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Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen, mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 1. Altenburg, 1787.

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Von der ursprünglichen Gleichheit
gelassen wird, völlige Gleichheit in allen Stücken, Ab-
wechselung nach dem Alter, der Zeit, dem Loose, Unter-
lassung alles Ceremoniels etc. Bey diesen und ähnlichen
Auskunftsmitteln komt es hauptsächlich auf die verschie-
dene Konkurrenz der streitenden Nazionen an.

1] Die persönliche Zusammenkunft ihrer Regen-
ten an dritten Orten wird, wo möglich, ganz unterlas-
sen, oder geschieht ohne alles Ceremoniel, entweder in-
cognito,
unter einem andern geringern Karacter, -- wel-
ches heutzutage am gewönlichsten -- oder mit Beobach-
tung gewisser Formalitäten. So veranstalteten z. B.
die Könige von Spanien und Frankreich 1660 an der
Grenze ihrer Reiche, auf der sogenanten Conferenzinsel,
eine Zusammenkunft, wobey in der Mitte des Confe-
renzsaals eine Linie, die Grenze bedeutend, gezogen war,
welche keiner von beiden überschritt. Sie kamen und
gingen mit gleichen Schritten etc. b] Auf dem Wahltage
zu Frankfurt kamen der König von Ungarn, nachheriger
Kaiser, Leopold, vor der Wahl, und Kur Mainz eini-
gemal, mit Unterlassung aller Ceremonien, dergestalt
zusammen, daß sie sich gar nicht niederließen, sondern
im Zimmer blos auf und abgingen und die Oberhand
unentschieden blieb. Das nämliche geschah auch bey glei-
cher Gelegenheit zwischen dem nachmaligen Kaiser Joseph
I. und dem Kurfürsten von Baiern c].

Es giebt iedoch auch Beyspiele von dem Gebrauche
anderer zu Ausgleichung des Ranges, mit Beibehaltung
des Ceremoniels, dienlicher Mittel. Die Könige von
Dänemark und Polen hatten bey ihrer Reise nach Berlin
1709 geloost, daß sie wechselsweise den Rang haben
solten d].

2] In Ansehung der Gesandten mehrerer um
den Rang streitenden Mächte hat man ebenfals verschie-
dene Auskunftsmittel, besonders an dem Hofe einer
dritten Nazion. In den ehemaligen Rangstreitigkeiten

zwi-

Von der urſpruͤnglichen Gleichheit
gelaſſen wird, voͤllige Gleichheit in allen Stuͤcken, Ab-
wechſelung nach dem Alter, der Zeit, dem Looſe, Unter-
laſſung alles Ceremoniels ꝛc. Bey dieſen und aͤhnlichen
Auskunftsmitteln komt es hauptſaͤchlich auf die verſchie-
dene Konkurrenz der ſtreitenden Nazionen an.

1] Die perſoͤnliche Zuſammenkunft ihrer Regen-
ten an dritten Orten wird, wo moͤglich, ganz unterlaſ-
ſen, oder geſchieht ohne alles Ceremoniel, entweder in-
cognito,
unter einem andern geringern Karacter, — wel-
ches heutzutage am gewoͤnlichſten — oder mit Beobach-
tung gewiſſer Formalitaͤten. So veranſtalteten z. B.
die Koͤnige von Spanien und Frankreich 1660 an der
Grenze ihrer Reiche, auf der ſogenanten Conferenzinſel,
eine Zuſammenkunft, wobey in der Mitte des Confe-
renzſaals eine Linie, die Grenze bedeutend, gezogen war,
welche keiner von beiden uͤberſchritt. Sie kamen und
gingen mit gleichen Schritten ꝛc. b] Auf dem Wahltage
zu Frankfurt kamen der Koͤnig von Ungarn, nachheriger
Kaiſer, Leopold, vor der Wahl, und Kur Mainz eini-
gemal, mit Unterlaſſung aller Ceremonien, dergeſtalt
zuſammen, daß ſie ſich gar nicht niederließen, ſondern
im Zimmer blos auf und abgingen und die Oberhand
unentſchieden blieb. Das naͤmliche geſchah auch bey glei-
cher Gelegenheit zwiſchen dem nachmaligen Kaiſer Joſeph
I. und dem Kurfuͤrſten von Baiern c].

Es giebt iedoch auch Beyſpiele von dem Gebrauche
anderer zu Ausgleichung des Ranges, mit Beibehaltung
des Ceremoniels, dienlicher Mittel. Die Koͤnige von
Daͤnemark und Polen hatten bey ihrer Reiſe nach Berlin
1709 gelooſt, daß ſie wechſelsweiſe den Rang haben
ſolten d].

2] In Anſehung der Geſandten mehrerer um
den Rang ſtreitenden Maͤchte hat man ebenfals verſchie-
dene Auskunftsmittel, beſonders an dem Hofe einer
dritten Nazion. In den ehemaligen Rangſtreitigkeiten

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[272/0298] Von der urſpruͤnglichen Gleichheit gelaſſen wird, voͤllige Gleichheit in allen Stuͤcken, Ab- wechſelung nach dem Alter, der Zeit, dem Looſe, Unter- laſſung alles Ceremoniels ꝛc. Bey dieſen und aͤhnlichen Auskunftsmitteln komt es hauptſaͤchlich auf die verſchie- dene Konkurrenz der ſtreitenden Nazionen an. 1] Die perſoͤnliche Zuſammenkunft ihrer Regen- ten an dritten Orten wird, wo moͤglich, ganz unterlaſ- ſen, oder geſchieht ohne alles Ceremoniel, entweder in- cognito, unter einem andern geringern Karacter, — wel- ches heutzutage am gewoͤnlichſten — oder mit Beobach- tung gewiſſer Formalitaͤten. So veranſtalteten z. B. die Koͤnige von Spanien und Frankreich 1660 an der Grenze ihrer Reiche, auf der ſogenanten Conferenzinſel, eine Zuſammenkunft, wobey in der Mitte des Confe- renzſaals eine Linie, die Grenze bedeutend, gezogen war, welche keiner von beiden uͤberſchritt. Sie kamen und gingen mit gleichen Schritten ꝛc. b] Auf dem Wahltage zu Frankfurt kamen der Koͤnig von Ungarn, nachheriger Kaiſer, Leopold, vor der Wahl, und Kur Mainz eini- gemal, mit Unterlaſſung aller Ceremonien, dergeſtalt zuſammen, daß ſie ſich gar nicht niederließen, ſondern im Zimmer blos auf und abgingen und die Oberhand unentſchieden blieb. Das naͤmliche geſchah auch bey glei- cher Gelegenheit zwiſchen dem nachmaligen Kaiſer Joſeph I. und dem Kurfuͤrſten von Baiern c]. Es giebt iedoch auch Beyſpiele von dem Gebrauche anderer zu Ausgleichung des Ranges, mit Beibehaltung des Ceremoniels, dienlicher Mittel. Die Koͤnige von Daͤnemark und Polen hatten bey ihrer Reiſe nach Berlin 1709 gelooſt, daß ſie wechſelsweiſe den Rang haben ſolten d]. 2] In Anſehung der Geſandten mehrerer um den Rang ſtreitenden Maͤchte hat man ebenfals verſchie- dene Auskunftsmittel, beſonders an dem Hofe einer dritten Nazion. In den ehemaligen Rangſtreitigkeiten zwi-

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Zitationshilfe: Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen, mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 1. Altenburg, 1787, S. 272. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/guenther_voelkerrecht01_1787/298>, abgerufen am 22.11.2024.