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Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen, mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 1. Altenburg, 1787.

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und dem eingeführten Range der Nazionen.
zwischen Spanien und Frankreich richtete man es an dem
Hofe Papst Pius des V. also ein, daß beide Bothschaf-
ter ihren Einzug zu gleicher Zeit hielten, und ieder eine
besondere Stunde zur Audienz bekam, wo er allein war e].
Wenn Prozessionen oder andere Feierlichkeiten vorfielen,
wobey Frankreich mehrern Antheil hatte, erschien der
französische, und bey denen, wo Spanien mehr inter-
essirt war, der spanische allein. In Privatbesuchen aber
behandelten die Bothschafter einander gleich. Einer der
gemeinsten Auswege, wenn kein Theil im geringsten
nachgeben will, ist, daß der eine einen Gesandten von
niedrigerm Karacter schickt, der vermöge seines Ranges
nachgeht.

Mit weit mehrern Schwierigkeiten sind die Rang-
streitigkeiten der Gesandten auf Friedens- und andern
Kongressen verknüpft, indem diese dadurch schon mehr-
malen ausserordentlich verlängert, oder wohl gar zertrent
worden sind. Doch giebt es auch hier der Auswege noch
mehrere.

a] Die bevolmächtigten Minister der kriegführenden
Mächte vermeiden alle förmliche Zusammenkünfte, und
unterhandeln in Schriften, welche durch Mediateurs
dem andern Theile iedesmal zugestelt werden. Diesen
Weg schlugen schon die französischen Mediateurs auf dem
Kongresse zu Boulogne 1600 den englischen und spani-
schen Gesandten vor.

b] Die Gesandten nehmen den Rang nach der Zeit
ein, wie sie in den Versamlungsort oder den Conferenz-
saal ankommen.

c] Man sezt sich in einem Zimmer, wo eigentlich
kein vorzüglicherer Platz statt findet, an eine runde Tafel.
Als auf dem Kongresse zu Carlowitz 1698 die Gesand-
ten des römischen Kaisers, der Pforte, Rußlands, der
Kron Polen, der Republik Venedig und Grosbritan-
niens, als vermittelnder Macht, des Ranges wegen sich

nicht
S

und dem eingefuͤhrten Range der Nazionen.
zwiſchen Spanien und Frankreich richtete man es an dem
Hofe Papſt Pius des V. alſo ein, daß beide Bothſchaf-
ter ihren Einzug zu gleicher Zeit hielten, und ieder eine
beſondere Stunde zur Audienz bekam, wo er allein war e].
Wenn Prozeſſionen oder andere Feierlichkeiten vorfielen,
wobey Frankreich mehrern Antheil hatte, erſchien der
franzoͤſiſche, und bey denen, wo Spanien mehr inter-
eſſirt war, der ſpaniſche allein. In Privatbeſuchen aber
behandelten die Bothſchafter einander gleich. Einer der
gemeinſten Auswege, wenn kein Theil im geringſten
nachgeben will, iſt, daß der eine einen Geſandten von
niedrigerm Karacter ſchickt, der vermoͤge ſeines Ranges
nachgeht.

Mit weit mehrern Schwierigkeiten ſind die Rang-
ſtreitigkeiten der Geſandten auf Friedens- und andern
Kongreſſen verknuͤpft, indem dieſe dadurch ſchon mehr-
malen auſſerordentlich verlaͤngert, oder wohl gar zertrent
worden ſind. Doch giebt es auch hier der Auswege noch
mehrere.

a] Die bevolmaͤchtigten Miniſter der kriegfuͤhrenden
Maͤchte vermeiden alle foͤrmliche Zuſammenkuͤnfte, und
unterhandeln in Schriften, welche durch Mediateurs
dem andern Theile iedesmal zugeſtelt werden. Dieſen
Weg ſchlugen ſchon die franzoͤſiſchen Mediateurs auf dem
Kongreſſe zu Boulogne 1600 den engliſchen und ſpani-
ſchen Geſandten vor.

b] Die Geſandten nehmen den Rang nach der Zeit
ein, wie ſie in den Verſamlungsort oder den Conferenz-
ſaal ankommen.

c] Man ſezt ſich in einem Zimmer, wo eigentlich
kein vorzuͤglicherer Platz ſtatt findet, an eine runde Tafel.
Als auf dem Kongreſſe zu Carlowitz 1698 die Geſand-
ten des roͤmiſchen Kaiſers, der Pforte, Rußlands, der
Kron Polen, der Republik Venedig und Grosbritan-
niens, als vermittelnder Macht, des Ranges wegen ſich

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[273/0299] und dem eingefuͤhrten Range der Nazionen. zwiſchen Spanien und Frankreich richtete man es an dem Hofe Papſt Pius des V. alſo ein, daß beide Bothſchaf- ter ihren Einzug zu gleicher Zeit hielten, und ieder eine beſondere Stunde zur Audienz bekam, wo er allein war e]. Wenn Prozeſſionen oder andere Feierlichkeiten vorfielen, wobey Frankreich mehrern Antheil hatte, erſchien der franzoͤſiſche, und bey denen, wo Spanien mehr inter- eſſirt war, der ſpaniſche allein. In Privatbeſuchen aber behandelten die Bothſchafter einander gleich. Einer der gemeinſten Auswege, wenn kein Theil im geringſten nachgeben will, iſt, daß der eine einen Geſandten von niedrigerm Karacter ſchickt, der vermoͤge ſeines Ranges nachgeht. Mit weit mehrern Schwierigkeiten ſind die Rang- ſtreitigkeiten der Geſandten auf Friedens- und andern Kongreſſen verknuͤpft, indem dieſe dadurch ſchon mehr- malen auſſerordentlich verlaͤngert, oder wohl gar zertrent worden ſind. Doch giebt es auch hier der Auswege noch mehrere. a] Die bevolmaͤchtigten Miniſter der kriegfuͤhrenden Maͤchte vermeiden alle foͤrmliche Zuſammenkuͤnfte, und unterhandeln in Schriften, welche durch Mediateurs dem andern Theile iedesmal zugeſtelt werden. Dieſen Weg ſchlugen ſchon die franzoͤſiſchen Mediateurs auf dem Kongreſſe zu Boulogne 1600 den engliſchen und ſpani- ſchen Geſandten vor. b] Die Geſandten nehmen den Rang nach der Zeit ein, wie ſie in den Verſamlungsort oder den Conferenz- ſaal ankommen. c] Man ſezt ſich in einem Zimmer, wo eigentlich kein vorzuͤglicherer Platz ſtatt findet, an eine runde Tafel. Als auf dem Kongreſſe zu Carlowitz 1698 die Geſand- ten des roͤmiſchen Kaiſers, der Pforte, Rußlands, der Kron Polen, der Republik Venedig und Grosbritan- niens, als vermittelnder Macht, des Ranges wegen ſich nicht S

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Zitationshilfe: Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen, mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 1. Altenburg, 1787, S. 273. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/guenther_voelkerrecht01_1787/299>, abgerufen am 22.11.2024.