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Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen, mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 1. Altenburg, 1787.

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Von den geselschaftlichen Verbindungen
Damit das Recht des Krieges und das ganze Natur- und
Völkerrecht hinführo keinen Chamäleon mehr ähnlich
wären, dürfte durch die geschicktesten Männer ein kurzes
und reines Gesetzbuch zusammengetragen und ausgear-
beitet werden, das nichts als die möglichen Fälle und
Nationalstreitigkeiten berührte, den Namen eines Na-
zionen
- oder Fürstenrechts annähme und aus den vor-
treflichsten Natur-Völker- und bürgerlichen Rechten den
Körper erbauet hätte, dessen Seele die geläuterte und
friedsame Vernunft der Friedensrichter wäre. Dieses
Buch könte ebenfals auf einem algemeinen Kongres bestä-
tigt, auch künftig dergestalt verbessert und erweitert wer-
den, und würde die Grundsäule der Glückseligkeit der
Völker und die Zierde des Tribunalarchivs seyn. Da-
selbst müsten ferner sowohl die dienlichen alten, als alle
neuern und künftigen Tractaten, Friedensschlüsse, Bünd-
nisse, Vergleiche, Ansprüche, Verschenkungen, Ver-
pfändungen, Kauf- und Lehnbriefe, Testamente, Cessio-
nen, Anwartschaften, Erbfolgen, Erbverbrüderungen,
Erb- und Familienverträge, Erbvereinigungen und ande-
re wichtige Urkunden, Rechte und Erweise aller europäi-
schen Mächte, dann die Grundverfassungen, Privile-
gien, Freiheiten, Herkommen etc. der Staaten und end-
lich die besten Natur- Völker- Staats- und gemeinen
Rechte und Statuten aufbewahret werden. Nach den in
diesen Sammlungen enthaltenen Grundsätzen entschiede
nun das Friedensgericht alle Arten der Misverständnisse,
Rechte, Ansprüche und Uneinigkeiten unter den christlichen
Mächten in Europa in allen Vorfällen ohne Ausnahme, die
sonst Unruhen, Hader und Kriege zu erwecken geschickt
wären, sie geschehen in welchem Theile der Welt sie wollen.
Dadurch würde alle Gelegenheit zu künftigen Kriegen ab-
geschnitten und die beschwerliche Unterhaltung zahlreicher
Armeen unnöthig gemacht. Zugleich werden weitläuftige
Vorschläge über die Einrichtung und das Verfahrer des

Frie-

Von den geſelſchaftlichen Verbindungen
Damit das Recht des Krieges und das ganze Natur- und
Voͤlkerrecht hinfuͤhro keinen Chamaͤleon mehr aͤhnlich
waͤren, duͤrfte durch die geſchickteſten Maͤnner ein kurzes
und reines Geſetzbuch zuſammengetragen und ausgear-
beitet werden, das nichts als die moͤglichen Faͤlle und
Nationalſtreitigkeiten beruͤhrte, den Namen eines Na-
zionen
- oder Fuͤrſtenrechts annaͤhme und aus den vor-
treflichſten Natur-Voͤlker- und buͤrgerlichen Rechten den
Koͤrper erbauet haͤtte, deſſen Seele die gelaͤuterte und
friedſame Vernunft der Friedensrichter waͤre. Dieſes
Buch koͤnte ebenfals auf einem algemeinen Kongres beſtaͤ-
tigt, auch kuͤnftig dergeſtalt verbeſſert und erweitert wer-
den, und wuͤrde die Grundſaͤule der Gluͤckſeligkeit der
Voͤlker und die Zierde des Tribunalarchivs ſeyn. Da-
ſelbſt muͤſten ferner ſowohl die dienlichen alten, als alle
neuern und kuͤnftigen Tractaten, Friedensſchluͤſſe, Buͤnd-
niſſe, Vergleiche, Anſpruͤche, Verſchenkungen, Ver-
pfaͤndungen, Kauf- und Lehnbriefe, Teſtamente, Ceſſio-
nen, Anwartſchaften, Erbfolgen, Erbverbruͤderungen,
Erb- und Familienvertraͤge, Erbvereinigungen und ande-
re wichtige Urkunden, Rechte und Erweiſe aller europaͤi-
ſchen Maͤchte, dann die Grundverfaſſungen, Privile-
gien, Freiheiten, Herkommen ꝛc. der Staaten und end-
lich die beſten Natur- Voͤlker- Staats- und gemeinen
Rechte und Statuten aufbewahret werden. Nach den in
dieſen Sammlungen enthaltenen Grundſaͤtzen entſchiede
nun das Friedensgericht alle Arten der Misverſtaͤndniſſe,
Rechte, Anſpruͤche und Uneinigkeiten unter den chriſtlichen
Maͤchten in Europa in allen Vorfaͤllen ohne Ausnahme, die
ſonſt Unruhen, Hader und Kriege zu erwecken geſchickt
waͤren, ſie geſchehen in welchem Theile der Welt ſie wollen.
Dadurch wuͤrde alle Gelegenheit zu kuͤnftigen Kriegen ab-
geſchnitten und die beſchwerliche Unterhaltung zahlreicher
Armeen unnoͤthig gemacht. Zugleich werden weitlaͤuftige
Vorſchlaͤge uͤber die Einrichtung und das Verfahrer des

