Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 2. Altenburg, 1792.oder den abgeleiteten Erwerbungsarten. ten. Was wegen Beobachtung der Landesfreiheiten,Bezahlung der auf den neuerworbenen Landen haften- den Schulden Rechtens ist, wird weiter unten gelehrt werden. Hier ist nur noch die Frage zu untersuchen: ob das erwerbende Volk befugt sey, die neuen Lande mit seinen bisherigen Besitzungen zu vereinigen und nach Befinden ihnen völlig einzuverleiben, und als einen Theil derselben zu behandeln? Es komt dabey hauptsächlich auf die Bedingungen und Umstände an, unter welchen der Erwerb geschehen ist. Wenn dieser unbedingt erfolgt und die Verfassung des Landes es leidet a], so findet die Einverleibung allerdings Statt, zumal wenn, wie oben von Frankreich erwähnt worden, die Staatsgrundgesetze die Einverleibung aller Erwer- bungen zur Nothwendigkeit machen. Gemeiniglich pflegt solche bey der Ueberlassung entweder ausdrücklich verstattet, oder verboten zu werden b]. a] In den Streitigkeiten zwischen Schweden und Dänemark wegen Holstein wurde z. B. auf die schwedische Erklä- rung: que la Suede ne desire point pour elle la pos- session du duche de Holstein von Dänemark geäussert: que ce seroit vne chose sans aucune signification et invtile par la qualite feodale attachee au dit duche, laquelle ne permet point qu'il soit incorpore avec vn autre etat au prejudice des droits eventuels de la mai- son Royale de Danemarc. Mosers Beitr. in Frz. 5. Th. S. 7. b] So tritt die Königin von Ungarn und Böhmen im Worm- ser Vertrage 1743. dem Könige von Sardinien das Ge- biet von Vigevano etc. ab pour etre vnis a ses autres etats; und in dem Grenz- und Tauschvertrage zwischen Frankreich und Lüttich von 1772. werden beiden Theilen verschiedene Orte überlassen pour etre le tout ensemble vni et incorpore a perpetuite. Mosers Versuch 5. Th. S. 43. u. 232. 33. J 5
oder den abgeleiteten Erwerbungsarten. ten. Was wegen Beobachtung der Landesfreiheiten,Bezahlung der auf den neuerworbenen Landen haften- den Schulden Rechtens iſt, wird weiter unten gelehrt werden. Hier iſt nur noch die Frage zu unterſuchen: ob das erwerbende Volk befugt ſey, die neuen Lande mit ſeinen bisherigen Beſitzungen zu vereinigen und nach Befinden ihnen voͤllig einzuverleiben, und als einen Theil derſelben zu behandeln? Es komt dabey hauptſaͤchlich auf die Bedingungen und Umſtaͤnde an, unter welchen der Erwerb geſchehen iſt. Wenn dieſer unbedingt erfolgt und die Verfaſſung des Landes es leidet a], ſo findet die Einverleibung allerdings Statt, zumal wenn, wie oben von Frankreich erwaͤhnt worden, die Staatsgrundgeſetze die Einverleibung aller Erwer- bungen zur Nothwendigkeit machen. Gemeiniglich pflegt ſolche bey der Ueberlaſſung entweder ausdruͤcklich verſtattet, oder verboten zu werden b]. a] In den Streitigkeiten zwiſchen Schweden und Daͤnemark wegen Holſtein wurde z. B. auf die ſchwediſche Erklaͤ- rung: que la Suede ne deſire point pour elle la poſ- ſeſſion du duché de Holſtein von Daͤnemark geaͤuſſert: que ce ſeroit vne choſe ſans aucune ſignification et invtile par la qualité féodale attachée au dit duché, laquelle ne permet point qu’il ſoit incorporé avec vn autre état au préjudice des droits éventuels de la mai- ſon Royale de Danemarc. Moſers Beitr. in Frz. 5. Th. S. 7. b] So tritt die Koͤnigin von Ungarn und Boͤhmen im Worm- ſer Vertrage 1743. dem Koͤnige von Sardinien das Ge- biet von Vigevano etc. ab pour être vnis à ſes autres états; und in dem Grenz- und Tauſchvertrage zwiſchen Frankreich und Luͤttich von 1772. werden beiden Theilen verſchiedene Orte uͤberlaſſen pour être le tout enſemble vni et incorporé à perpetuité. Moſers Verſuch 5. Th. S. 43. u. 232. 33. J 5
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Bezahlung der auf den neuerworbenen Landen haften-
den Schulden Rechtens iſt, wird weiter unten gelehrt
werden. Hier iſt nur noch die Frage zu unterſuchen:
ob das erwerbende Volk befugt ſey, die neuen Lande
mit ſeinen bisherigen Beſitzungen zu vereinigen und
nach Befinden ihnen voͤllig einzuverleiben, und als
einen Theil derſelben zu behandeln? Es komt dabey
hauptſaͤchlich auf die Bedingungen und Umſtaͤnde an,
unter welchen der Erwerb geſchehen iſt. Wenn dieſer
unbedingt erfolgt und die Verfaſſung des Landes es
leidet a], ſo findet die Einverleibung allerdings Statt,
zumal wenn, wie oben von Frankreich erwaͤhnt worden,
die Staatsgrundgeſetze die Einverleibung aller Erwer-
bungen zur Nothwendigkeit machen. Gemeiniglich
pflegt ſolche bey der Ueberlaſſung entweder ausdruͤcklich
verſtattet, oder verboten zu werden b].
a] In den Streitigkeiten zwiſchen Schweden und Daͤnemark
wegen Holſtein wurde z. B. auf die ſchwediſche Erklaͤ-
rung: que la Suede ne deſire point pour elle la poſ-
ſeſſion du duché de Holſtein von Daͤnemark geaͤuſſert:
que ce ſeroit vne choſe ſans aucune ſignification et
invtile par la qualité féodale attachée au dit duché,
laquelle ne permet point qu’il ſoit incorporé avec vn
autre état au préjudice des droits éventuels de la mai-
ſon Royale de Danemarc. Moſers Beitr. in Frz.
5. Th. S. 7.
b] So tritt die Koͤnigin von Ungarn und Boͤhmen im Worm-
ſer Vertrage 1743. dem Koͤnige von Sardinien das Ge-
biet von Vigevano etc. ab pour être vnis à ſes autres
états; und in dem Grenz- und Tauſchvertrage zwiſchen
Frankreich und Luͤttich von 1772. werden beiden Theilen
verſchiedene Orte uͤberlaſſen pour être le tout enſemble
vni et incorporé à perpetuité. Moſers Verſuch 5. Th.
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