Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gruber, Johann Sebastian: Examen Fortificatorium oder Gründlicher Unterricht von der Theoria und Praxi Der heutigen Kriegs-Bau-Kunst. Leipzig, 1703.

Bild:
<< vorherige Seite

Vorrede.
es sey mit der Feder/ oder Schauffel zu praesti-
ren; denn eine gute Theorie kömmt aus der
Praxi, und muß solche schlechter Dings aus der
langen Erfahrenheit ihren Ursprung nehmen/
weil sonst ihre Reguln aus blosser Einbildung
könten falsch und betrüglichen seyn; in der Praxi
aber alleine ohne gewisse Haupt-Reguln und
Maximen kan man auch nicht fortkommen/
weil man doch ein versichertes Fundament ha-
ben muß/ wornach man sich richten/ und sein
Werck raisonnabel in der That ausführen soll.
Weil nun ein blosser Theoreticus, so nur Scien-
tiam speculativam
in der Fortification hat/ ob
er gleich sonst gelehrt/ und in der Geometrie
wohl erfahren ist; noch ein blosser Practicus,
welcher niemahls nach den ordentlichen und
wahren Maximen der Kriegs-Bau-Kunst fun-
damental
unterwiesen worden/ er mag sonst auch
gleich studiret haben/ oder nicht/ und die Geome-
trie taliter, qualiter
verstehen/ die Theorie
und Praxin, als zwey Haupt- und essential-
Stücke der Fortification nicht mit einander zu-
gleich besitzen/ und nicht verstehen/ so wird ein
ieder/ der nur eine gesunde Vernunfft hat/ aus
diesem leicht schliessen/ und recht urtheilen müs-
sen/ daß nur diejenigen am capabelsten sind/ die
Fortification in allen ihren Stücken zu profiti-

ren/

Vorrede.
es ſey mit der Feder/ oder Schauffel zu præſti-
ren; denn eine gute Theorie koͤmmt aus der
Praxi, und muß ſolche ſchlechter Dings aus der
langen Erfahrenheit ihren Urſprung nehmen/
weil ſonſt ihre Reguln aus bloſſer Einbildung
koͤnten falſch und betruͤglichen ſeyn; in der Praxi
aber alleine ohne gewiſſe Haupt-Reguln und
Maximen kan man auch nicht fortkommen/
weil man doch ein verſichertes Fundament ha-
ben muß/ wornach man ſich richten/ und ſein
Werck raiſonnabel in der That ausfuͤhren ſoll.
Weil nun ein bloſſer Theoreticus, ſo nur Scien-
tiam ſpeculativam
in der Fortification hat/ ob
er gleich ſonſt gelehrt/ und in der Geometrie
wohl erfahren iſt; noch ein bloſſer Practicus,
welcher niemahls nach den ordentlichen und
wahren Maximen der Kriegs-Bau-Kunſt fun-
damental
unterwieſen worden/ er mag ſonſt auch
gleich ſtudiret haben/ oder nicht/ und die Geome-
trie taliter, qualiter
verſtehen/ die Theorie
und Praxin, als zwey Haupt- und eſſential-
Stuͤcke der Fortification nicht mit einander zu-
gleich beſitzen/ und nicht verſtehen/ ſo wird ein
ieder/ der nur eine geſunde Vernunfft hat/ aus
dieſem leicht ſchlieſſen/ und recht urtheilen muͤſ-
ſen/ daß nur diejenigen am capabelſten ſind/ die
Fortification in allen ihren Stuͤcken zu profiti-

