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Gryphius, Andreas: Teutsche Reim-Gedichte. Frankfurt (Main), 1650.

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Das Ander Buch.
Der Purpur Mund/ der Schnee der wangen;
Sey mächtig dieses Hertz zufangen!
2.

Nein! ewre Lippen sind nur umbsonst bemüht!
Ob gleich diß Antlitz gleich einer Rose blüht:
Ob gleich das übersüsse singen
Auch mächtig Löwen zu bezwingen!
3.

Schönste Syren/ Der lieblichen Seiten klang/
Die marmor Brust/ der lustigen Füsse gang/
Diß Fleisch dem alle Lilien weichen
Der Leib dem kein geschöpff zu gleichen;
4.

Der Hände Schnee/ der mächtigen Arme bandt
Sind viel zu nichtig/ wenn nicht das werthe Pfandt/
Das nur deß Himmels gunst außtheilet/
Die Tugend ew're schwachheit heilet.
5.

Die werthe Tugend Laelia bleibt vnd steht!
Wenn nun die schönheit alß lichter blitz vergeht
Vnd wenn die beyden Stern' erbleichen:
Vnd wenn der Cörper wird zur Leichen.
6.

Die steckt mich jetzt mit schütternden flamen an!
Die macht daß ich mich selbst nicht regiren kan
Die zwingt mich auß mir selbst zu reissen/
Vnd was nicht ewig/ hin zuschmeissen.
7.

Weg welt! weg Erden! nichtige Phantasie!
Weg Standt! weg Ehre! flüchtiger jtzt als je!
Weg was mein Geist zuvor geliebet!
Weg was mein schlechtes Hertz betrübet.

8. Gelehrte
Das Ander Buch.
Der Purpur Mund/ der Schnee der wangen;
Sey maͤchtig dieſes Hertz zufangen!
2.

Nein! ewre Lippen ſind nur umbſonſt bemuͤht!
Ob gleich diß Antlitz gleich einer Roſe bluͤht:
Ob gleich das uͤberſuͤſſe ſingen
Auch maͤchtig Loͤwen zu bezwingen!
3.

Schoͤnſte Syren/ Der lieblichen Seiten klang/
Die marmor Bruſt/ der luſtigen Fuͤſſe gang/
Diß Fleiſch dem alle Lilien weichen
Der Leib dem kein geſchoͤpff zu gleichen;
4.

Der Haͤnde Schnee/ der maͤchtigen Arme bandt
Sind viel zu nichtig/ wenn nicht das werthe Pfandt/
Das nur deß Himmels gunſt außtheilet/
Die Tugend ew’re ſchwachheit heilet.
5.

Die werthe Tugend Lælia bleibt vnd ſteht!
Wenn nun die ſchoͤnheit alß lichter blitz vergeht
Vnd wenn die beyden Stern’ erbleichen:
Vnd wenn der Coͤrper wird zur Leichen.
6.

Die ſteckt mich jetzt mit ſchuͤtternden flaḿen an!
Die macht daß ich mich ſelbſt nicht regiren kan
Die zwingt mich auß mir ſelbſt zu reiſſen/
Vnd was nicht ewig/ hin zuſchmeiſſen.
7.

Weg welt! weg Erden! nichtige Phantaſie!
Weg Standt! weg Ehre! fluͤchtiger jtzt als je!
Weg was mein Geiſt zuvor geliebet!
Weg was mein ſchlechtes Hertz betruͤbet.

8. Gelehrte
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[119/0131] Das Ander Buch. Der Purpur Mund/ der Schnee der wangen; Sey maͤchtig dieſes Hertz zufangen! 2. Nein! ewre Lippen ſind nur umbſonſt bemuͤht! Ob gleich diß Antlitz gleich einer Roſe bluͤht: Ob gleich das uͤberſuͤſſe ſingen Auch maͤchtig Loͤwen zu bezwingen! 3. Schoͤnſte Syren/ Der lieblichen Seiten klang/ Die marmor Bruſt/ der luſtigen Fuͤſſe gang/ Diß Fleiſch dem alle Lilien weichen Der Leib dem kein geſchoͤpff zu gleichen; 4. Der Haͤnde Schnee/ der maͤchtigen Arme bandt Sind viel zu nichtig/ wenn nicht das werthe Pfandt/ Das nur deß Himmels gunſt außtheilet/ Die Tugend ew’re ſchwachheit heilet. 5. Die werthe Tugend Lælia bleibt vnd ſteht! Wenn nun die ſchoͤnheit alß lichter blitz vergeht Vnd wenn die beyden Stern’ erbleichen: Vnd wenn der Coͤrper wird zur Leichen. 6. Die ſteckt mich jetzt mit ſchuͤtternden flaḿen an! Die macht daß ich mich ſelbſt nicht regiren kan Die zwingt mich auß mir ſelbſt zu reiſſen/ Vnd was nicht ewig/ hin zuſchmeiſſen. 7. Weg welt! weg Erden! nichtige Phantaſie! Weg Standt! weg Ehre! fluͤchtiger jtzt als je! Weg was mein Geiſt zuvor geliebet! Weg was mein ſchlechtes Hertz betruͤbet. 8. Gelehrte

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Zitationshilfe: Gryphius, Andreas: Teutsche Reim-Gedichte. Frankfurt (Main), 1650, S. 119. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gryphius_leoarmenius_1650/131>, abgerufen am 21.11.2024.