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Grosse, Julius: Vetter Isidor. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 20. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 103–236. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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Sie werden schon noch daran glauben lernen, Frau Conrectorin.

Was in aller Welt, Vetterchen?

Daß man nicht ohne Eindruck auf dieses himmlische Frauengemüth geblieben ist -- Sie hat mir auch geantwortet.

Geantwortet! Vetter, entweder Sie sind nicht bei Sinnen, oder Frau Julia hat den Kopf verloren -- übrigens, was liegt an einer Antwort? Sie wird Sie schon in Ihre Schranken zurückgewiesen haben --

Sie belieben sich seltsam auszudrücken, Frau Conrectorin. Der Brief ist so wie ich vermuthete und erwartete, hier lesen Sie selbst -- und er zog ein zerknittertes Blättchen aus seinem dicken Notizbuch, das er aus der Brusttasche des Frackes nahm. Die Frau Conrectorin mußte wieder lachen, als sie sah, daß er dies Heiligthum "auf dem Herzen" trug und sie las:

"Verehrter Herr! Wiederholt muß ich Sie bitten, eine Unglückliche nicht zu verfolgen, die ihr letztes Asyl verlöre, wenn es jemals ihren Verwandten bekannt würde, daß sie so unvorsichtig gewesen, mit einem Fremden zusammenzutreffen. Sie haben sich zwar in den Schranken des Anstandes gehalten, und diese Zartheit hatte bereits mein Vertrauen gewonnen. Seit ich jedoch erfahren mußte, daß Sie mich bis in meine Wohnung verfolgen, seit ich vermuthen darf, daß Sie nun die traurige Lage, in der ich mich befinde, in ihrem ganzen Umfange kennen, muß ich darauf verzichten, Sie wieder-

Sie werden schon noch daran glauben lernen, Frau Conrectorin.

Was in aller Welt, Vetterchen?

Daß man nicht ohne Eindruck auf dieses himmlische Frauengemüth geblieben ist — Sie hat mir auch geantwortet.

Geantwortet! Vetter, entweder Sie sind nicht bei Sinnen, oder Frau Julia hat den Kopf verloren — übrigens, was liegt an einer Antwort? Sie wird Sie schon in Ihre Schranken zurückgewiesen haben —

Sie belieben sich seltsam auszudrücken, Frau Conrectorin. Der Brief ist so wie ich vermuthete und erwartete, hier lesen Sie selbst — und er zog ein zerknittertes Blättchen aus seinem dicken Notizbuch, das er aus der Brusttasche des Frackes nahm. Die Frau Conrectorin mußte wieder lachen, als sie sah, daß er dies Heiligthum „auf dem Herzen“ trug und sie las:

„Verehrter Herr! Wiederholt muß ich Sie bitten, eine Unglückliche nicht zu verfolgen, die ihr letztes Asyl verlöre, wenn es jemals ihren Verwandten bekannt würde, daß sie so unvorsichtig gewesen, mit einem Fremden zusammenzutreffen. Sie haben sich zwar in den Schranken des Anstandes gehalten, und diese Zartheit hatte bereits mein Vertrauen gewonnen. Seit ich jedoch erfahren mußte, daß Sie mich bis in meine Wohnung verfolgen, seit ich vermuthen darf, daß Sie nun die traurige Lage, in der ich mich befinde, in ihrem ganzen Umfange kennen, muß ich darauf verzichten, Sie wieder-

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T10:31:15Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
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Zitationshilfe: Grosse, Julius: Vetter Isidor. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 20. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 103–236. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grosse_isidor_1910/58>, abgerufen am 04.12.2024.