German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669.Erstes Buch. gleichen einen Schandflecken anhenckte/ ehe würdeer ehrlich sterben: Zu dem gebührt dem Adel der Vor- zug in allwege/ wie solches leg. Honor. dig. de honor. zu sehen. Joannes de Platea will außdrücklich/ daß man in Bestallung der Aempter dem Adel den Vor- zug lassen/ und die Edelleut den Plebejis schlecht soll vorziehen; ja solches ist in allen Rechten bräuchlich/ und wird in H. Schrifft bestetigt/ dann Beata terra, cujus Rex nobilis est, sagt Syrach cap. 10. welches ein herrlich Zeugnus ist deß Vorzugs/ so dem Adel ge- bührt. Und wann schon einer von euch ein guter Soldat ist/ der Pulver riechen/ und in allen Bege- benheiten treffliche Anschläg geben kan/ so ist er da- rumb nicht gleich tüchtig/ andere zu commandiren; da hingegen diese Tugend dem Adel angeborn/ oder von Jugend auff angewehnet wird. Seneca sagt: Habet hoc proprium generosus animus, quod con- Uber das hat der Adel mehr Mittel/ ihren Untergehö- Es ist kein Schwerd das schärffer schiert/ Als wenn ein Baur zum Herren wird. Hätten die Bauren durch lang-hergebrachte löbliche Gewon- C vij
Erſtes Buch. gleichen einen Schandflecken anhenckte/ ehe wuͤrdeer ehrlich ſterben: Zu dem gebuͤhrt dem Adel der Voꝛ- zug in allwege/ wie ſolches leg. Honor. dig. de honor. zu ſehen. Joannes de Platea will außdruͤcklich/ daß man in Beſtallung der Aempter dem Adel den Vor- zug laſſen/ und die Edelleut den Plebejis ſchlecht ſoll vorziehen; ja ſolches iſt in allen Rechten braͤuchlich/ und wird in H. Schrifft beſtetigt/ dann Beata terra, cujus Rex nobilis eſt, ſagt Syrach cap. 10. welches ein herꝛlich Zeugnus iſt deß Vorzugs/ ſo dem Adel ge- buͤhrt. Und wann ſchon einer von euch ein guter Soldat iſt/ der Pulver riechen/ und in allen Bege- benheiten treffliche Anſchlaͤg geben kan/ ſo iſt er da- rumb nicht gleich tuͤchtig/ andere zu commandiren; da hingegen dieſe Tugend dem Adel angeborn/ oder von Jugend auff angewehnet wird. Seneca ſagt: Habet hoc proprium generoſus animus, quod con- Uber das hat der Adel mehr Mittel/ ihren Untergehoͤ- Es iſt kein Schwerd das ſchaͤrffer ſchiert/ Als wenn ein Baur zum Herꝛen wird. Haͤtten die Bauren durch lang-hergebrachte loͤbliche Gewon- C vij
<TEI> <text> <body> <div n="2"> <p><pb facs="#f0065" n="59"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Erſtes Buch.</hi></fw><lb/> gleichen einen Schandflecken anhenckte/ ehe wuͤrde<lb/> er ehrlich ſterben: Zu dem gebuͤhrt dem Adel der Voꝛ-<lb/> zug in allwege/ wie ſolches <hi rendition="#aq">leg. Honor. dig. de honor.</hi><lb/> zu ſehen. <hi rendition="#aq">Joannes de Platea</hi> will außdruͤcklich/ daß<lb/> man in Beſtallung der Aempter dem Adel den Vor-<lb/> zug laſſen/ und die Edelleut den <hi rendition="#aq">Plebejis</hi> ſchlecht ſoll<lb/> vorziehen; ja ſolches iſt in allen Rechten braͤuchlich/<lb/> und wird in H. Schrifft beſtetigt/ dann <hi rendition="#aq">Beata terra,<lb/> cujus Rex nobilis eſt,</hi> ſagt <hi rendition="#aq">Syrach cap.</hi> 10. welches ein<lb/> herꝛlich Zeugnus iſt deß Vorzugs/ ſo dem Adel ge-<lb/> buͤhrt. Und wann ſchon einer von euch ein guter<lb/> Soldat iſt/ der Pulver riechen/ und in allen Bege-<lb/> benheiten treffliche Anſchlaͤg geben kan/ ſo iſt er da-<lb/> rumb nicht gleich tuͤchtig/ andere zu commandiren;<lb/> da hingegen dieſe Tugend dem Adel angeborn/ oder<lb/> von Jugend auff angewehnet wird. <hi rendition="#aq">Seneca</hi> ſagt:</p><lb/> <cit> <quote><hi rendition="#aq">Habet hoc proprium generoſus animus, quod con-<lb/> citatur ad honeſta, & neminem excelſi Ingenij Virum<lb/> humilia delectant, & ſordida.