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German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669.

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Deß Abentheurl. Simplicissimi
halber gieng keine Partey/ keine Convoy/ noch keine
Räis auß deß Gegentheils Posten/ deren Außfahrt
mir nicht zu wissen ward gethan/ alsdann conjectu-
ri
rt ich ihr Vorhaben/ und macht meine Anschläg
darauff/ und weil ich solche mehrentheils durch Bey-
stand deß Glücks wol ins Werck setzte/ verwunderte
sich jedweder über meine Jugend/ so gar/ daß mich
auch viel Officier und brave Soldaten vom Gegen-
theil nur zu sehen wünschten/ darneben erzeigte ich
mich gegen meinen Gefangenen überauß discret, also
daß sie mich offt mehr kosteten/ als meine Beuten
werth waren/ und wann ich einem vom Gegentheil/
sonderlich den Officiern/ ob ich sie schon nicht kante/
ohne Verletzung meiner Pflicht und Herrndienst ein
Courtoisie thun konte/ unterliesse ichs nicht.

Durch solch mein Verhalten wäre ich zeitlich zu
Officien befördert worden/ wanns meine Jugend
nicht verhindert hätte/ dann welcher in solchem Alter
als ich trug/ ein Fähnlein haben wolte/ muste ein
guter von Adel seyn/ zu dem konte mich mein Haupt-
mann nicht befördern/ weil keine ledige Stellen bey
seiner Comp. waren/ und keinem andern mochte er
mich gönnen/ weil er an mir mehr als eine melckende
Kuhe verloren hätte/ doch wurde ich ein Gefreyter.
Diese Ehr/ daß ich alten Soldaten vorgezogen wur-
de/ wiewol es ein geringe Sach war/ und das Lob/
das man mir täglich verliehe/ waren gleichsam wie
Sporn/ die mich zu höhern Dingen antrieben: Jch
speculirte Tag und Nacht/ wie ich etwas anstellen
monchte/ mich noch grösser zu machen/ ja ich konte
vor solchem närrischen Nachsinnen offt nicht schlaf-
fen: Und weil ich sahe/ daß mirs an Gelegenheit

mang

Deß Abentheurl. Simpliciſſimi
halber gieng keine Partey/ keine Convoy/ noch keine
Raͤis auß deß Gegentheils Poſten/ deren Außfahrt
mir nicht zu wiſſen ward gethan/ alsdann conjectu-
ri
rt ich ihr Vorhaben/ und macht meine Anſchlaͤg
darauff/ und weil ich ſolche mehrentheils durch Bey-
ſtand deß Gluͤcks wol ins Werck ſetzte/ verwunderte
ſich jedweder uͤber meine Jugend/ ſo gar/ daß mich
auch viel Officier und brave Soldaten vom Gegen-
theil nur zu ſehen wuͤnſchten/ darneben erzeigte ich
mich gegen meinen Gefangenen uͤberauß diſcret, alſo
daß ſie mich offt mehr koſteten/ als meine Beuten
werth waren/ und wann ich einem vom Gegentheil/
ſonderlich den Officiern/ ob ich ſie ſchon nicht kante/
ohne Verletzung meiner Pflicht und Herꝛndienſt ein
Courtoiſie thun konte/ unterlieſſe ichs nicht.

Durch ſolch mein Verhalten waͤre ich zeitlich zu
Officien befoͤrdert worden/ wanns meine Jugend
nicht verhindert haͤtte/ dann welcher in ſolchem Alter
als ich trug/ ein Faͤhnlein haben wolte/ muſte ein
guter von Adel ſeyn/ zu dem konte mich mein Haupt-
mann nicht befoͤrdern/ weil keine ledige Stellen bey
ſeiner Comp. waren/ und keinem andern mochte er
mich goͤnnen/ weil er an mir mehr als eine melckende
Kuhe verloren haͤtte/ doch wurde ich ein Gefreyter.
Dieſe Ehr/ daß ich alten Soldaten vorgezogen wur-
de/ wiewol es ein geringe Sach war/ und das Lob/
das man mir taͤglich verliehe/ waren gleichſam wie
Sporn/ die mich zu hoͤhern Dingen antrieben: Jch
ſpeculirte Tag und Nacht/ wie ich etwas anſtellen
mōchte/ mich noch groͤſſer zu machen/ ja ich konte
vor ſolchem naͤrꝛiſchen Nachſinnen offt nicht ſchlaf-
fen: Und weil ich ſahe/ daß mirs an Gelegenheit

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[248/0254] Deß Abentheurl. Simpliciſſimi halber gieng keine Partey/ keine Convoy/ noch keine Raͤis auß deß Gegentheils Poſten/ deren Außfahrt mir nicht zu wiſſen ward gethan/ alsdann conjectu- rirt ich ihr Vorhaben/ und macht meine Anſchlaͤg darauff/ und weil ich ſolche mehrentheils durch Bey- ſtand deß Gluͤcks wol ins Werck ſetzte/ verwunderte ſich jedweder uͤber meine Jugend/ ſo gar/ daß mich auch viel Officier und brave Soldaten vom Gegen- theil nur zu ſehen wuͤnſchten/ darneben erzeigte ich mich gegen meinen Gefangenen uͤberauß diſcret, alſo daß ſie mich offt mehr koſteten/ als meine Beuten werth waren/ und wann ich einem vom Gegentheil/ ſonderlich den Officiern/ ob ich ſie ſchon nicht kante/ ohne Verletzung meiner Pflicht und Herꝛndienſt ein Courtoiſie thun konte/ unterlieſſe ichs nicht. Durch ſolch mein Verhalten waͤre ich zeitlich zu Officien befoͤrdert worden/ wanns meine Jugend nicht verhindert haͤtte/ dann welcher in ſolchem Alter als ich trug/ ein Faͤhnlein haben wolte/ muſte ein guter von Adel ſeyn/ zu dem konte mich mein Haupt- mann nicht befoͤrdern/ weil keine ledige Stellen bey ſeiner Comp. waren/ und keinem andern mochte er mich goͤnnen/ weil er an mir mehr als eine melckende Kuhe verloren haͤtte/ doch wurde ich ein Gefreyter. Dieſe Ehr/ daß ich alten Soldaten vorgezogen wur- de/ wiewol es ein geringe Sach war/ und das Lob/ das man mir taͤglich verliehe/ waren gleichſam wie Sporn/ die mich zu hoͤhern Dingen antrieben: Jch ſpeculirte Tag und Nacht/ wie ich etwas anſtellen mōchte/ mich noch groͤſſer zu machen/ ja ich konte vor ſolchem naͤrꝛiſchen Nachſinnen offt nicht ſchlaf- fen: Und weil ich ſahe/ daß mirs an Gelegenheit mang

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Zitationshilfe: German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669, S. 248. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_simplicissimus_1669/254>, abgerufen am 22.11.2024.