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German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669.

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Deß Abentheurl. Simplicissimi
köpfft worden? das weiß ich zuvor wol/ dann das
befehlen die Gesetze/ du wirst aber keine andere als
arme und geringe Dieb haben hencken sehen/ welches
auch billich ist/ weil sie sich diser vortrefflichen Udung
haben unterfangen dörffen/ die doch niemanden als
hertzhafften Gemütern gebührt und vorbehalten ist:
Wo hastu jemals eine vornehme Stands-Persohn
durch die Justitiam straffen sehen/ umb daß sie ihr Land
zu viel beschwert habe? ja was noch mehr ist/ wird
doch kein Wucherer gestrafft/ der diese herrliche Kunst
heimlich treibt/ und zwar unter dem Deck-Mantel
Christlicher Lieb/ warumb wolte denn ich straffbar
seyn/ der ich solche offentlich/ auff gut Alt-Teutsch/
ohn einige Bemäntelung und Gleißnerey übe? Mein
lieber Simplici, du hast den Machiavellum noch nicht
gelesen; Jch bin eines recht auffrichtigen Gemüts/
und treibe diese Manier zu leben/ frey offentlich ohne
allen Scheu; Jch fechte/ und wag mein Leben da-
rüber/ wie die Alte Helden/ weiß auch/ daß die jenige
Handierungen/ dabey der so sie treibt/ in Gefahr ste-
hen muß/ zugelassen sind; weil ich denn mein Leben
in Gefahr setze/ so folgt unwidersprechlich/ daß mirs
billich und erlaubt sey/ diese Kunst zu üben.

Hierauf antwortet ich/ gesetzt/ Rauben und Ste-
len sey dir erlaubt oder nicht/ so weiß ich gleichwol/
daß es wider das Gesetz der Natur ist/ das da nicht
will/ daß einer einem andern thun solle/ das er nicht
will/ daß es ihm geschehe; So ist solche Unbilligkeit
auch wider die Weltliche Gesetz/ welche befehlen/
daß die Dieb gehenckt/ die Räuber geköpfft/ und die
Mörder geradbrecht werden sollen; Und letztlich so
ist es auch wider Gott/ so das fürnehmste ist/ weil er

keine

Deß Abentheurl. Simpliciſſimi
koͤpfft worden? das weiß ich zuvor wol/ dann das
befehlen die Geſetze/ du wirſt aber keine andere als
arme und geringe Dieb haben hencken ſehen/ welches
auch billich iſt/ weil ſie ſich diſer vortrefflichen Udung
haben unterfangen doͤrffen/ die doch niemanden als
hertzhafften Gemuͤtern gebuͤhrt und vorbehalten iſt:
Wo haſtu jemals eine vornehme Stands-Perſohn
durch die Juſtitiam ſtraffen ſehen/ umb daß ſie ihr Land
zu viel beſchwert habe? ja was noch mehr iſt/ wird
doch kein Wucherer geſtrafft/ der dieſe herꝛliche Kunſt
heimlich treibt/ und zwar unter dem Deck-Mantel
Chriſtlicher Lieb/ warumb wolte denn ich ſtraffbar
ſeyn/ der ich ſolche offentlich/ auff gut Alt-Teutſch/
ohn einige Bemaͤntelung und Gleißnerey uͤbe? Mein
lieber Simplici, du haſt den Machiavellum noch nicht
geleſen; Jch bin eines recht auffrichtigen Gemuͤts/
und treibe dieſe Manier zu leben/ frey offentlich ohne
allen Scheu; Jch fechte/ und wag mein Leben da-
ruͤber/ wie die Alte Helden/ weiß auch/ daß die jenige
Handierungen/ dabey der ſo ſie treibt/ in Gefahr ſte-
hen muß/ zugelaſſen ſind; weil ich denn mein Leben
in Gefahr ſetze/ ſo folgt unwiderſprechlich/ daß mirs
billich und erlaubt ſey/ dieſe Kunſt zu uͤben.

Hierauf antwortet ich/ geſetzt/ Rauben und Ste-
len ſey dir erlaubt oder nicht/ ſo weiß ich gleichwol/
daß es wider das Geſetz der Natur iſt/ das da nicht
will/ daß einer einem andern thun ſolle/ das er nicht
will/ daß es ihm geſchehe; So iſt ſolche Unbilligkeit
auch wider die Weltliche Geſetz/ welche befehlen/
daß die Dieb gehenckt/ die Raͤuber gekoͤpfft/ und die
Moͤrder geradbrecht werden ſollen; Und letztlich ſo
iſt es auch wider Gott/ ſo das fuͤrnehmſte iſt/ weil er

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[450/0456] Deß Abentheurl. Simpliciſſimi koͤpfft worden? das weiß ich zuvor wol/ dann das befehlen die Geſetze/ du wirſt aber keine andere als arme und geringe Dieb haben hencken ſehen/ welches auch billich iſt/ weil ſie ſich diſer vortrefflichen Udung haben unterfangen doͤrffen/ die doch niemanden als hertzhafften Gemuͤtern gebuͤhrt und vorbehalten iſt: Wo haſtu jemals eine vornehme Stands-Perſohn durch die Juſtitiam ſtraffen ſehen/ umb daß ſie ihr Land zu viel beſchwert habe? ja was noch mehr iſt/ wird doch kein Wucherer geſtrafft/ der dieſe herꝛliche Kunſt heimlich treibt/ und zwar unter dem Deck-Mantel Chriſtlicher Lieb/ warumb wolte denn ich ſtraffbar ſeyn/ der ich ſolche offentlich/ auff gut Alt-Teutſch/ ohn einige Bemaͤntelung und Gleißnerey uͤbe? Mein lieber Simplici, du haſt den Machiavellum noch nicht geleſen; Jch bin eines recht auffrichtigen Gemuͤts/ und treibe dieſe Manier zu leben/ frey offentlich ohne allen Scheu; Jch fechte/ und wag mein Leben da- ruͤber/ wie die Alte Helden/ weiß auch/ daß die jenige Handierungen/ dabey der ſo ſie treibt/ in Gefahr ſte- hen muß/ zugelaſſen ſind; weil ich denn mein Leben in Gefahr ſetze/ ſo folgt unwiderſprechlich/ daß mirs billich und erlaubt ſey/ dieſe Kunſt zu uͤben. Hierauf antwortet ich/ geſetzt/ Rauben und Ste- len ſey dir erlaubt oder nicht/ ſo weiß ich gleichwol/ daß es wider das Geſetz der Natur iſt/ das da nicht will/ daß einer einem andern thun ſolle/ das er nicht will/ daß es ihm geſchehe; So iſt ſolche Unbilligkeit auch wider die Weltliche Geſetz/ welche befehlen/ daß die Dieb gehenckt/ die Raͤuber gekoͤpfft/ und die Moͤrder geradbrecht werden ſollen; Und letztlich ſo iſt es auch wider Gott/ ſo das fuͤrnehmſte iſt/ weil er keine

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Zitationshilfe: German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669, S. 450. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_simplicissimus_1669/456>, abgerufen am 22.11.2024.