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German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669.

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Zweytes Buch.
nem geselleten/ und ihn überredeten/ daß jetziger Zeit
die Geister auch zu essen und zu trincken pflegten/
wordurch er dann wieder zu recht gebracht worden.
Jch habe selbsten einen krancken Bauren in meiner
Pfarr gehabt/ als ich denselben besuchte/ klagte er
mir/ daß er auff drey oder vier Ohm Wasser im Leib
hätte/ wann solches von ihm wäre/ so getraute er wol
wieder gesund zu werden/ mit Bitt/ ich wolte ihn
entweder auffschneiden lassen/ damit solches von ihm
lauffen könte/ oder ihn in Rauch hencken lassen/ da-
mit dasselbe außtröckne: Darauff sprach ich ihm zu/
und überredet ihn/ ich könte das Wasser auff eine
andere Manier wol von ihm bringen/ name demnach
einen Hanen/ wie man zu den Wein- oder Bier-Fäs-
sern braucht/ band einen Darm daran/ und das an-
der End band ich an den Zapffen eines Bauch-Zu-
bers/ den ich zu solchem End voll Wasser tragen las-
sen/ stellete mich darauff/ als wenn ich ihm den Ha-
nen in Bauch steckte/ welchen er überall mit Lumpen
umbwinden lassen/ damit er nicht zerspringen solte:
Hier auff ließ ich das Wasser auß dem Zuber durch
den Hanen hinweg lauffen/ darüber sich der Tropff
hertzlich erfreuet/ nach solcher Verrichtung die Lum-
pen von sich thät/ und in wenig Tagen wieder aller-
dings zu recht kam. Auff solche Weis ist einem an-
dern geholffen worden/ der sich eingebildet/ er habe
allerhand Pferdgezeug/ Zäun und sonst Sachen im
Leib/ demselben gab sein Doctor eine Purgation ein/
und legte dergleichen Ding untern Nachtstul/ also
daß der Kerl glauben muste/ solches seye durch den
Stulgang von ihm kommen. So sagt man auch von
einem Phantasten/ der geglaubt habe/ seine Nas seye

so
H jv

Zweytes Buch.
nem geſelleten/ und ihn uͤberꝛedeten/ daß jetziger Zeit
die Geiſter auch zu eſſen und zu trincken pflegten/
wordurch er dann wieder zu recht gebracht worden.
Jch habe ſelbſten einen krancken Bauren in meiner
Pfarꝛ gehabt/ als ich denſelben beſuchte/ klagte er
mir/ daß er auff drey oder vier Ohm Waſſer im Leib
haͤtte/ wann ſolches von ihm waͤre/ ſo getraute er wol
wieder geſund zu werden/ mit Bitt/ ich wolte ihn
entweder auffſchneiden laſſen/ damit ſolches von ihm
lauffen koͤnte/ oder ihn in Rauch hencken laſſen/ da-
mit daſſelbe außtroͤckne: Darauff ſprach ich ihm zu/
und uͤberꝛedet ihn/ ich koͤnte das Waſſer auff eine
andere Manier wol von ihm bringen/ name demnach
einen Hanen/ wie man zu den Wein- oder Bier-Faͤſ-
ſern braucht/ band einen Darm daran/ und das an-
der End band ich an den Zapffen eines Bauch-Zu-
bers/ den ich zu ſolchem End voll Waſſer tragen laſ-
ſen/ ſtellete mich darauff/ als wenn ich ihm den Ha-
nen in Bauch ſteckte/ welchen er uͤberall mit Lumpen
umbwinden laſſen/ damit er nicht zerſpringen ſolte:
Hier auff ließ ich das Waſſer auß dem Zuber durch
den Hanen hinweg lauffen/ daruͤber ſich der Tropff
hertzlich erfreuet/ nach ſolcher Verꝛichtung die Lum-
pen von ſich thaͤt/ und in wenig Tagen wieder aller-
dings zu recht kam. Auff ſolche Weis iſt einem an-
dern geholffen worden/ der ſich eingebildet/ er habe
allerhand Pferdgezeug/ Zaͤun und ſonſt Sachen im
Leib/ demſelben gab ſein Doctor eine Purgation ein/
und legte dergleichen Ding untern Nachtſtul/ alſo
daß der Kerl glauben muſte/ ſolches ſeye durch den
Stulgang von ihm kommen. So ſagt man auch von
einem Phantaſten/ der geglaubt habe/ ſeine Nas ſeye

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H jv
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[173/0179] Zweytes Buch. nem geſelleten/ und ihn uͤberꝛedeten/ daß jetziger Zeit die Geiſter auch zu eſſen und zu trincken pflegten/ wordurch er dann wieder zu recht gebracht worden. Jch habe ſelbſten einen krancken Bauren in meiner Pfarꝛ gehabt/ als ich denſelben beſuchte/ klagte er mir/ daß er auff drey oder vier Ohm Waſſer im Leib haͤtte/ wann ſolches von ihm waͤre/ ſo getraute er wol wieder geſund zu werden/ mit Bitt/ ich wolte ihn entweder auffſchneiden laſſen/ damit ſolches von ihm lauffen koͤnte/ oder ihn in Rauch hencken laſſen/ da- mit daſſelbe außtroͤckne: Darauff ſprach ich ihm zu/ und uͤberꝛedet ihn/ ich koͤnte das Waſſer auff eine andere Manier wol von ihm bringen/ name demnach einen Hanen/ wie man zu den Wein- oder Bier-Faͤſ- ſern braucht/ band einen Darm daran/ und das an- der End band ich an den Zapffen eines Bauch-Zu- bers/ den ich zu ſolchem End voll Waſſer tragen laſ- ſen/ ſtellete mich darauff/ als wenn ich ihm den Ha- nen in Bauch ſteckte/ welchen er uͤberall mit Lumpen umbwinden laſſen/ damit er nicht zerſpringen ſolte: Hier auff ließ ich das Waſſer auß dem Zuber durch den Hanen hinweg lauffen/ daruͤber ſich der Tropff hertzlich erfreuet/ nach ſolcher Verꝛichtung die Lum- pen von ſich thaͤt/ und in wenig Tagen wieder aller- dings zu recht kam. Auff ſolche Weis iſt einem an- dern geholffen worden/ der ſich eingebildet/ er habe allerhand Pferdgezeug/ Zaͤun und ſonſt Sachen im Leib/ demſelben gab ſein Doctor eine Purgation ein/ und legte dergleichen Ding untern Nachtſtul/ alſo daß der Kerl glauben muſte/ ſolches ſeye durch den Stulgang von ihm kommen. So ſagt man auch von einem Phantaſten/ der geglaubt habe/ ſeine Nas ſeye ſo H jv

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Zitationshilfe: German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669, S. 173. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_simplicissimus_1669/179>, abgerufen am 23.11.2024.