ren/
<TEI>
  <text>
    <front>
      <div type="preface" n="1">
        <p><pb facs="#f0020"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Vorrede.</hi></fw><lb/>
es &#x017F;ey mit der Feder/ oder Schauffel zu <hi rendition="#aq">præ&#x017F;ti-</hi><lb/>
ren; denn eine gute <hi rendition="#aq">Theorie</hi> ko&#x0364;mmt aus der<lb/><hi rendition="#aq">Praxi,</hi> und muß &#x017F;olche &#x017F;chlechter Dings aus der<lb/>
langen Erfahrenheit ihren Ur&#x017F;prung nehmen/<lb/>
weil &#x017F;on&#x017F;t ihre Reguln aus blo&#x017F;&#x017F;er Einbildung<lb/>
ko&#x0364;nten fal&#x017F;ch und betru&#x0364;glichen &#x017F;eyn; in der <hi rendition="#aq">Praxi</hi><lb/>
aber alleine ohne gewi&#x017F;&#x017F;e Haupt-Reguln und<lb/><hi rendition="#aq">Maxim</hi>en kan man auch nicht fortkommen/<lb/>
weil man doch ein ver&#x017F;ichertes <hi rendition="#aq">Fundament</hi> ha-<lb/>
ben muß/ wornach man &#x017F;ich richten/ und &#x017F;ein<lb/>
Werck <hi rendition="#aq">rai&#x017F;onnabel</hi> in der That ausfu&#x0364;hren &#x017F;oll.<lb/>
Weil nun ein blo&#x017F;&#x017F;er <hi rendition="#aq">Theoreticus,</hi> &#x017F;o nur <hi rendition="#aq">Scien-<lb/>
tiam &#x017F;peculativam</hi> in der <hi rendition="#aq">Fortification</hi> hat/ ob<lb/>
er gleich &#x017F;on&#x017F;t gelehrt/ und in der <hi rendition="#aq">Geometrie</hi><lb/>
wohl erfahren i&#x017F;t; noch ein blo&#x017F;&#x017F;er <hi rendition="#aq">Practicus,</hi><lb/>
welcher niemahls nach den ordentlichen und<lb/>
wahren <hi rendition="#aq">Maxim</hi>en der Kriegs-Bau-Kun&#x017F;t <hi rendition="#aq">fun-<lb/>
damental</hi> unterwie&#x017F;en worden/ er mag &#x017F;on&#x017F;t auch<lb/>
gleich &#x017F;tudiret haben/ oder nicht/ und die <hi rendition="#aq">Geome-<lb/>
trie taliter, qualiter</hi> ver&#x017F;tehen/ die <hi rendition="#aq">Theorie</hi><lb/>
und <hi rendition="#aq">Praxin,</hi> als zwey Haupt- und <hi rendition="#aq">e&#x017F;&#x017F;ential-</hi><lb/>
Stu&#x0364;cke der <hi rendition="#aq">Fortification</hi> nicht mit einander zu-<lb/>
gleich be&#x017F;itzen/ und nicht ver&#x017F;tehen/ &#x017F;o wird ein<lb/>
ieder/ der nur eine ge&#x017F;unde Vernunfft hat/ aus<lb/>
die&#x017F;em leicht &#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;en/ und recht urtheilen mu&#x0364;&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en/ daß nur diejenigen am <hi rendition="#aq">capabel</hi>&#x017F;ten &#x017F;ind/ die<lb/><hi rendition="#aq">Fortification</hi> in allen ihren Stu&#x0364;cken zu <hi rendition="#aq">profiti-</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ren/</fw><lb/></p>
      </div>
    </front>
  </text>
</TEI>
[0020] Vorrede. es ſey mit der Feder/ oder Schauffel zu præſti- ren; denn eine gute Theorie koͤmmt aus der Praxi, und muß ſolche ſchlechter Dings aus der langen Erfahrenheit ihren Urſprung nehmen/ weil ſonſt ihre Reguln aus bloſſer Einbildung koͤnten falſch und betruͤglichen ſeyn; in der Praxi aber alleine ohne gewiſſe Haupt-Reguln und Maximen kan man auch nicht fortkommen/ weil man doch ein verſichertes Fundament ha- ben muß/ wornach man ſich richten/ und ſein Werck raiſonnabel in der That ausfuͤhren ſoll. Weil nun ein bloſſer Theoreticus, ſo nur Scien- tiam ſpeculativam in der Fortification hat/ ob er gleich ſonſt gelehrt/ und in der Geometrie wohl erfahren iſt; noch ein bloſſer Practicus, welcher niemahls nach den ordentlichen und wahren Maximen der Kriegs-Bau-Kunſt fun- damental unterwieſen worden/ er mag ſonſt auch gleich ſtudiret haben/ oder nicht/ und die Geome- trie taliter, qualiter verſtehen/ die Theorie und Praxin, als zwey Haupt- und eſſential- Stuͤcke der Fortification nicht mit einander zu- gleich beſitzen/ und nicht verſtehen/ ſo wird ein ieder/ der nur eine geſunde Vernunfft hat/ aus dieſem leicht ſchlieſſen/ und recht urtheilen muͤſ- ſen/ daß nur diejenigen am capabelſten ſind/ die Fortification in allen ihren Stuͤcken zu profiti- ren/

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gruber_examen_1703
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gruber_examen_1703/20
Zitationshilfe: Gruber, Johann Sebastian: Examen Fortificatorium oder Gründlicher Unterricht von der Theoria und Praxi Der heutigen Kriegs-Bau-Kunst. Leipzig, 1703, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gruber_examen_1703/20>, abgerufen am 30.04.2024.