Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 2. Altenburg, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

und dem ursprünglichen Erwerbe.
daher durch blosse Besitzergreifung zu Eigenthum ge-
macht werden. Diese Besitznehmung erfodert nun zwar
eben keine beständige körperliche Innehabung, a] sie
muß jedoch so beschaffen seyn, daß der Wille, sich eine
Sache zuzueignen, und sie ausschlusweise zu seinen Ge-
brauch zu behalten, daraus deutlich erhelle, und, daß
diese dadurch den Anmaassungen anderer entzogen wer-
de. Sie erfodert gewisse Thathandlungen, welche die-
ses beides zu bewirken im Stande sind. Der blosse
Wille und dessen Erklärung ist eben so hinlänglich, als
die Besitzergreifung ohne Absicht der Zueignung. Daß
die Sache, welche man sich zueignen will, eines aus-
schließlichen Besitzes fähig seyn, und niemanden da-
durch eine Beleidigung zugefügt werden müsse, bedarf
keines weitern Beweises. b]

a] Chr. Gottl. Einert Diss. praeter occupationem nul-
lum existere modum dominii acquirendi naturalem,
Lips. 1780. Monendum est, non ea solum in domi-
nio esse, quae corpore possidentur, sed in quibus
tale signum relictum est, ex quo quilibet intelligere
potest, ejusmodi res pro derelictis aut nullius non
esse habendas.
§. 1.
b] Ickstatt Elem. Jur. Gent. L. III. c. 2. §. 4 & 5.
*] M. vergl. Achenwall I. Nat. L. IV. §. 231.
Schrodt l. c.
§. 6. 23.
§. 4.
Verschiedene Gattungen des Eigenthums.

Das Eigenthum besteht theils in beweglichen, theils
in unbeweglichen Gütern, auch gewissermaassen in un-
körperlichen Dingen, nämlich in Gerechtsamen; wozu
bei den Nazionen die Majestätsrechte oder Regalien
und deren ausschließlicher Gebrauch gehören. a] Das
vorzüglichste Eigenthum der Völker, wovon die übri-

gen
A 3

und dem urſpruͤnglichen Erwerbe.
daher durch bloſſe Beſitzergreifung zu Eigenthum ge-
macht werden. Dieſe Beſitznehmung erfodert nun zwar
eben keine beſtaͤndige koͤrperliche Innehabung, a] ſie
muß jedoch ſo beſchaffen ſeyn, daß der Wille, ſich eine
Sache zuzueignen, und ſie ausſchlusweiſe zu ſeinen Ge-
brauch zu behalten, daraus deutlich erhelle, und, daß
dieſe dadurch den Anmaaſſungen anderer entzogen wer-
de. Sie erfodert gewiſſe Thathandlungen, welche die-
ſes beides zu bewirken im Stande ſind. Der bloſſe
Wille und deſſen Erklaͤrung iſt eben ſo hinlaͤnglich, als
die Beſitzergreifung ohne Abſicht der Zueignung. Daß
die Sache, welche man ſich zueignen will, eines aus-
ſchließlichen Beſitzes faͤhig ſeyn, und niemanden da-
durch eine Beleidigung zugefuͤgt werden muͤſſe, bedarf
keines weitern Beweiſes. b]

a] Chr. Gottl. Einert Diſſ. praeter occupationem nul-
lum exiſtere modum dominii acquirendi naturalem,
Lipſ. 1780. Monendum eſt, non ea ſolum in domi-
nio eſſe, quae corpore poſſidentur, ſed in quibus
tale ſignum relictum eſt, ex quo quilibet intelligere
poteſt, ejusmodi res pro derelictis aut nullius non
eſſe habendas.
§. 1.
b] Ickſtatt Elem. Jur. Gent. L. III. c. 2. §. 4 & 5.
*] M. vergl. Achenwall I. Nat. L. IV. §. 231.
Schrodt l. c.
§. 6. 23.
§. 4.
Verſchiedene Gattungen des Eigenthums.

Das Eigenthum beſteht theils in beweglichen, theils
in unbeweglichen Guͤtern, auch gewiſſermaaſſen in un-
koͤrperlichen Dingen, naͤmlich in Gerechtſamen; wozu
bei den Nazionen die Majeſtaͤtsrechte oder Regalien
und deren ausſchließlicher Gebrauch gehoͤren. a] Das
vorzuͤglichſte Eigenthum der Voͤlker, wovon die uͤbri-

gen
A 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0019" n="5"/><fw place="top" type="header">und dem ur&#x017F;pru&#x0364;nglichen Erwerbe.</fw><lb/>
daher durch blo&#x017F;&#x017F;e Be&#x017F;itzergreifung zu Eigenthum ge-<lb/>
macht werden. Die&#x017F;e Be&#x017F;itznehmung erfodert nun zwar<lb/>
eben keine be&#x017F;ta&#x0364;ndige ko&#x0364;rperliche Innehabung, <hi rendition="#aq"><hi rendition="#sup">a</hi></hi>] &#x017F;ie<lb/>
muß jedoch &#x017F;o be&#x017F;chaffen &#x017F;eyn, daß der Wille, &#x017F;ich eine<lb/>
Sache zuzueignen, und &#x017F;ie aus&#x017F;chluswei&#x017F;e zu &#x017F;einen Ge-<lb/>
brauch zu behalten, daraus deutlich erhelle, und, daß<lb/>
die&#x017F;e dadurch den Anmaa&#x017F;&#x017F;ungen anderer entzogen wer-<lb/>
de. Sie erfodert gewi&#x017F;&#x017F;e Thathandlungen, welche die-<lb/>
&#x017F;es beides zu bewirken im Stande &#x017F;ind. Der blo&#x017F;&#x017F;e<lb/>
Wille und de&#x017F;&#x017F;en Erkla&#x0364;rung i&#x017F;t eben &#x017F;o hinla&#x0364;nglich, als<lb/>
die Be&#x017F;itzergreifung ohne Ab&#x017F;icht der Zueignung. Daß<lb/>
die Sache, welche man &#x017F;ich zueignen will, eines aus-<lb/>
&#x017F;chließlichen Be&#x017F;itzes fa&#x0364;hig &#x017F;eyn, und niemanden da-<lb/>
durch eine Beleidigung zugefu&#x0364;gt werden mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e, bedarf<lb/>
keines weitern Bewei&#x017F;es. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#sup">b</hi></hi>]</p><lb/>
            <note place="end" n="a]"><hi rendition="#aq">Chr. Gottl. <hi rendition="#i">Einert</hi> Di&#x017F;&#x017F;. praeter occupationem nul-<lb/>
lum exi&#x017F;tere modum dominii acquirendi naturalem,<lb/>
Lip&#x017F;. 1780. Monendum e&#x017F;t, non ea &#x017F;olum in domi-<lb/>
nio e&#x017F;&#x017F;e, quae corpore po&#x017F;&#x017F;identur, &#x017F;ed in quibus<lb/>
tale &#x017F;ignum relictum e&#x017F;t, ex quo quilibet intelligere<lb/>
pote&#x017F;t, ejusmodi res pro derelictis aut nullius non<lb/>
e&#x017F;&#x017F;e habendas.</hi> §. 1.</note><lb/>
            <note place="end" n="b]"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Ick&#x017F;tatt</hi> Elem. Jur. Gent. L. III. c.</hi> 2. §. 4 &amp; 5.</note><lb/>
            <note place="end" n="*]">M. vergl. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Achenwall</hi> I. Nat. L. IV. §. 231.<lb/><hi rendition="#i">Schrodt</hi> l. c.</hi> §. 6. 23.</note>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 4.<lb/><hi rendition="#g">Ver&#x017F;chiedene Gattungen des Eigenthums</hi>.</head><lb/>
            <p>Das Eigenthum be&#x017F;teht theils in beweglichen, theils<lb/>
in unbeweglichen Gu&#x0364;tern, auch gewi&#x017F;&#x017F;ermaa&#x017F;&#x017F;en in un-<lb/>
ko&#x0364;rperlichen Dingen, na&#x0364;mlich in Gerecht&#x017F;amen; wozu<lb/>
bei den Nazionen die Maje&#x017F;ta&#x0364;tsrechte oder Regalien<lb/>
und deren aus&#x017F;chließlicher Gebrauch geho&#x0364;ren. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#sup">a</hi></hi>] Das<lb/>
vorzu&#x0364;glich&#x017F;te Eigenthum der Vo&#x0364;lker, wovon die u&#x0364;bri-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">A 3</fw><fw place="bottom" type="catch">gen</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[5/0019] und dem urſpruͤnglichen Erwerbe. daher durch bloſſe Beſitzergreifung zu Eigenthum ge- macht werden. Dieſe Beſitznehmung erfodert nun zwar eben keine beſtaͤndige koͤrperliche Innehabung, a] ſie muß jedoch ſo beſchaffen ſeyn, daß der Wille, ſich eine Sache zuzueignen, und ſie ausſchlusweiſe zu ſeinen Ge- brauch zu behalten, daraus deutlich erhelle, und, daß dieſe dadurch den Anmaaſſungen anderer entzogen wer- de. Sie erfodert gewiſſe Thathandlungen, welche die- ſes beides zu bewirken im Stande ſind. Der bloſſe Wille und deſſen Erklaͤrung iſt eben ſo hinlaͤnglich, als die Beſitzergreifung ohne Abſicht der Zueignung. Daß die Sache, welche man ſich zueignen will, eines aus- ſchließlichen Beſitzes faͤhig ſeyn, und niemanden da- durch eine Beleidigung zugefuͤgt werden muͤſſe, bedarf keines weitern Beweiſes. b] a] Chr. Gottl. Einert Diſſ. praeter occupationem nul- lum exiſtere modum dominii acquirendi naturalem, Lipſ. 1780. Monendum eſt, non ea ſolum in domi- nio eſſe, quae corpore poſſidentur, ſed in quibus tale ſignum relictum eſt, ex quo quilibet intelligere poteſt, ejusmodi res pro derelictis aut nullius non eſſe habendas. §. 1. b] Ickſtatt Elem. Jur. Gent. L. III. c. 2. §. 4 & 5. *] M. vergl. Achenwall I. Nat. L. IV. §. 231. Schrodt l. c. §. 6. 23. §. 4. Verſchiedene Gattungen des Eigenthums. Das Eigenthum beſteht theils in beweglichen, theils in unbeweglichen Guͤtern, auch gewiſſermaaſſen in un- koͤrperlichen Dingen, naͤmlich in Gerechtſamen; wozu bei den Nazionen die Majeſtaͤtsrechte oder Regalien und deren ausſchließlicher Gebrauch gehoͤren. a] Das vorzuͤglichſte Eigenthum der Voͤlker, wovon die uͤbri- gen A 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/guenther_voelkerrecht02_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/guenther_voelkerrecht02_1792/19
Zitationshilfe: Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 2. Altenburg, 1792, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/guenther_voelkerrecht02_1792/19>, abgerufen am 21.11.2024.