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Samuel Greifnson vom Hirschfeld [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Exempel Der unveränderlichen Vorsehung Gottes. [Nürnberg], 1667.

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weil sie nichts anders als Recht thun
kan/ und von allen Lastern so weit als
die helle Sonn von der Erden entfer-
net ist; ja Joseph! du hast recht/ und
deiner Tugend gemeß geredet/ als du
mich des Eyds den ich meinem Gemahl
geschworen/ erinnerste; du hast wohl ge-
betten/ als du begehrtest/ ich solte dich
in deiner Tugend verharren lassen; A-
ber ach allerliebster Joseph; wie gehets
aber mir armen Weib in dessen? Ach!
gedencke doch das diß kein Lob der Tu-
gend seyn wird/ wann man von dir sagt/
du habest ein schwaches Weibsbild ge-
tödtet! Aber doch will ich lieber sterben/
dieweil du es so haben wilst/ als ohne
Geniessung deiner Lieb noch länger le-
ben; Kaum hatte sie diese Meinung ge-
red/ da kame sie wider auff ein andern
Schrod/ was! Tugenden? Sagte sie/
gehorsam solt sein gröste Tugend seyn
damit er mir verbunden ist: Aber sein
Ungehorsam/ und daß darmit man
unschuldige Leut ermordet/ seynd keine
Tugenden; Dieser Mörder verwundet

zuvor
E

weil ſie nichts anders als Recht thun
kan/ und von allen Laſtern ſo weit als
die helle Sonn von der Erden entfer-
net iſt; ja Joſeph! du haſt recht/ und
deiner Tugend gemeß geredet/ als du
mich des Eyds den ich meinem Gemahl
geſchworen/ erinnerſte; du haſt wohl ge-
betten/ als du begehrteſt/ ich ſolte dich
in deiner Tugend verharren laſſen; A-
ber ach allerliebſter Joſeph; wie gehets
aber mir armen Weib in deſſen? Ach!
gedencke doch das diß kein Lob der Tu-
gend ſeyn wird/ wann man von dir ſagt/
du habeſt ein ſchwaches Weibsbild ge-
toͤdtet! Aber doch will ich lieber ſterben/
dieweil du es ſo haben wilſt/ als ohne
Genieſſung deiner Lieb noch laͤnger le-
ben; Kaum hatte ſie dieſe Meinung ge-
red/ da kame ſie wider auff ein andern
Schrod/ was! Tugenden? Sagte ſie/
gehorſam ſolt ſein groͤſte Tugend ſeyn
damit er mir verbunden iſt: Aber ſein
Ungehorſam/ und daß darmit man
unſchuldige Leut ermordet/ ſeynd keine
Tugenden; Dieſer Moͤrder verwundet

zuvor
E
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[93.[93]/0097] weil ſie nichts anders als Recht thun kan/ und von allen Laſtern ſo weit als die helle Sonn von der Erden entfer- net iſt; ja Joſeph! du haſt recht/ und deiner Tugend gemeß geredet/ als du mich des Eyds den ich meinem Gemahl geſchworen/ erinnerſte; du haſt wohl ge- betten/ als du begehrteſt/ ich ſolte dich in deiner Tugend verharren laſſen; A- ber ach allerliebſter Joſeph; wie gehets aber mir armen Weib in deſſen? Ach! gedencke doch das diß kein Lob der Tu- gend ſeyn wird/ wann man von dir ſagt/ du habeſt ein ſchwaches Weibsbild ge- toͤdtet! Aber doch will ich lieber ſterben/ dieweil du es ſo haben wilſt/ als ohne Genieſſung deiner Lieb noch laͤnger le- ben; Kaum hatte ſie dieſe Meinung ge- red/ da kame ſie wider auff ein andern Schrod/ was! Tugenden? Sagte ſie/ gehorſam ſolt ſein groͤſte Tugend ſeyn damit er mir verbunden iſt: Aber ſein Ungehorſam/ und daß darmit man unſchuldige Leut ermordet/ ſeynd keine Tugenden; Dieſer Moͤrder verwundet zuvor E

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Zitationshilfe: Samuel Greifnson vom Hirschfeld [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Exempel Der unveränderlichen Vorsehung Gottes. [Nürnberg], 1667, S. 93.[93]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_vorsehung_1667/97>, abgerufen am 21.11.2024.