder: <hi rendition="#aq">times</hi> und<lb/> die romaniſchen Sprachen ihr: <hi rendition="#aq">veces, fois</hi>) gebrauchen. Dann<lb/> aber, wie ſoll das Characteriſtiſche des Wolframiſchen Titu-<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [85/0095]
ten Copiſten erwaͤhnen und verſichern, daß ſeinerſeits alles
geſchehen 71).
Oder will man endlich den Ausdruck: „zwigenge“ uͤber-
haupt nicht auf die Zeit, ſondern auf die Form beziehen? 71 b)
wo man denn: ſchon durch: ſchoͤn, erklaͤrte, (zumal bei Puͤte-
rich ſchlecht ſtehet) und folgenden Sinn erhielte: „dieſe Lieder
ſind in ſchoͤnen zweigaͤngigen Reimen gemacht worden.“ Vor-
erſt ſcheint mir das ſprachwidrig, und: gang oder: gaͤnge, ge-
rade in dem Sinn zu verſtehen, wie die Daͤnen noch jetzt ihr
gange (to gange, tre gange = mal) oder die Niederdeutſchen
ihr: werf, (die Altdeutſchen: ſtund, die Englaͤnder: times und
die romaniſchen Sprachen ihr: veces, fois) gebrauchen. Dann
aber, wie ſoll das Characteriſtiſche des Wolframiſchen Titu-
71) Aber wie kommt er darauf? weil hier im Gedicht ein Haupt-
abſchnitt, mit dem gewiß das Vorſingen oder Leſen auf das-
mal beſchloſſen wurde. (Merkwuͤrdig faͤngt auch gerade nun
das alte Fragment an.) Unſtreitig paßte die Stelle beſſer an
den Schluß des Ganzen, wo ſie auch der Druck wiederhohlt,
nicht aber das Hannoͤver. Ms.
71 b) Das thut auch Docen in ſeinem, ſeitdem obiges geſchrieben
wurde, erſchienenen Sendſchreiben, indem er die Str. 542 mit
der Str. 1140 ꝛc. verbindet. Ich darf mich hier nicht umſtaͤnd-
lich in ſeine Interpretation der letzten Stelle einlaſſen. Dieſe
iſt allerdings dunkel und ſchwierig. Die Beziehung des: zwei-
falt auf den Bau der alten Strophe liegt nah und hat einiges
fuͤr ſich. Allein daß unſer: zwigeng ebenfalls dahin deute, be-
zweifele ich nach dem oben Ausgefuͤhrten eben ſo ſehr, als die
weiter verſuchte Erklaͤrung von Schlicht und Krumm, wovon
erſteres das nach der „aͤchten Meiſterſingerkunſt“ gebundene,
letzteres das freie alte bedeuten ſoll. Das waͤre mir wirklich
gerade willkommen, wenn nicht viel andere Stellen im Titurel
(Str. 20. 65. 1654. 1701. 2099. 2243. 2293. 2404. 2938.
3077 ꝛc. ꝛc.) und beſonders auch im Puͤterich (Str. 58. 59. 141.
142.) widerſpraͤchen. Es ſcheint eher, daß: ſchlecht, wenig-
ſtens in der urſpruͤnglichen Anwendung auf die Rede gerade die
freie, ungebundene ausgedruͤckt habe, ſ. Pe; v. sleht, und bei
Otfried cap. 1. v. 37. prosun slihti ganz deutlich.
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