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German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669.

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Zweytes Buch.
und seinen Gästen mehr Lust zu machen/ er sahe wol/
daß die Musicanten nichts galten/ so lang man mich
unterhanden haben würde/ denn ich bedünckte mit
meinen närrischen Einfällen jederman über 17. Lau-
ten zu seyn. Er fragte/ warumb ich die Thür an dem
Gänsstall zerschnitten hätte? Jch antwortet/ das
mag jemand anders gethan haben; Er fragte/ wer
dann? Jch sagte/ vielleicht der so zu mir kommen;
Wer ist denn zu dir kommen? Jch antwortet/ das
darff ich niemand sagen; Mein Herr war ein ge-
schwinder Kopff/ und sahe wol wie man mir lausen
muste/ derowegen übereylt er mich/ und fragte/ wer
mir solches dann verbotten hätte? Jch antwortet
gleich/ der dolle Fähnrich; und demnach ich an je-
dermans Gelächter merckete/ daß ich mich gewaltig
verhauen haben müste/ der dolle Fähnrich/ so mit am
Tisch sasse/ auch so roth wurde/ wie ein glühende
Kohl; als wolte ich nichts mehr schwätzen/ es wür-
de mir denn von demselben erlaubt. Es war aber nur
umb einen Wunck zu thun/ den mein Herr dem dollen
Fähnrich an statt eines Befehls gab/ da dorfft ich
reden was ich wuste. Darauff fragte mich mein Herr/
was der dolle Fähnrich bey mir im Gäns-Stall zu
thun gehabt? ich antwortet/ er brachte eine Jungfer
zu mir hinein: Was thät er aber weiters? sagte
mein Herr/ Jch antwortet/ mich deuchte/ er wolte
im Stall sein Wasser abgeschlagen haben. Mein
Herr fragte/ was thät aber die Jungfer darbey/
schämte sie sich nicht? Ja wol nein Herr! sagte ich/
sie hub den Rock auff/ und wolte darzu (mein hoch-
geehrter/ Zucht- Ehr- und Tugendliebender Leser
verzeyhe meiner unhöflichen Feder/ daß sie alles so

grob
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Zweytes Buch.
und ſeinen Gaͤſten mehr Luſt zu machen/ er ſahe wol/
daß die Muſicanten nichts galten/ ſo lang man mich
unterhanden haben wuͤrde/ denn ich beduͤnckte mit
meinen naͤrꝛiſchen Einfaͤllen jederman uͤber 17. Lau-
ten zu ſeyn. Er fragte/ warumb ich die Thuͤr an dem
Gaͤnsſtall zerſchnitten haͤtte? Jch antwortet/ das
mag jemand anders gethan haben; Er fragte/ wer
dann? Jch ſagte/ vielleicht der ſo zu mir kommen;
Wer iſt denn zu dir kommen? Jch antwortet/ das
darff ich niemand ſagen; Mein Herꝛ war ein ge-
ſchwinder Kopff/ und ſahe wol wie man mir lauſen
muſte/ derowegen uͤbereylt er mich/ und fragte/ wer
mir ſolches dann verbotten haͤtte? Jch antwortet
gleich/ der dolle Faͤhnrich; und demnach ich an je-
dermans Gelaͤchter merckete/ daß ich mich gewaltig
verhauen haben muͤſte/ der dolle Faͤhnrich/ ſo mit am
Tiſch ſaſſe/ auch ſo roth wurde/ wie ein gluͤhende
Kohl; als wolte ich nichts mehr ſchwaͤtzen/ es wuͤr-
de mir denn von demſelben erlaubt. Es war aber nur
umb einen Wunck zu thun/ den mein Herꝛ dem dollen
Faͤhnrich an ſtatt eines Befehls gab/ da dorfft ich
reden was ich wuſte. Darauff fragte mich mein Herꝛ/
was der dolle Faͤhnrich bey mir im Gaͤns-Stall zu
thun gehabt? ich antwortet/ er brachte eine Jungfer
zu mir hinein: Was thaͤt er aber weiters? ſagte
mein Herꝛ/ Jch antwortet/ mich deuchte/ er wolte
im Stall ſein Waſſer abgeſchlagen haben. Mein
Herꝛ fragte/ was thaͤt aber die Jungfer darbey/
ſchaͤmte ſie ſich nicht? Ja wol nein Herꝛ! ſagte ich/
ſie hub den Rock auff/ und wolte darzu (mein hoch-
geehrter/ Zucht- Ehr- und Tugendliebender Leſer
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[131/0137] Zweytes Buch. und ſeinen Gaͤſten mehr Luſt zu machen/ er ſahe wol/ daß die Muſicanten nichts galten/ ſo lang man mich unterhanden haben wuͤrde/ denn ich beduͤnckte mit meinen naͤrꝛiſchen Einfaͤllen jederman uͤber 17. Lau- ten zu ſeyn. Er fragte/ warumb ich die Thuͤr an dem Gaͤnsſtall zerſchnitten haͤtte? Jch antwortet/ das mag jemand anders gethan haben; Er fragte/ wer dann? Jch ſagte/ vielleicht der ſo zu mir kommen; Wer iſt denn zu dir kommen? Jch antwortet/ das darff ich niemand ſagen; Mein Herꝛ war ein ge- ſchwinder Kopff/ und ſahe wol wie man mir lauſen muſte/ derowegen uͤbereylt er mich/ und fragte/ wer mir ſolches dann verbotten haͤtte? Jch antwortet gleich/ der dolle Faͤhnrich; und demnach ich an je- dermans Gelaͤchter merckete/ daß ich mich gewaltig verhauen haben muͤſte/ der dolle Faͤhnrich/ ſo mit am Tiſch ſaſſe/ auch ſo roth wurde/ wie ein gluͤhende Kohl; als wolte ich nichts mehr ſchwaͤtzen/ es wuͤr- de mir denn von demſelben erlaubt. Es war aber nur umb einen Wunck zu thun/ den mein Herꝛ dem dollen Faͤhnrich an ſtatt eines Befehls gab/ da dorfft ich reden was ich wuſte. Darauff fragte mich mein Herꝛ/ was der dolle Faͤhnrich bey mir im Gaͤns-Stall zu thun gehabt? ich antwortet/ er brachte eine Jungfer zu mir hinein: Was thaͤt er aber weiters? ſagte mein Herꝛ/ Jch antwortet/ mich deuchte/ er wolte im Stall ſein Waſſer abgeſchlagen haben. Mein Herꝛ fragte/ was thaͤt aber die Jungfer darbey/ ſchaͤmte ſie ſich nicht? Ja wol nein Herꝛ! ſagte ich/ ſie hub den Rock auff/ und wolte darzu (mein hoch- geehrter/ Zucht- Ehr- und Tugendliebender Leſer verzeyhe meiner unhoͤflichen Feder/ daß ſie alles ſo grob F vij

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Zitationshilfe: German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669, S. 131. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_simplicissimus_1669/137>, abgerufen am 21.11.2024.