Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen, mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 1. Altenburg, 1787.Von den souverainen Staaten überhaupt, zählen und ob ihre Verhältnisse gegen einander, gegendas Oberhaupt des Reichs und gegen andre unabhängige Nazionen nach den Grundsätzen des Völkerrechts zu beur- theilen sind? Zwar hängt die Beantwortung dieser Frage großenteils von Bestimmung der Regierungsform ab; man mag indes deren eine annehmen, welche man will, so beruht das Hauptwerk auf folgende Punkte: I. Die teutschen Reichsstände sind nicht völlig II. Die Reichsstände können aber auch nicht Gehor-
Von den ſouverainen Staaten uͤberhaupt, zaͤhlen und ob ihre Verhaͤltniſſe gegen einander, gegendas Oberhaupt des Reichs und gegen andre unabhaͤngige Nazionen nach den Grundſaͤtzen des Voͤlkerrechts zu beur- theilen ſind? Zwar haͤngt die Beantwortung dieſer Frage großenteils von Beſtimmung der Regierungsform ab; man mag indes deren eine annehmen, welche man will, ſo beruht das Hauptwerk auf folgende Punkte: I. Die teutſchen Reichsſtaͤnde ſind nicht voͤllig II. Die Reichsſtaͤnde koͤnnen aber auch nicht Gehor-
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Von den ſouverainen Staaten uͤberhaupt,
zaͤhlen und ob ihre Verhaͤltniſſe gegen einander, gegen
das Oberhaupt des Reichs und gegen andre unabhaͤngige
Nazionen nach den Grundſaͤtzen des Voͤlkerrechts zu beur-
theilen ſind? Zwar haͤngt die Beantwortung dieſer
Frage großenteils von Beſtimmung der Regierungsform
ab; man mag indes deren eine annehmen, welche man
will, ſo beruht das Hauptwerk auf folgende Punkte:
I. Die teutſchen Reichsſtaͤnde ſind nicht voͤllig
ſouverain. Leibnitz und Andere a] haben ſich zwar vie-
le Muͤhe gegeben, zu beweiſen, daß die Souverainetaͤt
ihnen zukomme, und ſie von auswaͤrtigen Maͤchten die-
ſen Titel erhalten, dieſe auch mit comme de ſouverain à
ſouverain gehandelt haben. Wenn man die reichsſtaͤndi-
ſche Verfaſſung an ſich und gegen andere Staaten, auſ-
ſer der Verbindung mit dem Reiche, betrachtet, ſo fin-
det man allerdings bey den meiſten faſt alle Erforderniſſe
unabhaͤngiger Staaten. Dem ungeachtet iſt aber auch
nicht abzulaͤugnen, daß die Reichsſtaͤnde nach dem aus-
druͤcklichen Inhalt der Reichsgrundgeſetze [Reichs-Abſchied
von 1566, §. 6. und an mehrern Orten] den roͤmiſchen
Kaiſer, als das Oberhaupt im Reiche uͤber ſich erkennen,
dem ſie in gewiſſen Stuͤcken Rechenſchaft von ihrer Re-
gierung geben muͤſſen. Folglich mangelt ihnen, in Ruͤck-
ſicht dieſer Verbindung mit dem Reiche, deſſen Theile
ſie ausmachen, eine Haupteigenſchaft der Unabhaͤngigkeit,
die, auſſer Gott, keinen Hoͤhern auf Erden uͤber ſich zu
haben, und ſie beſitzen daher die Souverainetaͤt wenig-
ſtens nicht nach ihrem ganzen Umfange b]. Der Kaiſer
will auch nicht zugeben daß die Staͤnde des Reichs ſich
den Titel ſouverainer Herrn von Reichslanden beilegen,
wiewohl es zuweilen dennoch geſchieht c].
II. Die Reichsſtaͤnde koͤnnen aber auch nicht
nach den gewoͤnlichen Begriffen der Unabhaͤngig-
keit beurteilt werden d]. Wiewohl die Ausdruͤcke:
Gehor-
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