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Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von: Continuatio des abentheurlichen Simplicissimi Oder Der Schluß desselben. Nürnberg, 1669.

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grünen Wasen/ allwo uns bald Sonn/ bald Regen/
bald Wind zusetzte/ also daß sich die liebliche Lufft
selbsten ab unseren Ellend und Jammer entsetzte/
veränderte/ und alles umb uns herumb verstencker-
te/ daß schier niemand bey uns vorüber gieng/ der
nit die Nasen zuhielte/ oder doch wenigist sagte pfuy
Teuffel; Aber gleichwol bekamen die jenige so mit
uns umbgiengen dem fünfften Gewinn zu Lohn;
Jn solchem Standt musten wir verharren/ biß bey-
des Sonn und Wind uns unserer letzterem Feuch-
tigkeit beraubt: und uns mit sambt dem Regen wol
geblaicht hatten; darauff wurden wir von unseren
Bauren/ einem Hänffer oder Hanffbereiter umb
den sechsten Gewinn verkaufft. Also bekamen wir
den vierten Herrn/ seit ich nur ein Samkörnlein ge-
wesen war; derselbe legte uns unter einen Schopff
in eine kurtze Ruhe/ nemblich solang biß er anderer
Geschäfften halber der weil hatte und Taglöhner ha-
ben köndte/ uns ferners zuquellen; da dann der
Herbst und alle andere Feldarbeiten verbey waren/
nahme er uns nacheinander hervor/ stellte uns zwey-
dutzet weiß in ein kleines Stübel hinder dem Ofen/
und heitzte dermassen ein/ als wann wir die Frantzo-
sen hetten außschwitzen sollen/ in welcher Höllischen
Noth und Gefahr ich offt gedachte/ wir würden der-
mal eins sambt dem Hauß in Flammen gen Himmel
fahren/ wie dann auch offt geschihel; wann wir dann
durch solche Hitz viel feuer-fähiger wurden als die
beste Schwebel-Höltzlein/ überantwortet er uns
noch einem strengeren Hencker/ welcher uns hand-
vollweiß under die Prech nahm/ und alle unsere in-
nerliche Gliedmassen hundert tausendmal kleiner
zerstiesse/ als man dem ärgsten Ertz-Mörder mit

dem

gruͤnen Waſen/ allwo uns bald Sonn/ bald Regen/
bald Wind zuſetzte/ alſo daß ſich die liebliche Lufft
ſelbſten ab unſeren Ellend und Jammer entſetzte/
veraͤnderte/ und alles umb uns herumb verſtencker-
te/ daß ſchier niemand bey uns voruͤber gieng/ der
nit die Naſen zuhielte/ oder doch wenigiſt ſagte pfuy
Teuffel; Aber gleichwol bekamen die jenige ſo mit
uns umbgiengen dem fuͤnfften Gewinn zu Lohn;
Jn ſolchem Standt muſten wir verharꝛen/ biß bey-
des Sonn und Wind uns unſerer letzterem Feuch-
tigkeit beraubt: und uns mit ſambt dem Regen wol
geblaicht hatten; darauff wurden wir von unſeren
Bauren/ einem Haͤnffer oder Hanffbereiter umb
den ſechſten Gewinn verkaufft. Alſo bekamen wir
den vierten Herꝛn/ ſeit ich nur ein Samkoͤrnlein ge-
weſen war; derſelbe legte uns unter einen Schopff
in eine kurtze Ruhe/ nemblich ſolang biß er anderer
Geſchaͤfften halber der weil hatte und Tagloͤhner ha-
ben koͤndte/ uns ferners zuquellen; da dann der
Herbſt und alle andere Feldarbeiten verbey waren/
nahme er uns nacheinander heꝛvor/ ſtellte uns zwey-
dutzet weiß in ein kleines Stuͤbel hinder dem Ofen/
und heitzte dermaſſen ein/ als wann wir die Frantzo-
ſen hetten außſchwitzen ſollen/ in welcher Hoͤlliſchen
Noth und Gefahr ich offt gedachte/ wir wuͤrden der-
mal eins ſambt dem Hauß in Flammen gen Him̃el
fahren/ wie dann auch offt geſchihel; wann wir dañ
durch ſolche Hitz viel feuer-faͤhiger wurden als die
beſte Schwebel-Hoͤltzlein/ uͤberantwortet er uns
noch einem ſtrengeren Hencker/ welcher uns hand-
vollweiß under die Prech nahm/ und alle unſere in-
nerliche Gliedmaſſen hundert tauſendmal kleiner
zerſtieſſe/ als man dem aͤrgſten Ertz-Moͤrder mit

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[0069] gruͤnen Waſen/ allwo uns bald Sonn/ bald Regen/ bald Wind zuſetzte/ alſo daß ſich die liebliche Lufft ſelbſten ab unſeren Ellend und Jammer entſetzte/ veraͤnderte/ und alles umb uns herumb verſtencker- te/ daß ſchier niemand bey uns voruͤber gieng/ der nit die Naſen zuhielte/ oder doch wenigiſt ſagte pfuy Teuffel; Aber gleichwol bekamen die jenige ſo mit uns umbgiengen dem fuͤnfften Gewinn zu Lohn; Jn ſolchem Standt muſten wir verharꝛen/ biß bey- des Sonn und Wind uns unſerer letzterem Feuch- tigkeit beraubt: und uns mit ſambt dem Regen wol geblaicht hatten; darauff wurden wir von unſeren Bauren/ einem Haͤnffer oder Hanffbereiter umb den ſechſten Gewinn verkaufft. Alſo bekamen wir den vierten Herꝛn/ ſeit ich nur ein Samkoͤrnlein ge- weſen war; derſelbe legte uns unter einen Schopff in eine kurtze Ruhe/ nemblich ſolang biß er anderer Geſchaͤfften halber der weil hatte und Tagloͤhner ha- ben koͤndte/ uns ferners zuquellen; da dann der Herbſt und alle andere Feldarbeiten verbey waren/ nahme er uns nacheinander heꝛvor/ ſtellte uns zwey- dutzet weiß in ein kleines Stuͤbel hinder dem Ofen/ und heitzte dermaſſen ein/ als wann wir die Frantzo- ſen hetten außſchwitzen ſollen/ in welcher Hoͤlliſchen Noth und Gefahr ich offt gedachte/ wir wuͤrden der- mal eins ſambt dem Hauß in Flammen gen Him̃el fahren/ wie dann auch offt geſchihel; wann wir dañ durch ſolche Hitz viel feuer-faͤhiger wurden als die beſte Schwebel-Hoͤltzlein/ uͤberantwortet er uns noch einem ſtrengeren Hencker/ welcher uns hand- vollweiß under die Prech nahm/ und alle unſere in- nerliche Gliedmaſſen hundert tauſendmal kleiner zerſtieſſe/ als man dem aͤrgſten Ertz-Moͤrder mit dem

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Zitationshilfe: Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von: Continuatio des abentheurlichen Simplicissimi Oder Der Schluß desselben. Nürnberg, 1669, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_continuatio_1669/69>, abgerufen am 21.11.2024.