Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen, mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 1. Altenburg, 1787.und den europäischen insbesondere. Gehorsam und Unterthänigkeit in den Reichsgrund-gesetzen von den Reichsständen nicht selten gebraucht wer- den, so zeigt doch schon der fast immer dabei befindliche Zusatz: des Reichs [z. B. Unsern und des Reichs Unterthanen, bey den Pflichten, Eiden und Gehorsam, so sie uns und dem heil. Reiche gethan] daß sie nicht als gemeine Unterthanen des Kaisers anzusehen sind, und daß man, wie die Stände des Reichs gegen Kaiser Karl V. bey Gelegenheit der Achtserklärung der Kurfürsten von Sachsen, äusserten, mit gebohrnen und von Gott gesetzten Reichsfürsten nicht wie mit römischen Untertha- nen verfahren könne. Diese Unterthänigkeit bezieht sich hauptsächlich auf die Verbindung der Reichsstände in einen politischen Körper. Das Recht, einen Staat nicht als Beamter, sondern als Eigenthümer, in eignem Namen, zu regieren, die Rechte der Gesandschaften, der Bündnisse, des Kriegs und Friedens sind unstreitige Souverainetätsgerechtsame: und wenn dergleichen einem vorher würklichen Unterthanen gegen andere Staaten und zum Theil gegen das Oberhaupt selbst zugestanden wer- den, so fält die damit nicht wohl zuvereinbarende Unter- thänigkeit beinah von selbst weg e], oder wenn eine Ab- hängigkeit dennoch ausdrücklich beibehalten wird, kann solche, iener vorzüglichern und überwiegendern Rechte wegen, in der Anwendung selten einige Würkung haben. Dies dürfte auch der Fall wenigstens in Ansehung der vornehmsten teutschen Reichsstände seyn. III. Die Regierungs- und Hoheitsrechte der A. Der Name: superioritas territorialis [Lan- säch-
und den europaͤiſchen insbeſondere. Gehorſam und Unterthaͤnigkeit in den Reichsgrund-geſetzen von den Reichsſtaͤnden nicht ſelten gebraucht wer- den, ſo zeigt doch ſchon der faſt immer dabei befindliche Zuſatz: des Reichs [z. B. Unſern und des Reichs Unterthanen, bey den Pflichten, Eiden und Gehorſam, ſo ſie uns und dem heil. Reiche gethan] daß ſie nicht als gemeine Unterthanen des Kaiſers anzuſehen ſind, und daß man, wie die Staͤnde des Reichs gegen Kaiſer Karl V. bey Gelegenheit der Achtserklaͤrung der Kurfuͤrſten von Sachſen, aͤuſſerten, mit gebohrnen und von Gott geſetzten Reichsfuͤrſten nicht wie mit roͤmiſchen Untertha- nen verfahren koͤnne. Dieſe Unterthaͤnigkeit bezieht ſich hauptſaͤchlich auf die Verbindung der Reichsſtaͤnde in einen politiſchen Koͤrper. Das Recht, einen Staat nicht als Beamter, ſondern als Eigenthuͤmer, in eignem Namen, zu regieren, die Rechte der Geſandſchaften, der Buͤndniſſe, des Kriegs und Friedens ſind unſtreitige Souverainetaͤtsgerechtſame: und wenn dergleichen einem vorher wuͤrklichen Unterthanen gegen andere Staaten und zum Theil gegen das Oberhaupt ſelbſt zugeſtanden wer- den, ſo faͤlt die damit nicht wohl zuvereinbarende Unter- thaͤnigkeit beinah von ſelbſt weg e], oder wenn eine Ab- haͤngigkeit dennoch ausdruͤcklich beibehalten wird, kann ſolche, iener vorzuͤglichern und uͤberwiegendern Rechte wegen, in der Anwendung ſelten einige Wuͤrkung haben. Dies duͤrfte auch der Fall wenigſtens in Anſehung der vornehmſten teutſchen Reichsſtaͤnde ſeyn. III. Die Regierungs- und Hoheitsrechte der A. Der Name: ſuperioritas territorialis [Lan- ſaͤch-
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und den europaͤiſchen insbeſondere.
Gehorſam und Unterthaͤnigkeit in den Reichsgrund-
geſetzen von den Reichsſtaͤnden nicht ſelten gebraucht wer-
den, ſo zeigt doch ſchon der faſt immer dabei befindliche
Zuſatz: des Reichs [z. B. Unſern und des Reichs
Unterthanen, bey den Pflichten, Eiden und Gehorſam,
ſo ſie uns und dem heil. Reiche gethan] daß ſie nicht
als gemeine Unterthanen des Kaiſers anzuſehen ſind, und
daß man, wie die Staͤnde des Reichs gegen Kaiſer Karl
V. bey Gelegenheit der Achtserklaͤrung der Kurfuͤrſten
von Sachſen, aͤuſſerten, mit gebohrnen und von Gott
geſetzten Reichsfuͤrſten nicht wie mit roͤmiſchen Untertha-
nen verfahren koͤnne. Dieſe Unterthaͤnigkeit bezieht ſich
hauptſaͤchlich auf die Verbindung der Reichsſtaͤnde in
einen politiſchen Koͤrper. Das Recht, einen Staat
nicht als Beamter, ſondern als Eigenthuͤmer, in eignem
Namen, zu regieren, die Rechte der Geſandſchaften,
der Buͤndniſſe, des Kriegs und Friedens ſind unſtreitige
Souverainetaͤtsgerechtſame: und wenn dergleichen einem
vorher wuͤrklichen Unterthanen gegen andere Staaten und
zum Theil gegen das Oberhaupt ſelbſt zugeſtanden wer-
den, ſo faͤlt die damit nicht wohl zuvereinbarende Unter-
thaͤnigkeit beinah von ſelbſt weg e], oder wenn eine Ab-
haͤngigkeit dennoch ausdruͤcklich beibehalten wird, kann
ſolche, iener vorzuͤglichern und uͤberwiegendern Rechte
wegen, in der Anwendung ſelten einige Wuͤrkung haben.
Dies duͤrfte auch der Fall wenigſtens in Anſehung der
vornehmſten teutſchen Reichsſtaͤnde ſeyn.
III. Die Regierungs- und Hoheitsrechte der
teutſchen Reichsſtaͤnde werden, den Grundgeſetzen
gemaͤs, die Landeshoheit [ſuperioritas territo-
rialis] und die Regenten Landesherrn genant.
A. Der Name: ſuperioritas territorialis [Lan-
deshoheit] iſt neuern, und, wie Treuer f] gezeigt hat,
franzoͤſiſchen Urſprungs. Er hat ſeine Entſtehung haupt-
ſaͤch-
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