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German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669.

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seyn/ sondern hielte mich recht Stutzerisch/ alle Tag
war mirs Martins-Abend oder Faßnacht/ und weil
ich mich dergestalt hielte wie ein gemachter Herr/
und nicht nur das/ so mein Vatter zur Nothdurfft
reichlich schickte/ sondern auch meiner Mutter fette
Milchpfenning dapffer durchgehen liesse/ lockte uns
auch das Frauenzimmer an sich/ sonderlich meinen
Praeceptorem, bey diesen Schleppsäcken lernete ich
leffeln/ bulen und spielen; hadern/ balgen und schla-
gen konte ich zuvor/ und mein Praeceptor wehrte mir
das Fressen und Sauffen auch nicht/ weil er selbsten
gern mit machte. Es währte dieses herrliche Leben
anderthalb Jahr/ ehe es mein Vatter erfuhr/ welches
ihn sein Factor zu Lüttich/ bey dem wir auch anfangs
zu Kost giengen/ berichtet; der bekam hingegen Be-
felch/ auff uns genauer Achtung zu geben/ den Prae-
ceptor
n abzuschaffen/ mir den Zügel fürter hin nicht
mehr so lang zu lassen/ und mich ferner mit Geld-ge-
ben genauer zu halten. Solches verdroß uns alle
beyde/ und ob schon er Praeceptor geurlaubt wurde/
so stacken wir jedoch ein als den andern Weg Tag
und Nacht beyeinander/ demnach wir aber nit mehr
wie hiebevor spendiren konten/ geselleten wir uns zu
einer Bursch/ die den Leuten deß Nachts auff der
Gassen die Mäntel abzwacken/ oder sie gar in der
Maaß ersäufften/ was wir dann solcher gestalt mit
höchster Gefahr eroberten/ verschlemmten wir mit
unsern Huren/ und liessen das Studiren bey nahe
gantz unterwegen.

Als wir nun einsmals/ unserer Gewonheit nach/
bey der Nacht herumb schlingelten/ den Studenten
ihre Mäntel hinweg zu vulpinirn/ wurden wir über-

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Viertes Buch.
ſeyn/ ſondern hielte mich recht Stutzeriſch/ alle Tag
war mirs Martins-Abend oder Faßnacht/ und weil
ich mich dergeſtalt hielte wie ein gemachter Herꝛ/
und nicht nur das/ ſo mein Vatter zur Nothdurfft
reichlich ſchickte/ ſondern auch meiner Mutter fette
Milchpfenning dapffer durchgehen lieſſe/ lockte uns
auch das Frauenzimmer an ſich/ ſonderlich meinen
Præceptorem, bey dieſen Schleppſaͤcken lernete ich
leffeln/ bulen und ſpielen; hadern/ balgen und ſchla-
gen konte ich zuvor/ und mein Præceptor wehrte mir
das Freſſen und Sauffen auch nicht/ weil er ſelbſten
gern mit machte. Es waͤhrte dieſes herꝛliche Leben
anderthalb Jahr/ ehe es mein Vatter erfuhr/ welches
ihn ſein Factor zu Luͤttich/ bey dem wir auch anfangs
zu Koſt giengen/ berichtet; der bekam hingegen Be-
felch/ auff uns genauer Achtung zu geben/ den Præ-
ceptor
n abzuſchaffen/ mir den Zuͤgel fuͤrter hin nicht
mehr ſo lang zu laſſen/ und mich ferner mit Geld-ge-
ben genauer zu halten. Solches verdroß uns alle
beyde/ und ob ſchon er Præceptor geurlaubt wurde/
ſo ſtacken wir jedoch ein als den andern Weg Tag
und Nacht beyeinander/ demnach wir aber nit mehr
wie hiebevor ſpendiren konten/ geſelleten wir uns zu
einer Burſch/ die den Leuten deß Nachts auff der
Gaſſen die Maͤntel abzwacken/ oder ſie gar in der
Maaß erſaͤufften/ was wir dann ſolcher geſtalt mit
hoͤchſter Gefahr eroberten/ verſchlemmten wir mit
unſern Huren/ und lieſſen das Studiren bey nahe
gantz unterwegen.

Als wir nun einsmals/ unſerer Gewonheit nach/
bey der Nacht herumb ſchlingelten/ den Studenten
ihre Maͤntel hinweg zu vulpinirn/ wurden wir uͤber-

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[463/0469] Viertes Buch. ſeyn/ ſondern hielte mich recht Stutzeriſch/ alle Tag war mirs Martins-Abend oder Faßnacht/ und weil ich mich dergeſtalt hielte wie ein gemachter Herꝛ/ und nicht nur das/ ſo mein Vatter zur Nothdurfft reichlich ſchickte/ ſondern auch meiner Mutter fette Milchpfenning dapffer durchgehen lieſſe/ lockte uns auch das Frauenzimmer an ſich/ ſonderlich meinen Præceptorem, bey dieſen Schleppſaͤcken lernete ich leffeln/ bulen und ſpielen; hadern/ balgen und ſchla- gen konte ich zuvor/ und mein Præceptor wehrte mir das Freſſen und Sauffen auch nicht/ weil er ſelbſten gern mit machte. Es waͤhrte dieſes herꝛliche Leben anderthalb Jahr/ ehe es mein Vatter erfuhr/ welches ihn ſein Factor zu Luͤttich/ bey dem wir auch anfangs zu Koſt giengen/ berichtet; der bekam hingegen Be- felch/ auff uns genauer Achtung zu geben/ den Præ- ceptorn abzuſchaffen/ mir den Zuͤgel fuͤrter hin nicht mehr ſo lang zu laſſen/ und mich ferner mit Geld-ge- ben genauer zu halten. Solches verdroß uns alle beyde/ und ob ſchon er Præceptor geurlaubt wurde/ ſo ſtacken wir jedoch ein als den andern Weg Tag und Nacht beyeinander/ demnach wir aber nit mehr wie hiebevor ſpendiren konten/ geſelleten wir uns zu einer Burſch/ die den Leuten deß Nachts auff der Gaſſen die Maͤntel abzwacken/ oder ſie gar in der Maaß erſaͤufften/ was wir dann ſolcher geſtalt mit hoͤchſter Gefahr eroberten/ verſchlemmten wir mit unſern Huren/ und lieſſen das Studiren bey nahe gantz unterwegen. Als wir nun einsmals/ unſerer Gewonheit nach/ bey der Nacht herumb ſchlingelten/ den Studenten ihre Maͤntel hinweg zu vulpinirn/ wurden wir uͤber- wun- U v

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Zitationshilfe: German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669, S. 463. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_simplicissimus_1669/469>, abgerufen am 22.11.2024.