German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669.Deß Abentheurl. Simplicissimi stigkeit er kurtz vor seinem Todt mich ihme Pfarrernrecommendirt/ und bekennet hätte/ daß er mich so sehr als sein eigen Kind liebe. Dieses kützelt mich dermassen in Ohren/ daß mich anders
Deß Abentheurl. Simpliciſſimi ſtigkeit er kurtz vor ſeinem Todt mich ihme Pfarꝛernrecommendirt/ und bekennet haͤtte/ daß er mich ſo ſehr als ſein eigen Kind liebe. Dieſes kuͤtzelt mich dermaſſen in Ohren/ daß mich anders
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Deß Abentheurl. Simpliciſſimi
ſtigkeit er kurtz vor ſeinem Todt mich ihme Pfarꝛern
recommendirt/ und bekennet haͤtte/ daß er mich ſo
ſehr als ſein eigen Kind liebe.
Dieſes kuͤtzelt mich dermaſſen in Ohren/ daß mich
beduͤnckte/ ich haͤtte ſchon Ergoͤtzlichkeit genug vor
alles das jenige empfangen/ das ich je bey dem Ein-
ſidel außgeſtanden. Der Gouverneur fragte/ ob ſein
ſeel. Schwager nicht gewuſt haͤtte/ daß er der Zeit
in Hanau commandire? Freylich/ antwortet der
Pfarꝛer/ ich habs ihm ſelbſt geſagt; Er hat es aber
(zwar mit einem froͤlichen Geſicht und kleinem laͤch-
len) ſo kaltſinnig angehoͤrt/ als ob er niemals keinen
Ramſay gekennt haͤtte/ alſo daß ich mich noch/ wenn
ich der Sach nachdencke/ uͤber dieſes Manns Beſtaͤn-
digkeit und veſten Vorſatz verwundern muß/ wie er
nemlich uͤbers Hertz bringen koͤnnen/ nicht allein der
Welt abzuſagen/ ſondern auch ſeinen beſten Freund/
den er doch in der Naͤhe hatte/ ſo gar auß dem Sinn
zu ſchlagen! Dem Gouverneur, der ſonſt kein waͤich-
hertzig Weiber-Gemuͤt hatte/ ſondern ein dapfferer
heroiſcher Soldat war/ ſtunden die Augen voll Waſ-
ſer: Er ſagte/ haͤtte ich gewuͤſt/ daß er noch im Le-
ben/ und wo er anzutreffen geweſt waͤre/ ſo wolte ich
ihn auch wider ſeinen Willen haben zu mir holen
laſſen/ damit ich ihm ſeine Gutthaten haͤtte erwie-
dern koͤnnen/ weil mirs aber das Gluͤck mißgoͤnnet/
als will ich an ſeiner ſtatt ſeinen Simplicium verſor-
gen: Ach! ſagte er weiters/ der redliche Cavallier
hat wol Urſach gehabt/ ſeine ſchwangere Gemahlin
zu beklagen/ dann ſie iſt von einer Partey Kaͤiſerl.
Reuter im Nachhauen/ und zwar auch im Speſſert
gefangen woꝛden. Als ich ſolches erfahren/ und nichts
anders
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