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Grimm, Albert Ludwig: Die malerischen und romantischen Stellen des Odenwaldes. Darmstadt, 1843.

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An einigen Mühlen und Bauerhöfen vorbei, die früher schon unter dem Namen Asselbrunn bekannt waren, zieht das Mimlingthal zwischen schönen Waldgründen in gerader nördlicher Richtung nach Zell hinab. Der allgemeine Name Zell, der immer auf eine ehemalige Cella deutet, hatte in früheren Zeiten immer seine nähere Beziehung. So hiess auch dieses Zell einst Mangoldszell und Mangelszell. Wahrscheinlich hiess der erste An- und Einsiedler, der hier seine Zelle erbaut hatte, Mangold. Eine Kapelle, die auf dem s. g. Mangelsberge daselbst steht, verdankt demselben wahrscheinlich ebenfalls ihre Gründung.

Als die erste zerfallen war, wollte man sie auf einer gegenüber liegenden Anhöhe neu erbauen, da jene Lage hierzu passender schien; allein die Sage erzählt, als schon das Bauholz dort gezimmert und anderes Material beigebracht war, habe man eines Morgens nichts mehr davon an seiner Stelle getroffen, und alles später auf dem Mangoldsberge gefunden. Man habe daraus geschlossen, dass der Heilige, dem man die Kapelle erbauen wollte, eine Vorliebe für die Stelle gehabt, wo ihm der Einsiedler Mangold zuerst die Kapelle errichtet, und sei dadurch bestimmt worden, den Bau auf der genannten Stelle aufzuführen.

In einer Urkunde vom Jahre 1113 kommt dieses Zell schon vor, so wie auch dort der Mühlen von Asselbrunn schon unter dem Namen Ameslabrunna gedacht wird.

Oestlich von Zell auf der ungefähr eine Stunde entfernten Höhe der Schneeschmelze, welche das Wassergebiet der Mimling von dem der Mudau scheidet, und ebenso eine Stunde nördlich von dem Eulbacher Hofe, befinden sich in der Nähe von dem Dorfe Vielbrunn (Ulisbrunn und Vlisbrunn) die Trümmer eines Römerkastells, welches hier unter dem Namen des Hainhauses bekannt ist. Vielleicht ist der Name aus Heidenhaus entstanden. Das Kastell war ziemlich gross, und hatte wohl über dritthalb hundert Fuss ins Gevierte. In der Nähe desselben zog auch die gepflasterte Hochstrasse, eine alte Römerstrasse, vorbei. Ein Jagdhaus und mehrere Oeconomiegebäude stehen an der Stelle und die Steine desselben sind zum Theile zu den neuen Bauwerken verwendet worden.

Unterhalb Zell erweitert sich das Mimlingthal wieder etwas mehr bei König, ehemals Kuntichum genannt. Im Laufe der Zeit

An einigen Mühlen und Bauerhöfen vorbei, die früher schon unter dem Namen Asselbrunn bekannt waren, zieht das Mimlingthal zwischen schönen Waldgründen in gerader nördlicher Richtung nach Zell hinab. Der allgemeine Name Zell, der immer auf eine ehemalige Cella deutet, hatte in früheren Zeiten immer seine nähere Beziehung. So hiess auch dieses Zell einst Mangoldszell und Mangelszell. Wahrscheinlich hiess der erste An- und Einsiedler, der hier seine Zelle erbaut hatte, Mangold. Eine Kapelle, die auf dem s. g. Mangelsberge daselbst steht, verdankt demselben wahrscheinlich ebenfalls ihre Gründung.

Als die erste zerfallen war, wollte man sie auf einer gegenüber liegenden Anhöhe neu erbauen, da jene Lage hierzu passender schien; allein die Sage erzählt, als schon das Bauholz dort gezimmert und anderes Material beigebracht war, habe man eines Morgens nichts mehr davon an seiner Stelle getroffen, und alles später auf dem Mangoldsberge gefunden. Man habe daraus geschlossen, dass der Heilige, dem man die Kapelle erbauen wollte, eine Vorliebe für die Stelle gehabt, wo ihm der Einsiedler Mangold zuerst die Kapelle errichtet, und sei dadurch bestimmt worden, den Bau auf der genannten Stelle aufzuführen.

