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German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669.

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Erstes Buch.
ben: Jch fragte ihn/ was ihm denn damals GOtt
selbst gewest wäre/ der ihm solche Insecta zu seinem
Auffenthalt beschehrt hätte? Der Tropff aber wuste
nichts zu antworten/ und ich muste mich umb so viel
desto mehr verwundern/ weil ich noch nirgends gele-
sen/ daß die Alte abgöttische Egyptier/ noch die Neu-
lichste Americaner/ jemals dergleichen Ungeziefer
vor Gott außgeschryen/ wie dieser Geck thäte.

Jch kam einsmals mit einem vornehmen Herrn
in eine Kunst-Kammer/ darinnen schöne Raritäten wa-
ren/ unter den Gemählden gefiele mir nichts besser/
als ein Ecce Homo! wegen seiner erbärmlichen Dar-
stellung/ mit welcher es die Anschauer gleichsam
zum Mitleiden verzuckte; darneben hienge eine pa-
pierne Charte in China gemahlt/ darauff stunden der
Chineser Adgötter in ihrer Majestät sitzend/ deren
theils wie die Teuffel gestaltet waren/ der Herr im
Hauß fragte mich/ welches Stück in seiner Kunst-
Kammer mir am besten gefiele? Jch deutet auff be-
sagtes Ecce Homo, Er aber sagte/ ich irre mich/ das
Chineser Gemähld wäre rarer/ und dahero auch
kösilicher/ er wolte es nicht umb zehen solcher Ecce
Homo
manglen: Jch antwortet/ Herr/ ist euer Hertz
wie euer Mund? Er sagt/ ich versehe michs; Da-
rauff sagte ich: So ist auch euers Hertzen Gott der
jenige/ dessen Conterfait ihr mit dem Mund beken-
net/ das köstlichste zu seyn: Phantast/ sagt jener/
ich aestimire die Rarität! Jch antwortet/ was ist sel-
tener und verwunderns würdiger/ als daß GOttes
Sohn selbst unsert wegen gelitten/ wie uns diß
Bildnus vorstellt?

Das

Erſtes Buch.
ben: Jch fragte ihn/ was ihm denn damals GOtt
ſelbſt geweſt waͤre/ der ihm ſolche Inſecta zu ſeinem
Auffenthalt beſchehrt haͤtte? Der Tropff aber wuſte
nichts zu antworten/ und ich muſte mich umb ſo viel
deſto mehr verwundern/ weil ich noch nirgends gele-
ſen/ daß die Alte abgoͤttiſche Egyptier/ noch die Neu-
lichſte Americaner/ jemals dergleichen Ungeziefer
vor Gott außgeſchryen/ wie dieſer Geck thaͤte.

Jch kam einsmals mit einem vornehmen Herꝛn
in eine Kunſt-Kam̃er/ darinnen ſchoͤne Raritaͤten wa-
ren/ unter den Gemaͤhlden gefiele mir nichts beſſer/
als ein Ecce Homo! wegen ſeiner erbaͤrmlichen Dar-
ſtellung/ mit welcher es die Anſchauer gleichſam
zum Mitleiden verzuckte; darneben hienge eine pa-
pierne Charte in China gemahlt/ darauff ſtunden der
Chineſer Adgoͤtter in ihrer Majeſtaͤt ſitzend/ deren
theils wie die Teuffel geſtaltet waren/ der Herꝛ im
Hauß fragte mich/ welches Stuͤck in ſeiner Kunſt-
Kammer mir am beſten gefiele? Jch deutet auff be-
ſagtes Ecce Homo, Er aber ſagte/ ich irꝛe mich/ das
Chineſer Gemaͤhld waͤre rarer/ und dahero auch
koͤſilicher/ er wolte es nicht umb zehen ſolcher Ecce
Homo
manglen: Jch antwortet/ Herꝛ/ iſt euer Hertz
wie euer Mund? Er ſagt/ ich verſehe michs; Da-
rauff ſagte ich: So iſt auch euers Hertzen Gott der
jenige/ deſſen Conterfait ihr mit dem Mund beken-
net/ das koͤſtlichſte zu ſeyn: Phantaſt/ ſagt jener/
ich æſtimire die Raritaͤt! Jch antwortet/ was iſt ſel-
tener und verwunderns wuͤrdiger/ als daß GOttes
Sohn ſelbſt unſert wegen gelitten/ wie uns diß
Bildnus vorſtellt?

Das
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[89/0095] Erſtes Buch. ben: Jch fragte ihn/ was ihm denn damals GOtt ſelbſt geweſt waͤre/ der ihm ſolche Inſecta zu ſeinem Auffenthalt beſchehrt haͤtte? Der Tropff aber wuſte nichts zu antworten/ und ich muſte mich umb ſo viel deſto mehr verwundern/ weil ich noch nirgends gele- ſen/ daß die Alte abgoͤttiſche Egyptier/ noch die Neu- lichſte Americaner/ jemals dergleichen Ungeziefer vor Gott außgeſchryen/ wie dieſer Geck thaͤte. Jch kam einsmals mit einem vornehmen Herꝛn in eine Kunſt-Kam̃er/ darinnen ſchoͤne Raritaͤten wa- ren/ unter den Gemaͤhlden gefiele mir nichts beſſer/ als ein Ecce Homo! wegen ſeiner erbaͤrmlichen Dar- ſtellung/ mit welcher es die Anſchauer gleichſam zum Mitleiden verzuckte; darneben hienge eine pa- pierne Charte in China gemahlt/ darauff ſtunden der Chineſer Adgoͤtter in ihrer Majeſtaͤt ſitzend/ deren theils wie die Teuffel geſtaltet waren/ der Herꝛ im Hauß fragte mich/ welches Stuͤck in ſeiner Kunſt- Kammer mir am beſten gefiele? Jch deutet auff be- ſagtes Ecce Homo, Er aber ſagte/ ich irꝛe mich/ das Chineſer Gemaͤhld waͤre rarer/ und dahero auch koͤſilicher/ er wolte es nicht umb zehen ſolcher Ecce Homo manglen: Jch antwortet/ Herꝛ/ iſt euer Hertz wie euer Mund? Er ſagt/ ich verſehe michs; Da- rauff ſagte ich: So iſt auch euers Hertzen Gott der jenige/ deſſen Conterfait ihr mit dem Mund beken- net/ das koͤſtlichſte zu ſeyn: Phantaſt/ ſagt jener/ ich æſtimire die Raritaͤt! Jch antwortet/ was iſt ſel- tener und verwunderns wuͤrdiger/ als daß GOttes Sohn ſelbſt unſert wegen gelitten/ wie uns diß Bildnus vorſtellt? Das

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Zitationshilfe: German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_simplicissimus_1669/95>, abgerufen am 24.11.2024.