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Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 2. Altenburg, 1792.

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Von Erwerbung des Eigenthums von andern
zugestanden werden, die gegenseitigen Irthümer und
besonders den von Puffendorf, Schrodt und andern
angenommenen Unterschied veranlaßt. Allein in diesen
besondern Eigenthumsbestimmungen sind, wie weiter
unten gezeigt werden soll, entweder die Eigenthums-
rechte nur geteilt, dergestalt, daß beide Theile zusam-
men erst ein volkomnes Eigenthum ausmachen, und
weder der Besitzer allein, noch der, welcher nur gewisse
Eigenthumsrechte hat, als volkomner Eigenthümer an-
gesehen werden kann, oder es wird in den Fällen, wo
dem Besitzer ganz kein Eigenthum zukomt, z. B. bey
der Hinterlegung, Verpachtung etc. der Besitz, durch
Vertrag blos im Namen des Eigenthümers von einem
andern fortgesetzt. Die Völker selbst scheinen auch der
Besitzeinräumung allerdings einigen Werth beizulegen h].

a] Grotius L. II. c. 6. §. 1. n. 2. c. 8. §. 25. c. 12.
§. 15. etc. C. Wolff. Inst. I. Nat. et G. P. II. c. 5.
§. 320. Ickstatt L. III. c. 3. §. 12. u. Schol. I.
b] Henr. Cocceji diss. an traditio necessaria sit ad trans-
ferendum dominium, Heidelb.
1676. und in Exerc.
curios. T. I. n. 19. p.
213 -- 216. ingl. Sam. a Coc-
ceji
in introduct. ad H. Cocceji Grot. illustr. diss.
prooem. XII. L. IV. c. 3. Sect. I. §. 268. n.
6. u.
ff. I. G. Kulpis Colleg. Grotian. Exercit. V. §. 1.
I. N. Hertius in not. ad Puffend.
bey der nachher an-
gez. Stelle.
c] Puffendorff I. Nat. et G. L. IV. c. 9. §. 8. u. ff.
d] Schrodt Syst. I. G. P. II. c. 2. §. 17. u. ff.
e] Cum sine possessione dominium exerceri nequeat,
sagt Wolf a. a. O. dominio translato transferens quo-
que obligatur ad transserendam possessionem -- trans-
lato dominio res quoque tradenda et apprehendenda.
Atque hinc patet ad translationem dominii naturaliter
non requiri traditionem.
Ich muß gestehn, daß ich
diese Folge nicht recht einsehe. Wie kann man sagen:

Von Erwerbung des Eigenthums von andern
zugeſtanden werden, die gegenſeitigen Irthuͤmer und
beſonders den von Puffendorf, Schrodt und andern
angenommenen Unterſchied veranlaßt. Allein in dieſen
beſondern Eigenthumsbeſtimmungen ſind, wie weiter
unten gezeigt werden ſoll, entweder die Eigenthums-
rechte nur geteilt, dergeſtalt, daß beide Theile zuſam-
men erſt ein volkomnes Eigenthum ausmachen, und
weder der Beſitzer allein, noch der, welcher nur gewiſſe
Eigenthumsrechte hat, als volkomner Eigenthuͤmer an-
geſehen werden kann, oder es wird in den Faͤllen, wo
dem Beſitzer ganz kein Eigenthum zukomt, z. B. bey
der Hinterlegung, Verpachtung ꝛc. der Beſitz, durch
Vertrag blos im Namen des Eigenthuͤmers von einem
andern fortgeſetzt. Die Voͤlker ſelbſt ſcheinen auch der
Beſitzeinraͤumung allerdings einigen Werth beizulegen h].

