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German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669.

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Zweytes Buch.
Magdeburg an die Unserige nicht übergeben würde:
Dem falschen Olivier, der sich gar zutäppisch bey ihm
zu machen wuste/ sagte er außdrücklich/ daß er eines
gewaltthätigen Todts sterben müste/ und daß ich
seinen Todt/ er geschehe wann er wolle/ rächen/
und seinen Mörder wieder umbbringen würde/ weß-
wegen mich Olivier folgender Zeit hoch hielte; mir
seldsten aber erzehlet er meinen künfftigen gantzen Le-
benslauff so umbständlich/ als wenn er schon vollen-
det/ und er allezeit bey mir gewesen wäre/ welches
ich aber wenig achtet/ und mich jedoch nachgebends
vielen Dings erinnert/ das er mir zuvor gesagt/
nachdem es schon geschehen oder wahr worden/ vor-
nemlich aber warnet er mich vorm Wasser/ weil er
besorgte/ ich würde meinen Untergang darinn leiden.

Als nun der 26. Julii eingetretten war/ vermahnet
er mich und einen Fourierschützen (den mir der Ob-
riste auff sein Begehren denselben Tag zugegeben
hatte) gantz treulich/ wir solten niemand zu ihm ins
Zelt lassen: Er lag also allein darinnen/ und betet
ohn Unterlaß/ da es aber umb den Nachmittag wur-
de/ kam ein Leutenant auß dem Reuter-Läger daher
geritten/ welcher nach deß Obristen Stallmeister
fragte; Er wurde zu uns/ und gleich darauff wieder
von uns abgewiesen/ er wolte sich aber nicht abwei-
sen lassen/ sondern bate den Fourierschützen mit un-
tergemischten Verheissungen/ ihn vor den Stall-
meister zu lassen/ als mit welchem er noch diesen
Abend nothwendig reden müste/ weil aber solches
auch nicht helffen wolte/ fieng er an zu fluchen/ mit
Donner und Hagel drein zu kollern/ und zu sagen/
er seye schon so vielmal dem Stallmeister zu gefallen

gerit-
K ij

Zweytes Buch.
Magdeburg an die Unſerige nicht uͤbergeben wuͤrde:
Dem falſchen Olivier, der ſich gar zutaͤppiſch bey ihm
zu machen wuſte/ ſagte er außdruͤcklich/ daß er eines
gewaltthaͤtigen Todts ſterben muͤſte/ und daß ich
ſeinen Todt/ er geſchehe wann er wolle/ raͤchen/
und ſeinen Moͤrder wieder umbbringen wuͤrde/ weß-
wegen mich Olivier folgender Zeit hoch hielte; mir
ſeldſten aber erzehlet er meinen kuͤnfftigen gantzen Le-
benslauff ſo umbſtaͤndlich/ als wenn er ſchon vollen-
det/ und er allezeit bey mir geweſen waͤre/ welches
ich aber wenig achtet/ und mich jedoch nachgebends
vielen Dings erinnert/ das er mir zuvor geſagt/
nachdem es ſchon geſchehen oder wahr worden/ vor-
nemlich aber warnet er mich vorm Waſſer/ weil er
beſorgte/ ich wuͤrde meinen Untergang darinn leiden.

Als nun der 26. Julii eingetretten war/ vermahnet
er mich und einen Fourierſchuͤtzen (den mir der Ob-
riſte auff ſein Begehren denſelben Tag zugegeben
hatte) gantz treulich/ wir ſolten niemand zu ihm ins
Zelt laſſen: Er lag alſo allein darinnen/ und betet
ohn Unterlaß/ da es aber umb den Nachmittag wur-
de/ kam ein Leutenant auß dem Reuter-Laͤger daher
geritten/ welcher nach deß Obriſten Stallmeiſter
fragte; Er wurde zu uns/ und gleich darauff wieder
von uns abgewieſen/ er wolte ſich aber nicht abwei-
ſen laſſen/ ſondern bate den Fourierſchuͤtzen mit un-
tergemiſchten Verheiſſungen/ ihn vor den Stall-
meiſter zu laſſen/ als mit welchem er noch dieſen
Abend nothwendig reden muͤſte/ weil aber ſolches
auch nicht helffen wolte/ fieng er an zu fluchen/ mit
Donner und Hagel drein zu kollern/ und zu ſagen/
er ſeye ſchon ſo vielmal dem Stallmeiſter zu gefallen

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[217/0223] Zweytes Buch. Magdeburg an die Unſerige nicht uͤbergeben wuͤrde: Dem falſchen Olivier, der ſich gar zutaͤppiſch bey ihm zu machen wuſte/ ſagte er außdruͤcklich/ daß er eines gewaltthaͤtigen Todts ſterben muͤſte/ und daß ich ſeinen Todt/ er geſchehe wann er wolle/ raͤchen/ und ſeinen Moͤrder wieder umbbringen wuͤrde/ weß- wegen mich Olivier folgender Zeit hoch hielte; mir ſeldſten aber erzehlet er meinen kuͤnfftigen gantzen Le- benslauff ſo umbſtaͤndlich/ als wenn er ſchon vollen- det/ und er allezeit bey mir geweſen waͤre/ welches ich aber wenig achtet/ und mich jedoch nachgebends vielen Dings erinnert/ das er mir zuvor geſagt/ nachdem es ſchon geſchehen oder wahr worden/ vor- nemlich aber warnet er mich vorm Waſſer/ weil er beſorgte/ ich wuͤrde meinen Untergang darinn leiden. Als nun der 26. Julii eingetretten war/ vermahnet er mich und einen Fourierſchuͤtzen (den mir der Ob- riſte auff ſein Begehren denſelben Tag zugegeben hatte) gantz treulich/ wir ſolten niemand zu ihm ins Zelt laſſen: Er lag alſo allein darinnen/ und betet ohn Unterlaß/ da es aber umb den Nachmittag wur- de/ kam ein Leutenant auß dem Reuter-Laͤger daher geritten/ welcher nach deß Obriſten Stallmeiſter fragte; Er wurde zu uns/ und gleich darauff wieder von uns abgewieſen/ er wolte ſich aber nicht abwei- ſen laſſen/ ſondern bate den Fourierſchuͤtzen mit un- tergemiſchten Verheiſſungen/ ihn vor den Stall- meiſter zu laſſen/ als mit welchem er noch dieſen Abend nothwendig reden muͤſte/ weil aber ſolches auch nicht helffen wolte/ fieng er an zu fluchen/ mit Donner und Hagel drein zu kollern/ und zu ſagen/ er ſeye ſchon ſo vielmal dem Stallmeiſter zu gefallen gerit- K ij

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Zitationshilfe: German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669, S. 217. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_simplicissimus_1669/223>, abgerufen am 23.11.2024.