German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669.Zweytes Buch. Narrn. Dieser Gebrauch ist meines Erachtens inder Welt noch üblich/ massen ein jeder mit seiner Witz zu frieden/ und sich einbildet/ er sey der Geschei- deste unter allen. Obige Kurtzweil/ die ich mit deß Bauren Rindern Dieses liesse ich mich umb so viel desto ehender daß G ij
Zweytes Buch. Narꝛn. Dieſer Gebrauch iſt meines Erachtens inder Welt noch uͤblich/ maſſen ein jeder mit ſeiner Witz zu frieden/ und ſich einbildet/ er ſey der Geſchei- deſte unter allen. Obige Kurtzweil/ die ich mit deß Bauren Rindern Dieſes lieſſe ich mich umb ſo viel deſto ehender daß G ij
<TEI> <text> <body> <div n="2"> <p><pb facs="#f0151" n="145"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Zweytes Buch.</hi></fw><lb/> Narꝛn. Dieſer Gebrauch iſt meines Erachtens in<lb/> der Welt noch uͤblich/ maſſen ein jeder mit ſeiner<lb/> Witz zu frieden/ und ſich einbildet/ er ſey der Geſchei-<lb/> deſte unter allen.</p><lb/> <p>Obige Kurtzweil/ die ich mit deß Bauren Rindern<lb/> anſtellete/ machte uns den kurtzen Vormittag noch<lb/> kuͤrtzer/ denn es war damals eben umb die Winter-<lb/> liche Sonnenwende: Bey der Mittags-Mahlzeit<lb/> wartete ich auff wie zuvor/ brachte aber benebens<lb/> ſeltzame Sachen auff die Bahn/ und als ich eſſen<lb/> ſolte/ konte niemand einige menſchliche Speiß oder<lb/> Tranck in mich bringen/ ich wolte kurtzum nur Gras<lb/> haben/ ſo damals zu bekommen ohnmuͤglich war.<lb/> Mein Herꝛ lieſſe ein paar friſche Kalb-Fell von den<lb/> Metzgern holen/ und ſolche zweyen kleinen Knaben<lb/> uͤber die Koͤpff ſtraiffen: Dieſe ſetzte er zu mir an den<lb/> Tiſch/ <hi rendition="#aq">tracti</hi>rte uns in der erſten Tracht mit Winter-<lb/> Salat/ und hieß uns wacker zuhauen/ auch lieſſe er<lb/> ein lebendig Kalb hinbringen/ und mit Saltz zum<lb/> Salat anfriſchen. Jch ſahe ſo ſtarꝛ darein/ als wenn<lb/> ich mich daruͤber verwunderte/ aber der Umbſtand<lb/> vermahnete mich mit zu machen; Ja wol ſagten ſie/<lb/> wie ſie mich ſo kaltfinnig ſahen/ es iſt nichts neues/<lb/> wenn Kaͤlber Fleiſch/ Fiſch/ Kaͤß/ Butter und an-<lb/> ders freſſen: Was? ſie ſauffen auch zu Zeiten ein<lb/> guten Rauſch! die Beſtien wiſſen nunmehr wol/ was<lb/> gut iſt; ja/ ſagten ſie ferner/ es iſt heutiges Tags ſo<lb/> weit kommen/ daß ſich nunmehr ein geringer Unter-<lb/> ſcheid zwiſchen ihnen und den Menſchen befindet/<lb/> wolteſt du dann allein nicht mit machen?</p><lb/> <p>Dieſes lieſſe ich mich umb ſo viel deſto ehender<lb/> uͤberꝛeden/ weil mich hungerte/ und nicht darumb/<lb/> <fw place="bottom" type="sig">G ij</fw><fw place="bottom" type="catch">daß</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [145/0151]
Zweytes Buch.
Narꝛn. Dieſer Gebrauch iſt meines Erachtens in
der Welt noch uͤblich/ maſſen ein jeder mit ſeiner
Witz zu frieden/ und ſich einbildet/ er ſey der Geſchei-
deſte unter allen.
Obige Kurtzweil/ die ich mit deß Bauren Rindern
anſtellete/ machte uns den kurtzen Vormittag noch
kuͤrtzer/ denn es war damals eben umb die Winter-
liche Sonnenwende: Bey der Mittags-Mahlzeit
wartete ich auff wie zuvor/ brachte aber benebens
ſeltzame Sachen auff die Bahn/ und als ich eſſen
ſolte/ konte niemand einige menſchliche Speiß oder
Tranck in mich bringen/ ich wolte kurtzum nur Gras
haben/ ſo damals zu bekommen ohnmuͤglich war.
Mein Herꝛ lieſſe ein paar friſche Kalb-Fell von den
Metzgern holen/ und ſolche zweyen kleinen Knaben
uͤber die Koͤpff ſtraiffen: Dieſe ſetzte er zu mir an den
Tiſch/ tractirte uns in der erſten Tracht mit Winter-
Salat/ und hieß uns wacker zuhauen/ auch lieſſe er
ein lebendig Kalb hinbringen/ und mit Saltz zum
Salat anfriſchen. Jch ſahe ſo ſtarꝛ darein/ als wenn
ich mich daruͤber verwunderte/ aber der Umbſtand
vermahnete mich mit zu machen; Ja wol ſagten ſie/
wie ſie mich ſo kaltfinnig ſahen/ es iſt nichts neues/
wenn Kaͤlber Fleiſch/ Fiſch/ Kaͤß/ Butter und an-
ders freſſen: Was? ſie ſauffen auch zu Zeiten ein
guten Rauſch! die Beſtien wiſſen nunmehr wol/ was
gut iſt; ja/ ſagten ſie ferner/ es iſt heutiges Tags ſo
weit kommen/ daß ſich nunmehr ein geringer Unter-
ſcheid zwiſchen ihnen und den Menſchen befindet/
wolteſt du dann allein nicht mit machen?
Dieſes lieſſe ich mich umb ſo viel deſto ehender
uͤberꝛeden/ weil mich hungerte/ und nicht darumb/
daß
G ij
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDer angegebene Verlag (Fillion) ist fiktiv. Die k… [mehr] Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |