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Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 2. Altenburg, 1792.

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Vom gemeinsch. u. geteilten, unvolkommenen
findliche Lande oder Orte einer andern Nazion auf eine
Zeitlang in Besitz und Gewahrsam giebt, ohne ihr
iedoch ein weiteres Eigenthum daran zuzugestehn. Der
Besitzer übt daher die ihm dabey etwa überlassenen
Rechte, so wie den Besitz selbst blos an der Stelle und
im Namen des würklichen Eigenthümers aus, und
dieser behält allerdings, auch ohne Besitz noch Rechte
des Eigenthums, weil hier ausdrücklich dem andern
nichts als der blosse Besitz etc. eingeräumt worden. Es
ist aber immer ein sehr unvolkomnes Eigenthum, weil
daran eins der wichtigsten Erfodernisse, der Besitz
mangelt.

Die Ursachen und Absichten einer solchen Besitzein-
räumung können mancherley seyn. Im dreissigiährigen
Kriege wurden der Krone Frankreich 1634. von Schwe-
den und den evangelischen Reichsständen in Teutsch-
land die Festung Philipsburg und verschiedene Städte
im Elsas zu ihrer und der Stände Sicherheit in Ver-
wahrung gegeben a]. Im Jahre 1757. gab die Kai-
serin Königin die Häfen Ostende und Nieu port dem
Könige in Frankreich in Verwahrung b]. Bey der
unlängst errichteten bekanten Reichenbacher Convention
zwischen Oesterreich und der Pforte wurde ebenfals be-
dungen, daß ersteres die Festung Choczim bis zum
Frieden zwischen Rußland und der Pforte als ein De-
positum behalten solte c].

a] Dumont C. Dipl. T. VI. P. 1. p. 74. 78.
b] Cette Princesse n'ayant point assez de troupes dans
les Pais bas Autrichiens pour garnir suffisamment les
ports d'Ostende et de Nieupoort et les mettre a
l'abri des hazards que les circonstances du tems peu-
vent amener, S. M. Imp. est convenue de les mettre
a titre de depot entre les mains du roi son allie.

Mosers Versuch 5. Th. S. 441. vergl. Beiträge
zur neuern Staats- und Kriegsgesch. z. B. S. 125. ff.
c] de

Vom gemeinſch. u. geteilten, unvolkommenen
findliche Lande oder Orte einer andern Nazion auf eine
Zeitlang in Beſitz und Gewahrſam giebt, ohne ihr
iedoch ein weiteres Eigenthum daran zuzugeſtehn. Der
Beſitzer uͤbt daher die ihm dabey etwa uͤberlaſſenen
Rechte, ſo wie den Beſitz ſelbſt blos an der Stelle und
im Namen des wuͤrklichen Eigenthuͤmers aus, und
dieſer behaͤlt allerdings, auch ohne Beſitz noch Rechte
des Eigenthums, weil hier ausdruͤcklich dem andern
nichts als der bloſſe Beſitz ꝛc. eingeraͤumt worden. Es
iſt aber immer ein ſehr unvolkomnes Eigenthum, weil
daran eins der wichtigſten Erfoderniſſe, der Beſitz
mangelt.

Die Urſachen und Abſichten einer ſolchen Beſitzein-
raͤumung koͤnnen mancherley ſeyn. Im dreiſſigiaͤhrigen
Kriege wurden der Krone Frankreich 1634. von Schwe-
den und den evangeliſchen Reichsſtaͤnden in Teutſch-
land die Feſtung Philipsburg und verſchiedene Staͤdte
im Elſas zu ihrer und der Staͤnde Sicherheit in Ver-
wahrung gegeben a]. Im Jahre 1757. gab die Kai-
ſerin Koͤnigin die Haͤfen Oſtende und Nieu port dem
Koͤnige in Frankreich in Verwahrung b]. Bey der
unlaͤngſt errichteten bekanten Reichenbacher Convention
zwiſchen Oeſterreich und der Pforte wurde ebenfals be-
dungen, daß erſteres die Feſtung Choczim bis zum
Frieden zwiſchen Rußland und der Pforte als ein De-
poſitum behalten ſolte c].

a] Dumont C. Dipl. T. VI. P. 1. p. 74. 78.
b] Cette Princeſſe n’ayant point aſſez de troupes dans
les Pais bas Autrichiens pour garnir ſuffiſamment les
ports d’Oſtende et de Nieupoort et les mettre à
l’abri des hazards que les circonſtances du tems peu-
vent amener, S. M. Imp. eſt convenue de les mettre
à titre de depôt entre les mains du roi ſon allié.

Moſers Verſuch 5. Th. S. 441. vergl. Beitraͤge
zur neuern Staats- und Kriegsgeſch. z. B. S. 125. ff.
c] de
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[156/0170] Vom gemeinſch. u. geteilten, unvolkommenen findliche Lande oder Orte einer andern Nazion auf eine Zeitlang in Beſitz und Gewahrſam giebt, ohne ihr iedoch ein weiteres Eigenthum daran zuzugeſtehn. Der Beſitzer uͤbt daher die ihm dabey etwa uͤberlaſſenen Rechte, ſo wie den Beſitz ſelbſt blos an der Stelle und im Namen des wuͤrklichen Eigenthuͤmers aus, und dieſer behaͤlt allerdings, auch ohne Beſitz noch Rechte des Eigenthums, weil hier ausdruͤcklich dem andern nichts als der bloſſe Beſitz ꝛc. eingeraͤumt worden. Es iſt aber immer ein ſehr unvolkomnes Eigenthum, weil daran eins der wichtigſten Erfoderniſſe, der Beſitz mangelt. Die Urſachen und Abſichten einer ſolchen Beſitzein- raͤumung koͤnnen mancherley ſeyn. Im dreiſſigiaͤhrigen Kriege wurden der Krone Frankreich 1634. von Schwe- den und den evangeliſchen Reichsſtaͤnden in Teutſch- land die Feſtung Philipsburg und verſchiedene Staͤdte im Elſas zu ihrer und der Staͤnde Sicherheit in Ver- wahrung gegeben a]. Im Jahre 1757. gab die Kai- ſerin Koͤnigin die Haͤfen Oſtende und Nieu port dem Koͤnige in Frankreich in Verwahrung b]. Bey der unlaͤngſt errichteten bekanten Reichenbacher Convention zwiſchen Oeſterreich und der Pforte wurde ebenfals be- dungen, daß erſteres die Feſtung Choczim bis zum Frieden zwiſchen Rußland und der Pforte als ein De- poſitum behalten ſolte c]. a] Dumont C. Dipl. T. VI. P. 1. p. 74. 78. b] Cette Princeſſe n’ayant point aſſez de troupes dans les Pais bas Autrichiens pour garnir ſuffiſamment les ports d’Oſtende et de Nieupoort et les mettre à l’abri des hazards que les circonſtances du tems peu- vent amener, S. M. Imp. eſt convenue de les mettre à titre de depôt entre les mains du roi ſon allié. Moſers Verſuch 5. Th. S. 441. vergl. Beitraͤge zur neuern Staats- und Kriegsgeſch. z. B. S. 125. ff. c] de

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Zitationshilfe: Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 2. Altenburg, 1792, S. 156. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/guenther_voelkerrecht02_1792/170>, abgerufen am 21.11.2024.