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Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von: Continuatio des abentheurlichen Simplicissimi Oder Der Schluß desselben. Nürnberg, 1669.

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Dienste als ein wildes Gewächs gezwungen und sa-
mentlich Hanff genennet worden, von denselbigen
bin ich zu Zetten Wenceslai in dem Dorff Gold-
scheur als ein Saamen entsprossen und erziehlt: von
welchem Ort man sagt/ daß der beste Hanffsaamen
in der Welt wachse; daselbst nahm mich mein Er-
zihler von den Stengeln meiner Eltern/ und ver-
kauffte mich gegen dem Frühling einem Krammer
der mich unter andern frembden Hanffsamen misch-
te und mit uns schacherte; derselbe Kramer gab mich
folgends einem Bauren in der Nachbarschafft zu-
kauffen/ und gewann an jedem Sester einen halben
Goldgülden/ weil wir unversehens auffschlugen
und theuer wurden; war also gemelter Kramer der
zweyte so an mir gewann/ weil mein Erzihler der
mich anfänglich verkauffte/ dem ersten Gewinn
schon hinweg hatte; der Bauer aber so mich vom
Kramer erhandelt/ warff mich in einem wolgebau-
ten fruchtbaren Acker/ alwo ich im Gestanck des
Roß-Schwein- Kühe- und anders Missts vermo-
dern und ersterben muste; doch brachte ich auß mir
selbsten einen hohen stoltzen Hanffstengel hervor/
in welchen ich mich nach und nach veränderte/ und
stracks zu mir selbst in meiner Jugend sagte/ nun
wirstu gleich deinen Urahnen ein fruchtbarer Ver-
mehrer deines Geschlechts werden/ und mehr Körn-
lein Samen hervor bringen/ als jemahls einer auß
ihnen nicht gethan; aber kaum hatte sich meine
Frechheit mit solcher eingebildeten Hoffnung ein
wenig gekitzelt/ da muste ich von vilen Vorüberge-
henden hören: Schauet: was vor ein grosser Acker
voll Galgenkraut! welches ich und meine Brüder
alsobalden vor kein gut Omen vor uns hielten/ doch

trö-

Dienſte als ein wildes Gewaͤchs gezwungen und ſa-
mentlich Hanff genennet worden, von denſelbigen
bin ich zu Zetten Wenceslai in dem Dorff Gold-
ſcheur als ein Saamen entſproſſen und erziehlt: von
welchem Ort man ſagt/ daß der beſte Hanffſaamen
in der Welt wachſe; daſelbſt nahm mich mein Er-
zihler von den Stengeln meiner Eltern/ und ver-
kauffte mich gegen dem Fruͤhling einem Krammer
der mich unter andern frembden Hanffſamen miſch-
te und mit uns ſchacherte; derſelbe Kramer gab mich
folgends einem Bauren in der Nachbarſchafft zu-
kauffen/ und gewann an jedem Seſter einen halben
Goldguͤlden/ weil wir unverſehens auffſchlugen
und theuer wurden; war alſo gemelter Kramer der
zweyte ſo an mir gewann/ weil mein Erzihler der
mich anfaͤnglich verkauffte/ dem erſten Gewinn
ſchon hinweg hatte; der Bauer aber ſo mich vom
Kramer erhandelt/ warff mich in einem wolgebau-
ten fruchtbaren Acker/ alwo ich im Geſtanck des
Roß-Schwein- Kuͤhe- und anders Miſſts vermo-
dern und erſterben muſte; doch brachte ich auß mir
ſelbſten einen hohen ſtoltzen Hanffſtengel hervor/
in welchen ich mich nach und nach veraͤnderte/ und
ſtracks zu mir ſelbſt in meiner Jugend ſagte/ nun
wirſtu gleich deinen Urahnen ein fruchtbarer Ver-
mehrer deines Geſchlechts werden/ und mehr Koͤrn-
lein Samen hervor bringen/ als jemahls einer auß
ihnen nicht gethan; aber kaum hatte ſich meine
Frechheit mit ſolcher eingebildeten Hoffnung ein
wenig gekitzelt/ da muſte ich von vilen Voruͤberge-
henden hoͤren: Schauet: was vor ein groſſer Acker
voll Galgenkraut! welches ich und meine Bruͤder
alſobalden vor kein gut Omen vor uns hielten/ doch

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[0067] Dienſte als ein wildes Gewaͤchs gezwungen und ſa- mentlich Hanff genennet worden, von denſelbigen bin ich zu Zetten Wenceslai in dem Dorff Gold- ſcheur als ein Saamen entſproſſen und erziehlt: von welchem Ort man ſagt/ daß der beſte Hanffſaamen in der Welt wachſe; daſelbſt nahm mich mein Er- zihler von den Stengeln meiner Eltern/ und ver- kauffte mich gegen dem Fruͤhling einem Krammer der mich unter andern frembden Hanffſamen miſch- te und mit uns ſchacherte; derſelbe Kramer gab mich folgends einem Bauren in der Nachbarſchafft zu- kauffen/ und gewann an jedem Seſter einen halben Goldguͤlden/ weil wir unverſehens auffſchlugen und theuer wurden; war alſo gemelter Kramer der zweyte ſo an mir gewann/ weil mein Erzihler der mich anfaͤnglich verkauffte/ dem erſten Gewinn ſchon hinweg hatte; der Bauer aber ſo mich vom Kramer erhandelt/ warff mich in einem wolgebau- ten fruchtbaren Acker/ alwo ich im Geſtanck des Roß-Schwein- Kuͤhe- und anders Miſſts vermo- dern und erſterben muſte; doch brachte ich auß mir ſelbſten einen hohen ſtoltzen Hanffſtengel hervor/ in welchen ich mich nach und nach veraͤnderte/ und ſtracks zu mir ſelbſt in meiner Jugend ſagte/ nun wirſtu gleich deinen Urahnen ein fruchtbarer Ver- mehrer deines Geſchlechts werden/ und mehr Koͤrn- lein Samen hervor bringen/ als jemahls einer auß ihnen nicht gethan; aber kaum hatte ſich meine Frechheit mit ſolcher eingebildeten Hoffnung ein wenig gekitzelt/ da muſte ich von vilen Voruͤberge- henden hoͤren: Schauet: was vor ein groſſer Acker voll Galgenkraut! welches ich und meine Bruͤder alſobalden vor kein gut Omen vor uns hielten/ doch troͤ-

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Zitationshilfe: Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von: Continuatio des abentheurlichen Simplicissimi Oder Der Schluß desselben. Nürnberg, 1669, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_continuatio_1669/67>, abgerufen am 21.11.2024.