a] Grotius L. II. c. 6. §. 1. n. 2. c. 8. §. 25. c. 12.
§. 15. etc. C. Wolff. Inſt. I. Nat. et G. P. II. c. 5.
§. 320. Ickſtatt L. III. c. 3. §. 12. u. Schol. I.
b] Henr. Cocceji diſſ. an traditio neceſſaria ſit ad trans-
ferendum dominium, Heidelb.
1676. und in Exerc.
curios. T. I. n. 19. p.
213 — 216. ingl. Sam. a Coc-
ceji
in introduct. ad H. Cocceji Grot. illuſtr. diſſ.
prooem. XII. L. IV. c. 3. Sect. I. §. 268. n.
6. u.
ff. I. G. Kulpis Colleg. Grotian. Exercit. V. §. 1.
I. N. Hertius in not. ad Puffend.
bey der nachher an-
gez. Stelle.
c] Puffendorff I. Nat. et G. L. IV. c. 9. §. 8. u. ff.
d] Schrodt Syſt. I. G. P. II. c. 2. §. 17. u. ff.
e] Cum ſine poſſeſſione dominium exerceri nequeat,
ſagt Wolf a. a. O. dominio translato transferens quo-
que obligatur ad transſerendam poſſeſſionem — trans-
lato dominio res quoque tradenda et apprehendenda.
Atque hinc patet ad translationem dominii naturaliter
non requiri traditionem.
Ich muß geſtehn, daß ich
dieſe Folge nicht recht einſehe. Wie kann man ſagen:
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[88/0102] Von Erwerbung des Eigenthums von andern zugeſtanden werden, die gegenſeitigen Irthuͤmer und beſonders den von Puffendorf, Schrodt und andern angenommenen Unterſchied veranlaßt. Allein in dieſen beſondern Eigenthumsbeſtimmungen ſind, wie weiter unten gezeigt werden ſoll, entweder die Eigenthums- rechte nur geteilt, dergeſtalt, daß beide Theile zuſam- men erſt ein volkomnes Eigenthum ausmachen, und weder der Beſitzer allein, noch der, welcher nur gewiſſe Eigenthumsrechte hat, als volkomner Eigenthuͤmer an- geſehen werden kann, oder es wird in den Faͤllen, wo dem Beſitzer ganz kein Eigenthum zukomt, z. B. bey der Hinterlegung, Verpachtung ꝛc. der Beſitz, durch Vertrag blos im Namen des Eigenthuͤmers von einem andern fortgeſetzt. Die Voͤlker ſelbſt ſcheinen auch der Beſitzeinraͤumung allerdings einigen Werth beizulegen h]. a] Grotius L. II. c. 6. §. 1. n. 2. c. 8. §. 25. c. 12. §. 15. etc. C. Wolff. Inſt. I. Nat. et G. P. II. c. 5. §. 320. Ickſtatt L. III. c. 3. §. 12. u. Schol. I. b] Henr. Cocceji diſſ. an traditio neceſſaria ſit ad trans- ferendum dominium, Heidelb. 1676. und in Exerc. curios. T. I. n. 19. p. 213 — 216. ingl. Sam. a Coc- ceji in introduct. ad H. Cocceji Grot. illuſtr. diſſ. prooem. XII. L. IV. c. 3. Sect. I. §. 268. n. 6. u. ff. I. G. Kulpis Colleg. Grotian. Exercit. V. §. 1. I. N. Hertius in not. ad Puffend. bey der nachher an- gez. Stelle. c] Puffendorff I. Nat. et G. L. IV. c. 9. §. 8. u. ff. d] Schrodt Syſt. I. G. P. II. c. 2. §. 17. u. ff. e] Cum ſine poſſeſſione dominium exerceri nequeat, ſagt Wolf a. a. O. dominio translato transferens quo- que obligatur ad transſerendam poſſeſſionem — trans- lato dominio res quoque tradenda et apprehendenda. Atque hinc patet ad translationem dominii naturaliter non requiri traditionem. Ich muß geſtehn, daß ich dieſe Folge nicht recht einſehe. Wie kann man ſagen: translato

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Zitationshilfe: Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 2. Altenburg, 1792, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/guenther_voelkerrecht02_1792/102>, abgerufen am 14.05.2024.