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Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 2. Altenburg, 1792.

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Von dem Eigenthum und Gebiete der Völker
theil vertheidigen, s. Io. Gottl. Titius diss. de dominio in
rebus occupatis vltra possessionem durante, Lips. 1674.
Ickstatt L. III. c. 1. §. 14. Schol.
welche aber Einert
in der obenangeführten Schrift §. 1. zu widerlegen sucht.
*****] Wenn zwey Völker zugleich in Begrif wären, ein
Land in Besitz zu nehmen, so erhellet aus dem Vorher-
gehenden, daß dasjenige ein Eigenthum daran erwerbe,
welches zuerst körperlichen Besitz z. B. durch Anlandung
ergreift. Treffen mehrere von verschiedenen Seiten zu-
sammen, so muß jedem so viel gehören, als er durch
Zeichen der Besitzergreifung sich zu eigen gemacht hat.
Ickstatt L. III. c. 2. §. 9. 10. Wolff c. III. §. 308.
§. 10.
Widersprüche anderer Nazionen dagegen.

Es entstehen nicht nur in den vorerwähnten Fällen
darüber Streitigkeiten, daß zwey oder mehrere Nazio-
nen ein und dasselbe Land in Besitz nehmen, und sich
zueignen wollen, sondern verschiedene europäische Mäch-
te haben auch schon verlangt, daß keine Nazion weiter
sich auf einer andern Gegend der nämlichen Küste etc.
die sie besitzen, niederlassen, oder gewisser Länder, auf
deren Besitz sie selbst keine Ansprüche machen, sich blos
darum nicht anmaassen solle, weil sie durch die Nähe
dieser Besitzungen ihrem Handel etc. leicht schädlich
werden könten. a] Wie ungerecht aber dieses Verlangen
sey, erhellet leicht aus dem Grundsatz, daß es keiner Na-
zion erlaubt sey, ein Land blos aus der Ursach in Besitz
zu nehmen, um andere von dessen Nutzen auszuschlies-
sen, wenn es selbst nicht im Stande ist, dasselbe zu
bebauen. b] Kein Volk hat seines eignen Nutzens wegen
zu dieser Ausschliessung ein Recht, wenn andere nicht
durch Verträge ihrem natürlichen Erwerbungsrechte
freiwillig entsagt haben, oder das algemeine Wohl

der
Von dem Eigenthum und Gebiete der Voͤlker
theil vertheidigen, ſ. Io. Gottl. Titius diſſ. de dominio in
rebus occupatis vltra poſſeſſionem durante, Lipſ. 1674.
Ickſtatt L. III. c. 1. §. 14. Schol.
welche aber Einert
in der obenangefuͤhrten Schrift §. 1. zu widerlegen ſucht.
*****] Wenn zwey Voͤlker zugleich in Begrif waͤren, ein
Land in Beſitz zu nehmen, ſo erhellet aus dem Vorher-
gehenden, daß dasjenige ein Eigenthum daran erwerbe,
welches zuerſt koͤrperlichen Beſitz z. B. durch Anlandung
ergreift. Treffen mehrere von verſchiedenen Seiten zu-
ſammen, ſo muß jedem ſo viel gehoͤren, als er durch
Zeichen der Beſitzergreifung ſich zu eigen gemacht hat.
Ickſtatt L. III. c. 2. §. 9. 10. Wolff c. III. §. 308.
§. 10.
Widerſpruͤche anderer Nazionen dagegen.

Es entſtehen nicht nur in den vorerwaͤhnten Faͤllen
daruͤber Streitigkeiten, daß zwey oder mehrere Nazio-
nen ein und daſſelbe Land in Beſitz nehmen, und ſich
zueignen wollen, ſondern verſchiedene europaͤiſche Maͤch-
te haben auch ſchon verlangt, daß keine Nazion weiter
ſich auf einer andern Gegend der naͤmlichen Kuͤſte ꝛc.
die ſie beſitzen, niederlaſſen, oder gewiſſer Laͤnder, auf
deren Beſitz ſie ſelbſt keine Anſpruͤche machen, ſich blos
darum nicht anmaaſſen ſolle, weil ſie durch die Naͤhe
dieſer Beſitzungen ihrem Handel ꝛc. leicht ſchaͤdlich
werden koͤnten. a] Wie ungerecht aber dieſes Verlangen
ſey, erhellet leicht aus dem Grundſatz, daß es keiner Na-
zion erlaubt ſey, ein Land blos aus der Urſach in Beſitz
zu nehmen, um andere von deſſen Nutzen auszuſchlieſ-
ſen, wenn es ſelbſt nicht im Stande iſt, daſſelbe zu
bebauen. b] Kein Volk hat ſeines eignen Nutzens wegen
zu dieſer Ausſchlieſſung ein Recht, wenn andere nicht
durch Vertraͤge ihrem natuͤrlichen Erwerbungsrechte
freiwillig entſagt haben, oder das algemeine Wohl

der
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[16/0030] Von dem Eigenthum und Gebiete der Voͤlker ****] theil vertheidigen, ſ. Io. Gottl. Titius diſſ. de dominio in rebus occupatis vltra poſſeſſionem durante, Lipſ. 1674. Ickſtatt L. III. c. 1. §. 14. Schol. welche aber Einert in der obenangefuͤhrten Schrift §. 1. zu widerlegen ſucht. *****] Wenn zwey Voͤlker zugleich in Begrif waͤren, ein Land in Beſitz zu nehmen, ſo erhellet aus dem Vorher- gehenden, daß dasjenige ein Eigenthum daran erwerbe, welches zuerſt koͤrperlichen Beſitz z. B. durch Anlandung ergreift. Treffen mehrere von verſchiedenen Seiten zu- ſammen, ſo muß jedem ſo viel gehoͤren, als er durch Zeichen der Beſitzergreifung ſich zu eigen gemacht hat. Ickſtatt L. III. c. 2. §. 9. 10. Wolff c. III. §. 308. §. 10. Widerſpruͤche anderer Nazionen dagegen. Es entſtehen nicht nur in den vorerwaͤhnten Faͤllen daruͤber Streitigkeiten, daß zwey oder mehrere Nazio- nen ein und daſſelbe Land in Beſitz nehmen, und ſich zueignen wollen, ſondern verſchiedene europaͤiſche Maͤch- te haben auch ſchon verlangt, daß keine Nazion weiter ſich auf einer andern Gegend der naͤmlichen Kuͤſte ꝛc. die ſie beſitzen, niederlaſſen, oder gewiſſer Laͤnder, auf deren Beſitz ſie ſelbſt keine Anſpruͤche machen, ſich blos darum nicht anmaaſſen ſolle, weil ſie durch die Naͤhe dieſer Beſitzungen ihrem Handel ꝛc. leicht ſchaͤdlich werden koͤnten. a] Wie ungerecht aber dieſes Verlangen ſey, erhellet leicht aus dem Grundſatz, daß es keiner Na- zion erlaubt ſey, ein Land blos aus der Urſach in Beſitz zu nehmen, um andere von deſſen Nutzen auszuſchlieſ- ſen, wenn es ſelbſt nicht im Stande iſt, daſſelbe zu bebauen. b] Kein Volk hat ſeines eignen Nutzens wegen zu dieſer Ausſchlieſſung ein Recht, wenn andere nicht durch Vertraͤge ihrem natuͤrlichen Erwerbungsrechte freiwillig entſagt haben, oder das algemeine Wohl der

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Zitationshilfe: Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 2. Altenburg, 1792, S. 16. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/guenther_voelkerrecht02_1792/30>, abgerufen am 03.12.2024.