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Grosse, Julius: Vetter Isidor. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 20. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 103–236. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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Rücksicht genommen, Schonung angedeihen lassen, aber jetzt ist dem Faß der Boden ausgeschlagen!

Der Angriff des "alten Schweden" war so jäh und heftig, daß die brave Frau Conrectorin ganz aus dem Concept gebracht war; lange rang sie nach Athem und faltete die Hände, endlich gewann sie wieder Stimme.

Heilige Mutter Gottes, stehen wir schon so? -- Thun Sie was Ihnen beliebt, Herr General; rufen Sie auch die Polizei, dann wird sich zeigen, wer daran Schuld ist, wenn wirklich ein Unglück geschehen ist!

Unglück? Kreuz Bataillon! was wollen Sie damit sagen?

Aber nun waren die Schleusen der weiblichen Beredsamkeit geöffnet, und mit unaufhaltsamem Ergusse strömte die aufgestaute Empörung über.

O man hat auch seine fünf Sinne, Herr Nachbar, schloß sie die zornige Rede, und es ist nichts so fein gesponnen, daß es nicht käme ans Licht der Sonnen. O, man weiß es recht gut -- die ganze Nachbarschaft weiß es, wie Sie die arme Waise malträtiren und behandeln, daß es eine Schande ist. Rufen Sie nur die Polizei, ich werde auch Zeugen finden und ehrliche Leute. Glauben Sie, man hat keine Ohren, oder man klappt sie zu, wenn drüben das Gepolter losgeht? Alle Abende fast hab' ich es hören müssen, und wenn einer hätte nachschreiben können, so hätte er das schönste Protocoll. Ja, ja, ja, Herr General, wir wissen Alles: wie Sie es waren, der schon den Herrn Heister nicht in die Familie

Rücksicht genommen, Schonung angedeihen lassen, aber jetzt ist dem Faß der Boden ausgeschlagen!

Der Angriff des „alten Schweden“ war so jäh und heftig, daß die brave Frau Conrectorin ganz aus dem Concept gebracht war; lange rang sie nach Athem und faltete die Hände, endlich gewann sie wieder Stimme.

Heilige Mutter Gottes, stehen wir schon so? — Thun Sie was Ihnen beliebt, Herr General; rufen Sie auch die Polizei, dann wird sich zeigen, wer daran Schuld ist, wenn wirklich ein Unglück geschehen ist!

Unglück? Kreuz Bataillon! was wollen Sie damit sagen?

Aber nun waren die Schleusen der weiblichen Beredsamkeit geöffnet, und mit unaufhaltsamem Ergusse strömte die aufgestaute Empörung über.

O man hat auch seine fünf Sinne, Herr Nachbar, schloß sie die zornige Rede, und es ist nichts so fein gesponnen, daß es nicht käme ans Licht der Sonnen. O, man weiß es recht gut — die ganze Nachbarschaft weiß es, wie Sie die arme Waise malträtiren und behandeln, daß es eine Schande ist. Rufen Sie nur die Polizei, ich werde auch Zeugen finden und ehrliche Leute. Glauben Sie, man hat keine Ohren, oder man klappt sie zu, wenn drüben das Gepolter losgeht? Alle Abende fast hab' ich es hören müssen, und wenn einer hätte nachschreiben können, so hätte er das schönste Protocoll. Ja, ja, ja, Herr General, wir wissen Alles: wie Sie es waren, der schon den Herrn Heister nicht in die Familie

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[0109] Rücksicht genommen, Schonung angedeihen lassen, aber jetzt ist dem Faß der Boden ausgeschlagen! Der Angriff des „alten Schweden“ war so jäh und heftig, daß die brave Frau Conrectorin ganz aus dem Concept gebracht war; lange rang sie nach Athem und faltete die Hände, endlich gewann sie wieder Stimme. Heilige Mutter Gottes, stehen wir schon so? — Thun Sie was Ihnen beliebt, Herr General; rufen Sie auch die Polizei, dann wird sich zeigen, wer daran Schuld ist, wenn wirklich ein Unglück geschehen ist! Unglück? Kreuz Bataillon! was wollen Sie damit sagen? Aber nun waren die Schleusen der weiblichen Beredsamkeit geöffnet, und mit unaufhaltsamem Ergusse strömte die aufgestaute Empörung über. O man hat auch seine fünf Sinne, Herr Nachbar, schloß sie die zornige Rede, und es ist nichts so fein gesponnen, daß es nicht käme ans Licht der Sonnen. O, man weiß es recht gut — die ganze Nachbarschaft weiß es, wie Sie die arme Waise malträtiren und behandeln, daß es eine Schande ist. Rufen Sie nur die Polizei, ich werde auch Zeugen finden und ehrliche Leute. Glauben Sie, man hat keine Ohren, oder man klappt sie zu, wenn drüben das Gepolter losgeht? Alle Abende fast hab' ich es hören müssen, und wenn einer hätte nachschreiben können, so hätte er das schönste Protocoll. Ja, ja, ja, Herr General, wir wissen Alles: wie Sie es waren, der schon den Herrn Heister nicht in die Familie

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T10:31:15Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T10:31:15Z)

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Zitationshilfe: Grosse, Julius: Vetter Isidor. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 20. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 103–236. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grosse_isidor_1910/109>, abgerufen am 27.11.2024.