Frie-
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[192/0218] Von den geſelſchaftlichen Verbindungen Damit das Recht des Krieges und das ganze Natur- und Voͤlkerrecht hinfuͤhro keinen Chamaͤleon mehr aͤhnlich waͤren, duͤrfte durch die geſchickteſten Maͤnner ein kurzes und reines Geſetzbuch zuſammengetragen und ausgear- beitet werden, das nichts als die moͤglichen Faͤlle und Nationalſtreitigkeiten beruͤhrte, den Namen eines Na- zionen- oder Fuͤrſtenrechts annaͤhme und aus den vor- treflichſten Natur-Voͤlker- und buͤrgerlichen Rechten den Koͤrper erbauet haͤtte, deſſen Seele die gelaͤuterte und friedſame Vernunft der Friedensrichter waͤre. Dieſes Buch koͤnte ebenfals auf einem algemeinen Kongres beſtaͤ- tigt, auch kuͤnftig dergeſtalt verbeſſert und erweitert wer- den, und wuͤrde die Grundſaͤule der Gluͤckſeligkeit der Voͤlker und die Zierde des Tribunalarchivs ſeyn. Da- ſelbſt muͤſten ferner ſowohl die dienlichen alten, als alle neuern und kuͤnftigen Tractaten, Friedensſchluͤſſe, Buͤnd- niſſe, Vergleiche, Anſpruͤche, Verſchenkungen, Ver- pfaͤndungen, Kauf- und Lehnbriefe, Teſtamente, Ceſſio- nen, Anwartſchaften, Erbfolgen, Erbverbruͤderungen, Erb- und Familienvertraͤge, Erbvereinigungen und ande- re wichtige Urkunden, Rechte und Erweiſe aller europaͤi- ſchen Maͤchte, dann die Grundverfaſſungen, Privile- gien, Freiheiten, Herkommen ꝛc. der Staaten und end- lich die beſten Natur- Voͤlker- Staats- und gemeinen Rechte und Statuten aufbewahret werden. Nach den in dieſen Sammlungen enthaltenen Grundſaͤtzen entſchiede nun das Friedensgericht alle Arten der Misverſtaͤndniſſe, Rechte, Anſpruͤche und Uneinigkeiten unter den chriſtlichen Maͤchten in Europa in allen Vorfaͤllen ohne Ausnahme, die ſonſt Unruhen, Hader und Kriege zu erwecken geſchickt waͤren, ſie geſchehen in welchem Theile der Welt ſie wollen. Dadurch wuͤrde alle Gelegenheit zu kuͤnftigen Kriegen ab- geſchnitten und die beſchwerliche Unterhaltung zahlreicher Armeen unnoͤthig gemacht. Zugleich werden weitlaͤuftige Vorſchlaͤge uͤber die Einrichtung und das Verfahrer des Frie-

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Zitationshilfe: Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen, mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 1. Altenburg, 1787, S. 192. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/guenther_voelkerrecht01_1787/218>, abgerufen am 21.11.2024.