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Samuel Greifnson vom Hirschfeld [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Exempel Der unveränderlichen Vorsehung Gottes. [Nürnberg], 1667.

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verändert verbliebe/ erzeigte sich auch
dißfalls gantz kaltsinnnig; und ließ sich
ansehen als wann er nicht daß geringste
von ihrem Anligen merckte; Sie aber
gedachte bey ihr selbst/ dieser Mensch
thut wie ein Stockfisch/ dem gleich gilt/
ob man ihn klopfft oder in Rofenwasser
einweichet/ weil sein Sinn Knechtisch
und deß Befehlens gewohnt ist; besorg-
te derowegen/ wann sie anders etwas
von ihm geniessen wolte/ so müste sie
ihm auch mit austrücklichen Worten
anbefehlen/ das er sie lieben und um-
fahen solte/ warvor sie sich noch zur Zeit
schämte; aber die Lieb lernte sie hernach
noch wohl andere Griff/ damit sie doch
gleichwohl nichts ausrichtete; indessen
geried ihr Hertz je länger je mehr in völli-
ge Liebesflammen/ welche sie nicht mehr
zuertragen: Geschweige zuverbergen ver-
mochte; spinntisirt derohalben auff alle
Mittel und Weg/ wie sie die Sach am
schlauesten angehen solte/ damit sie zu
ihrem Zweck gelangen könnte.

Zuvorderist wolte sie sich ihres Ehe-

herrn

veraͤndert verbliebe/ erzeigte ſich auch
dißfalls gantz kaltſinnnig; und ließ ſich
anſehen als wann er nicht daß geringſte
von ihrem Anligen merckte; Sie aber
gedachte bey ihr ſelbſt/ dieſer Menſch
thut wie ein Stockfiſch/ dem gleich gilt/
ob man ihn klopfft oder in Rofenwaſſer
einweichet/ weil ſein Sinn Knechtiſch
und deß Befehlens gewohnt iſt; beſorg-
te derowegen/ wann ſie anders etwas
von ihm genieſſen wolte/ ſo muͤſte ſie
ihm auch mit austruͤcklichen Worten
anbefehlen/ das er ſie lieben und um-
fahen ſolte/ warvor ſie ſich noch zur Zeit
ſchaͤmte; aber die Lieb lernte ſie hernach
noch wohl andere Griff/ damit ſie doch
gleichwohl nichts ausrichtete; indeſſen
geried ihr Hertz je laͤnger je mehr in voͤlli-
ge Liebesflammen/ welche ſie nicht mehr
zuertragen: Geſchweige zuverbergen ver-
mochte; ſpinntiſirt derohalben auff alle
Mittel und Weg/ wie ſie die Sach am
ſchlaueſten angehen ſolte/ damit ſie zu
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Zuvorderiſt wolte ſie ſich ihres Ehe-

herrn
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[70.[70]/0074] veraͤndert verbliebe/ erzeigte ſich auch dißfalls gantz kaltſinnnig; und ließ ſich anſehen als wann er nicht daß geringſte von ihrem Anligen merckte; Sie aber gedachte bey ihr ſelbſt/ dieſer Menſch thut wie ein Stockfiſch/ dem gleich gilt/ ob man ihn klopfft oder in Rofenwaſſer einweichet/ weil ſein Sinn Knechtiſch und deß Befehlens gewohnt iſt; beſorg- te derowegen/ wann ſie anders etwas von ihm genieſſen wolte/ ſo muͤſte ſie ihm auch mit austruͤcklichen Worten anbefehlen/ das er ſie lieben und um- fahen ſolte/ warvor ſie ſich noch zur Zeit ſchaͤmte; aber die Lieb lernte ſie hernach noch wohl andere Griff/ damit ſie doch gleichwohl nichts ausrichtete; indeſſen geried ihr Hertz je laͤnger je mehr in voͤlli- ge Liebesflammen/ welche ſie nicht mehr zuertragen: Geſchweige zuverbergen ver- mochte; ſpinntiſirt derohalben auff alle Mittel und Weg/ wie ſie die Sach am ſchlaueſten angehen ſolte/ damit ſie zu ihrem Zweck gelangen koͤnnte. Zuvorderiſt wolte ſie ſich ihres Ehe- herrn

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Zitationshilfe: Samuel Greifnson vom Hirschfeld [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Exempel Der unveränderlichen Vorsehung Gottes. [Nürnberg], 1667, S. 70.[70]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_vorsehung_1667/74>, abgerufen am 21.11.2024.