German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669.Deß Abentheurl. Simplicissimi und in Summa was er vermöchte/ hätte er nach undnach herauß gefischt: Jch wolte nicht glauben/ daß auß einem so kleinen verächtlichen Ding so herrliche Sachen zu bekommen wären; hingegen sagt er/ sol- ches vermög der Spiritus Papyri (also nennet er die Dinten) und das Dintenfaß würde darumb ein Faß genennet/ weil es grosse Sachen fasse: Jch fragte/ wie mans dann herauß bringen könte/ sintemal man kaum zween Finger hinein stecken möchte? Er ant- wortet/ er hätte einen Arm im Kopff/ der solche Arbeit verrichten müsse/ er verhoffe ihm bald auch ein schö- ne reiche Jungfrau herauß zu langen/ und wann er das Glück hätte/ so getraute er auch eigen Land und Leut herauß zu bringen/ welches wol ehemals ge- schehen wäre: Jch muste mich über diese künstliche Griff verwundern/ und fragte/ ob noch mehr Leute solche Kunst könten? Freylich/ antwortet er/ alle Cantzler/ Doctorn, Secretarii, Procuratorn oder Ad- vocaten/ Commissarii, Notarii, Kauff- und Han- dels-Herren/ und sonst unzehlich viel andere mehr/ welche gemeiniglich/ wann sie nur fleissig fischen/ zu reichen Herren darauß werden: Jch sagte/ so seynd die Bauren und andere arbeitsame Leut nicht witzig/ daß sie im Schweiß ihres Angestchts ihr Brot es- sen/ und diese Kunst nicht auch lernen: Er antwor- tet/ etliche wissen der Kunst Nutzen nicht/ dahero be- gehren sie solche auch nicht zu lernen; etliche wol- tens gerne lernen/ manglen aber deß Arms im Kopff/ oder anderer Mittel; etliche lernen die Kunst/ und haben Arms genug/ wissen aber die Griff nicht/ so die Kunst erfordert/ wenn man dardurch will reich werden; andere wissen und können alles was darzu gehört
Deß Abentheurl. Simpliciſſimi und in Summa was er vermoͤchte/ haͤtte er nach undnach herauß gefiſcht: Jch wolte nicht glauben/ daß auß einem ſo kleinen veraͤchtlichen Ding ſo herꝛliche Sachen zu bekommen waͤren; hingegen ſagt er/ ſol- ches vermoͤg der Spiritus Papyri (alſo nennet er die Dinten) und das Dintenfaß wuͤrde darumb ein Faß genennet/ weil es groſſe Sachen faſſe: Jch fragte/ wie mans dann herauß bringen koͤnte/ ſintemal man kaum zween Finger hinein ſtecken moͤchte? Er ant- wortet/ er haͤtte einen Arm im Kopff/ der ſolche Arbeit verꝛichten muͤſſe/ er verhoffe ihm bald auch ein ſchoͤ- ne reiche Jungfrau herauß zu langen/ und wann er das Gluͤck haͤtte/ ſo getraute er auch eigen Land und Leut herauß zu bringen/ welches wol ehemals ge- ſchehen waͤre: Jch muſte mich uͤber dieſe kuͤnſtliche Griff verwundern/ und fragte/ ob noch mehr Leute ſolche Kunſt koͤnten? Freylich/ antwortet er/ alle Cantzler/ Doctorn, Secretarii, Procuratorn oder Ad- vocaten/ Commiſſarii, Notarii, Kauff- und Han- dels-Herꝛen/ und ſonſt unzehlich viel andere mehr/ welche gemeiniglich/ wann ſie nur fleiſſig fiſchen/ zu reichen Herꝛen darauß werden: Jch ſagte/ ſo ſeynd die Bauren und andere arbeitſame Leut nicht witzig/ daß ſie im Schweiß ihres Angeſtchts ihr Brot eſ- ſen/ und dieſe Kunſt nicht auch lernen: Er antwor- tet/ etliche wiſſen der Kunſt Nutzen nicht/ dahero be- gehren ſie ſolche auch nicht zu lernen; etliche wol- tens gerne lernen/ manglen aber deß Arms im Kopff/ oder anderer Mittel; etliche lernen die Kunſt/ und haben Arms genug/ wiſſen aber die Griff nicht/ ſo die Kunſt erfordert/ wenn man dardurch will reich werden; andere wiſſen und koͤnnen alles was darzu gehoͤrt
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Deß Abentheurl. Simpliciſſimi
und in Summa was er vermoͤchte/ haͤtte er nach und
nach herauß gefiſcht: Jch wolte nicht glauben/ daß
auß einem ſo kleinen veraͤchtlichen Ding ſo herꝛliche
Sachen zu bekommen waͤren; hingegen ſagt er/ ſol-
ches vermoͤg der Spiritus Papyri (alſo nennet er die
Dinten) und das Dintenfaß wuͤrde darumb ein Faß
genennet/ weil es groſſe Sachen faſſe: Jch fragte/
wie mans dann herauß bringen koͤnte/ ſintemal man
kaum zween Finger hinein ſtecken moͤchte? Er ant-
wortet/ er haͤtte einen Arm im Kopff/ der ſolche Arbeit
verꝛichten muͤſſe/ er verhoffe ihm bald auch ein ſchoͤ-
ne reiche Jungfrau herauß zu langen/ und wann er
das Gluͤck haͤtte/ ſo getraute er auch eigen Land und
Leut herauß zu bringen/ welches wol ehemals ge-
ſchehen waͤre: Jch muſte mich uͤber dieſe kuͤnſtliche
Griff verwundern/ und fragte/ ob noch mehr Leute
ſolche Kunſt koͤnten? Freylich/ antwortet er/ alle
Cantzler/ Doctorn, Secretarii, Procuratorn oder Ad-
vocaten/ Commiſſarii, Notarii, Kauff- und Han-
dels-Herꝛen/ und ſonſt unzehlich viel andere mehr/
welche gemeiniglich/ wann ſie nur fleiſſig fiſchen/ zu
reichen Herꝛen darauß werden: Jch ſagte/ ſo ſeynd
die Bauren und andere arbeitſame Leut nicht witzig/
daß ſie im Schweiß ihres Angeſtchts ihr Brot eſ-
ſen/ und dieſe Kunſt nicht auch lernen: Er antwor-
tet/ etliche wiſſen der Kunſt Nutzen nicht/ dahero be-
gehren ſie ſolche auch nicht zu lernen; etliche wol-
tens gerne lernen/ manglen aber deß Arms im Kopff/
oder anderer Mittel; etliche lernen die Kunſt/ und
haben Arms genug/ wiſſen aber die Griff nicht/ ſo
die Kunſt erfordert/ wenn man dardurch will reich
werden; andere wiſſen und koͤnnen alles was darzu
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Zitationshilfe: | German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669, S. 98. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_simplicissimus_1669/104>, abgerufen am 16.02.2025. |