In einer Urkunde vom Jahre 1113 kommt dieses Zell schon vor, so wie auch dort der Mühlen von Asselbrunn schon unter dem Namen Ameslabrunna gedacht wird.

Oestlich von Zell auf der ungefähr eine Stunde entfernten Höhe der Schneeschmelze, welche das Wassergebiet der Mimling von dem der Mudau scheidet, und ebenso eine Stunde nördlich von dem Eulbacher Hofe, befinden sich in der Nähe von dem Dorfe Vielbrunn (Ulisbrunn und Vlisbrunn) die Trümmer eines Römerkastells, welches hier unter dem Namen des Hainhauses bekannt ist. Vielleicht ist der Name aus Heidenhaus entstanden. Das Kastell war ziemlich gross, und hatte wohl über dritthalb hundert Fuss ins Gevierte. In der Nähe desselben zog auch die gepflasterte Hochstrasse, eine alte Römerstrasse, vorbei. Ein Jagdhaus und mehrere Oeconomiegebäude stehen an der Stelle und die Steine desselben sind zum Theile zu den neuen Bauwerken verwendet worden.

Unterhalb Zell erweitert sich das Mimlingthal wieder etwas mehr bei König, ehemals Kuntichum genannt. Im Laufe der Zeit

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[23/0023] An einigen Mühlen und Bauerhöfen vorbei, die früher schon unter dem Namen Asselbrunn bekannt waren, zieht das Mimlingthal zwischen schönen Waldgründen in gerader nördlicher Richtung nach Zell hinab. Der allgemeine Name Zell, der immer auf eine ehemalige Cella deutet, hatte in früheren Zeiten immer seine nähere Beziehung. So hiess auch dieses Zell einst Mangoldszell und Mangelszell. Wahrscheinlich hiess der erste An- und Einsiedler, der hier seine Zelle erbaut hatte, Mangold. Eine Kapelle, die auf dem s. g. Mangelsberge daselbst steht, verdankt demselben wahrscheinlich ebenfalls ihre Gründung. Als die erste zerfallen war, wollte man sie auf einer gegenüber liegenden Anhöhe neu erbauen, da jene Lage hierzu passender schien; allein die Sage erzählt, als schon das Bauholz dort gezimmert und anderes Material beigebracht war, habe man eines Morgens nichts mehr davon an seiner Stelle getroffen, und alles später auf dem Mangoldsberge gefunden. Man habe daraus geschlossen, dass der Heilige, dem man die Kapelle erbauen wollte, eine Vorliebe für die Stelle gehabt, wo ihm der Einsiedler Mangold zuerst die Kapelle errichtet, und sei dadurch bestimmt worden, den Bau auf der genannten Stelle aufzuführen. In einer Urkunde vom Jahre 1113 kommt dieses Zell schon vor, so wie auch dort der Mühlen von Asselbrunn schon unter dem Namen Ameslabrunna gedacht wird. Oestlich von Zell auf der ungefähr eine Stunde entfernten Höhe der Schneeschmelze, welche das Wassergebiet der Mimling von dem der Mudau scheidet, und ebenso eine Stunde nördlich von dem Eulbacher Hofe, befinden sich in der Nähe von dem Dorfe Vielbrunn (Ulisbrunn und Vlisbrunn) die Trümmer eines Römerkastells, welches hier unter dem Namen des Hainhauses bekannt ist. Vielleicht ist der Name aus Heidenhaus entstanden. Das Kastell war ziemlich gross, und hatte wohl über dritthalb hundert Fuss ins Gevierte. In der Nähe desselben zog auch die gepflasterte Hochstrasse, eine alte Römerstrasse, vorbei. Ein Jagdhaus und mehrere Oeconomiegebäude stehen an der Stelle und die Steine desselben sind zum Theile zu den neuen Bauwerken verwendet worden. Unterhalb Zell erweitert sich das Mimlingthal wieder etwas mehr bei König, ehemals Kuntichum genannt. Im Laufe der Zeit

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Zitationshilfe: Grimm, Albert Ludwig: Die malerischen und romantischen Stellen des Odenwaldes. Darmstadt, 1843, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_odenwald_1843/23>, abgerufen am 23.11.2024.