German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669.Deß Abentheurl. Simplicissimi Graben tragen sollen. Mit diesen Worten zieletensie auff mich/ dann ich wurde vor einen jungen Edel- mann bey ihnen angesehen. Solches wurd mir durch die Keller in hinderbracht/ weil ichs aber nicht selbst gehört/ konte ich anders nichts darzu thun/ als daß ich ein groß Bierglas mit Wein einschencken/ und solches auff Gesundheit aller rechtschaffenen Muß- quetierer herumb gehen/ auch jedesmal solchen Al- larm darzu machen liesse/ daß keiner sein eigen Wort hören konte; das verdroß sie noch mehr/ derowegen sagten sie offentlich: Was Teuffels haben doch die Stigelhüpffer vor ein Leben? Spring-ins-feld ant- wortet/ was gehts die Stiffelschmierer an? Das gieng ihm hin/ dann er sahe so gräßlich drein/ und machte so grausame und bedrohliche Minen/ daß sich keiner an ihn reiben dorffte. Doch stieß es ihnen wie- der auff/ und zwar einen ansehnlichen Kerl/ der sagte: Und wenn sich die Maurenscheisser auch auff ihrem Mist (er vermeynte/ wir lägen da in der Guarnison, weil unsere Kleidungen nicht so Wetterfärbig auß- sahen/ wie der jenigen Mußquetierer/ die Tag und Nacht im Feld ligen) nicht so breit machen dörfften/ wo wolten sie sich dann sehen lassen? man weiß ja wol/ daß jeder von ihnen in offenen Feldschlachten unser Raub seyn muß/ gleich wie die Daub eines jeden Stoß-Falcken! Jch antwortet ihm: Wir müssen Stätt und Vestungen einnehmen/ und solche werden uns auch zu verwahren vertrauet/ dahingegen ihr Reuter auch vor dem geringsten Ratten-Nest keinen Hund auß dem Ofen locken könnet; warumb wolten wir sich dann in dem/ was mehr unser als euer ist/ nicht dörffen lustig machen? Der Reuter antwortet/ wer
Deß Abentheurl. Simpliciſſimi Graben tragen ſollen. Mit dieſen Worten zieletenſie auff mich/ dann ich wurde vor einen jungen Edel- mann bey ihnen angeſehen. Solches wurd mir durch die Keller in hinderbracht/ weil ichs aber nicht ſelbſt gehoͤrt/ konte ich anders nichts darzu thun/ als daß ich ein groß Bierglas mit Wein einſchencken/ und ſolches auff Geſundheit aller rechtſchaffenen Muß- quetierer herumb gehen/ auch jedesmal ſolchen Al- larm darzu machen lieſſe/ daß keiner ſein eigen Wort hoͤren konte; das verdroß ſie noch mehr/ derowegen ſagten ſie offentlich: Was Teuffels haben doch die Stigelhuͤpffer vor ein Leben? Spring-ins-feld ant- wortet/ was gehts die Stiffelſchmierer an? Das gieng ihm hin/ dann er ſahe ſo graͤßlich drein/ und machte ſo grauſame und bedrohliche Minen/ daß ſich keiner an ihn reiben dorffte. Doch ſtieß es ihnen wie- der auff/ und zwar einen anſehnlichen Kerl/ der ſagte: Und wenn ſich die Maurenſcheiſſer auch auff ihrem Miſt (er vermeynte/ wir laͤgen da in der Guarniſon, weil unſere Kleidungen nicht ſo Wetterfaͤrbig auß- ſahen/ wie der jenigen Mußquetierer/ die Tag und Nacht im Feld ligen) nicht ſo breit machen doͤrfften/ wo wolten ſie ſich dann ſehen laſſen? man weiß ja wol/ daß jeder von ihnen in offenen Feldſchlachten unſer Raub ſeyn muß/ gleich wie die Daub eines jeden Stoß-Falcken! Jch antwortet ihm: Wir muͤſſen Staͤtt und Veſtungen einnehmen/ und ſolche werden uns auch zu verwahren vertrauet/ dahingegen ihr Reuter auch vor dem geringſten Ratten-Neſt keinen Hund auß dem Ofen locken koͤnnet; warumb wolten wir ſich dann in dem/ was mehr unſer als euer iſt/ nicht doͤrffen luſtig machen? Der Reuter antwortet/ wer
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Deß Abentheurl. Simpliciſſimi
Graben tragen ſollen. Mit dieſen Worten zieleten
ſie auff mich/ dann ich wurde vor einen jungen Edel-
mann bey ihnen angeſehen. Solches wurd mir durch
die Keller in hinderbracht/ weil ichs aber nicht ſelbſt
gehoͤrt/ konte ich anders nichts darzu thun/ als daß
ich ein groß Bierglas mit Wein einſchencken/ und
ſolches auff Geſundheit aller rechtſchaffenen Muß-
quetierer herumb gehen/ auch jedesmal ſolchen Al-
larm darzu machen lieſſe/ daß keiner ſein eigen Wort
hoͤren konte; das verdroß ſie noch mehr/ derowegen
ſagten ſie offentlich: Was Teuffels haben doch die
Stigelhuͤpffer vor ein Leben? Spring-ins-feld ant-
wortet/ was gehts die Stiffelſchmierer an? Das
gieng ihm hin/ dann er ſahe ſo graͤßlich drein/ und
machte ſo grauſame und bedrohliche Minen/ daß ſich
keiner an ihn reiben dorffte. Doch ſtieß es ihnen wie-
der auff/ und zwar einen anſehnlichen Kerl/ der ſagte:
Und wenn ſich die Maurenſcheiſſer auch auff ihrem
Miſt (er vermeynte/ wir laͤgen da in der Guarniſon,
weil unſere Kleidungen nicht ſo Wetterfaͤrbig auß-
ſahen/ wie der jenigen Mußquetierer/ die Tag und
Nacht im Feld ligen) nicht ſo breit machen doͤrfften/
wo wolten ſie ſich dann ſehen laſſen? man weiß ja
wol/ daß jeder von ihnen in offenen Feldſchlachten
unſer Raub ſeyn muß/ gleich wie die Daub eines jeden
Stoß-Falcken! Jch antwortet ihm: Wir muͤſſen
Staͤtt und Veſtungen einnehmen/ und ſolche werden
uns auch zu verwahren vertrauet/ dahingegen ihr
Reuter auch vor dem geringſten Ratten-Neſt keinen
Hund auß dem Ofen locken koͤnnet; warumb wolten
wir ſich dann in dem/ was mehr unſer als euer iſt/
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