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Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen, mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 1. Altenburg, 1787.

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und dem eingeführten Range der Nazionen.
§. 47.
Curland etc.

Von Rangstreitigkeiten der übrigen europäischen halb-
souverainen Regenten, z. B. des Herzogs von Curland,
der Hospodare der Moldau und Wallachey ist zur Zeit
wenig vorgekommen. Doch pflegen sie, besonders der
erstere, den teutschen Reichsfürsten, die nicht aus kur-
fürstlichen Stamme entsprossen, gleichgeachtet zu werden.

*] Zwanzig, 1. Th. Tit. 58. und 75. Roußet, c. XXXIII.
p.
164. Mosers Anfangsgründe des europ. V. R. S. 195.
§. 48.
Entscheidung der Rangstreitigkeiten.

Da die unabhängigen Nazionen hier auf Erden kei-
nen obern Richter haben, so kan auch Niemand von
Rechtswegen die Rangstreitigkeiten unter ihnen beurtei-
len und entscheiden. In denen Zeiten, wo die römischen
Kaiser und Päpste sich eine Herschaft über die ganze
Christenheit einbildeten, maßten die letztern besonders
sich zuweilen eines solchen Entscheidungsrechts an. Die
Streitenden, zumal der begünstigte Theil, ließen sich
den Ausspruch auch öfters gefallen, und er ward, wenig-
stens auf den Kirchenversamlungen, befolgt. Diese ent-
schieden auch zuweilen selbst. Auf der Kirchenversam-
lung zu Basel legte iede Macht die Gründe seines Vor-
ranges den heiligen Vätern dar; und zu Trident sahen
diese ebenfals sich für Richter in dergleichen Streitigkei-
ten an.

Das einzige rechtmäßige Mittel sind Verträge zwi-
schen den streitigen Mächten, die aber selten zu Stande
kommen. Eine Vermittelung wird, weil der Punkt der
vermeintlichen Ehre gar zu bedenklich ist, von dritten
Nazionen hierunter selten übernommen, oder ist doch

mehren-
und dem eingefuͤhrten Range der Nazionen.
§. 47.
Curland ꝛc.

Von Rangſtreitigkeiten der uͤbrigen europaͤiſchen halb-
ſouverainen Regenten, z. B. des Herzogs von Curland,
der Hospodare der Moldau und Wallachey iſt zur Zeit
wenig vorgekommen. Doch pflegen ſie, beſonders der
erſtere, den teutſchen Reichsfuͤrſten, die nicht aus kur-
fuͤrſtlichen Stamme entſproſſen, gleichgeachtet zu werden.

*] Zwanzig, 1. Th. Tit. 58. und 75. Roußet, c. XXXIII.
p.
164. Moſers Anfangsgruͤnde des europ. V. R. S. 195.
§. 48.
Entſcheidung der Rangſtreitigkeiten.

Da die unabhaͤngigen Nazionen hier auf Erden kei-
nen obern Richter haben, ſo kan auch Niemand von
Rechtswegen die Rangſtreitigkeiten unter ihnen beurtei-
len und entſcheiden. In denen Zeiten, wo die roͤmiſchen
Kaiſer und Paͤpſte ſich eine Herſchaft uͤber die ganze
Chriſtenheit einbildeten, maßten die letztern beſonders
ſich zuweilen eines ſolchen Entſcheidungsrechts an. Die
Streitenden, zumal der beguͤnſtigte Theil, ließen ſich
den Ausſpruch auch oͤfters gefallen, und er ward, wenig-
ſtens auf den Kirchenverſamlungen, befolgt. Dieſe ent-
ſchieden auch zuweilen ſelbſt. Auf der Kirchenverſam-
lung zu Baſel legte iede Macht die Gruͤnde ſeines Vor-
ranges den heiligen Vaͤtern dar; und zu Trident ſahen
dieſe ebenfals ſich fuͤr Richter in dergleichen Streitigkei-
ten an.

Das einzige rechtmaͤßige Mittel ſind Vertraͤge zwi-
ſchen den ſtreitigen Maͤchten, die aber ſelten zu Stande
kommen. Eine Vermittelung wird, weil der Punkt der
vermeintlichen Ehre gar zu bedenklich iſt, von dritten
Nazionen hierunter ſelten uͤbernommen, oder iſt doch

mehren-
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[267/0293] und dem eingefuͤhrten Range der Nazionen. §. 47. Curland ꝛc. Von Rangſtreitigkeiten der uͤbrigen europaͤiſchen halb- ſouverainen Regenten, z. B. des Herzogs von Curland, der Hospodare der Moldau und Wallachey iſt zur Zeit wenig vorgekommen. Doch pflegen ſie, beſonders der erſtere, den teutſchen Reichsfuͤrſten, die nicht aus kur- fuͤrſtlichen Stamme entſproſſen, gleichgeachtet zu werden. *] Zwanzig, 1. Th. Tit. 58. und 75. Roußet, c. XXXIII. p. 164. Moſers Anfangsgruͤnde des europ. V. R. S. 195. §. 48. Entſcheidung der Rangſtreitigkeiten. Da die unabhaͤngigen Nazionen hier auf Erden kei- nen obern Richter haben, ſo kan auch Niemand von Rechtswegen die Rangſtreitigkeiten unter ihnen beurtei- len und entſcheiden. In denen Zeiten, wo die roͤmiſchen Kaiſer und Paͤpſte ſich eine Herſchaft uͤber die ganze Chriſtenheit einbildeten, maßten die letztern beſonders ſich zuweilen eines ſolchen Entſcheidungsrechts an. Die Streitenden, zumal der beguͤnſtigte Theil, ließen ſich den Ausſpruch auch oͤfters gefallen, und er ward, wenig- ſtens auf den Kirchenverſamlungen, befolgt. Dieſe ent- ſchieden auch zuweilen ſelbſt. Auf der Kirchenverſam- lung zu Baſel legte iede Macht die Gruͤnde ſeines Vor- ranges den heiligen Vaͤtern dar; und zu Trident ſahen dieſe ebenfals ſich fuͤr Richter in dergleichen Streitigkei- ten an. Das einzige rechtmaͤßige Mittel ſind Vertraͤge zwi- ſchen den ſtreitigen Maͤchten, die aber ſelten zu Stande kommen. Eine Vermittelung wird, weil der Punkt der vermeintlichen Ehre gar zu bedenklich iſt, von dritten Nazionen hierunter ſelten uͤbernommen, oder iſt doch mehren-

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Zitationshilfe: Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen, mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 1. Altenburg, 1787, S. 267. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/guenther_voelkerrecht01_1787/293>, abgerufen am 24.11.2024.