</hi> Welches auch <hi rendition="#aq">Fauſtus<lb/> Poëta</hi> in dieſem <hi rendition="#aq">Dyſticho exprimi</hi>rt hat:<lb/><hi rendition="#et"><hi rendition="#aq">Si te ruſticitas vilem genuiſſet agreſtis,<lb/> Nobilitas animi non foret iſta tui.</hi></hi></quote> <bibl/> </cit><lb/> <p>Uber das hat der Adel mehr Mittel/ ihren Untergehoͤ-<lb/> rigen mit Geld/ und den ſchwachen Compagnien<lb/> mit Volck zu helffen/ als ein Bauer: So ſtuͤnde es<lb/> auch nach dem gemeinen Spruͤchwort nicht fein/<lb/> wann man den Bauren uͤber den Edelmann ſetzte;<lb/> auch wuͤrden die Bauren viel zu hoffaͤrtig/ wenn man<lb/> ſie alſo ſtrack zu Herꝛen machte/ dann man ſagt:</p><lb/> <lg type="poem"> <l> <hi rendition="#fr">Es iſt kein Schwerd das ſchaͤrffer ſchiert/</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#fr">Als wenn ein Baur zum Herꝛen wird.</hi> </l> </lg><lb/> <p>Haͤtten die Bauren durch lang-hergebrachte loͤbliche<lb/> <fw place="bottom" type="sig">C vij</fw><fw place="bottom" type="catch">Gewon-</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [59/0065]
Erſtes Buch.
gleichen einen Schandflecken anhenckte/ ehe wuͤrde
er ehrlich ſterben: Zu dem gebuͤhrt dem Adel der Voꝛ-
zug in allwege/ wie ſolches leg. Honor. dig. de honor.
zu ſehen. Joannes de Platea will außdruͤcklich/ daß
man in Beſtallung der Aempter dem Adel den Vor-
zug laſſen/ und die Edelleut den Plebejis ſchlecht ſoll
vorziehen; ja ſolches iſt in allen Rechten braͤuchlich/
und wird in H. Schrifft beſtetigt/ dann Beata terra,
cujus Rex nobilis eſt, ſagt Syrach cap. 10. welches ein
herꝛlich Zeugnus iſt deß Vorzugs/ ſo dem Adel ge-
buͤhrt. Und wann ſchon einer von euch ein guter
Soldat iſt/ der Pulver riechen/ und in allen Bege-
benheiten treffliche Anſchlaͤg geben kan/ ſo iſt er da-
rumb nicht gleich tuͤchtig/ andere zu commandiren;
da hingegen dieſe Tugend dem Adel angeborn/ oder
von Jugend auff angewehnet wird. Seneca ſagt:
Habet hoc proprium generoſus animus, quod con-
citatur ad honeſta, & neminem excelſi Ingenij Virum
humilia delectant, & ſordida. Welches auch Fauſtus
Poëta in dieſem Dyſticho exprimirt hat:
Si te ruſticitas vilem genuiſſet agreſtis,
Nobilitas animi non foret iſta tui.
Uber das hat der Adel mehr Mittel/ ihren Untergehoͤ-
rigen mit Geld/ und den ſchwachen Compagnien
mit Volck zu helffen/ als ein Bauer: So ſtuͤnde es
auch nach dem gemeinen Spruͤchwort nicht fein/
wann man den Bauren uͤber den Edelmann ſetzte;
auch wuͤrden die Bauren viel zu hoffaͤrtig/ wenn man
ſie alſo ſtrack zu Herꝛen machte/ dann man ſagt:
Es iſt kein Schwerd das ſchaͤrffer ſchiert/
Als wenn ein Baur zum Herꝛen wird.
Haͤtten die Bauren durch lang-hergebrachte loͤbliche
Gewon-
C vij
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_simplicissimus_1669 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_simplicissimus_1669/65 |
Zitationshilfe: | German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669, S. 59. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_simplicissimus_1669/65>, abgerufen am 16.02.2025. |