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Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 2. Altenburg, 1792.

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Von dem Eigenthum und Gebiete der Völker
§. 23.
Mitländisches Meer.

Ueber das mitländische Meer, eines der grösten,
welches die Lande verschiedener europäischer Nazionen
von Asien und Afrika trennt, und, mittelst der Meer-
enge von Gibraltar, mit dem atlantischen Meere zu-
sammenhängt, hat, seit dem die Herschaft der Römer,
welche alle daran gelegenen Lande besassen, ein Ende
erreicht, a] im Ganzen eben kein Volk ein ausschließli-
ches Recht behauptet; ausser was etwa einige Schrift-
steller diesem oder ienem zuzuschreiben für gut gefunden
haben. b] Indes ist in neuern Zeiten darüber gestrit-
ten worden, ob es für ein geschlossenes Meer zu ach-
ten. c] Auf einzelne Stücke desselben hingegen, die
ihren besondern Namen führen, z. B. das adriatische,
das ligustische Meer, machen mehrere europäische Völ-
ker Anspruch.

a] Mart. Schockii Imperium marit. c. 5. in Cocceji Grot.
illustr.
S. 64. Bynckershoeck de domin. maris c. 3.
b] Herm. Conringii Consilium de maris mediterranei
dominio & commerciis regi Christianissimo vindicandis.
Helmst.
1670. 4. und in Opp. T. I. p. 989 -- 1008.
Er glaubt nämlich, daß Frankreich sich zum Herrn des
mitl. Meeres machen könte, wenn es wolte; und Byn-
kershoeck
a. a. O. c. 6 äussert, daß der König in
Frankreich 1657. gegen den holländischen Gesandten
wirklich einen solchen Eigenthumsgedanken gehabt habe.
c] Rußland behauptete bey Gelegenheit der Irrungen mit
der Pforte 1783. gegen Frankreich, welches die bevor-
stehende Erscheinung einer russischen Flotte im mitlän-
dischen Meere nicht mit gleichgültigen Augen ansah, daß
dieses Meer kein geschlossenes Meer [mare clausum]
wie die Ostsee sey, da die Strasse von Gibraltar nicht
so wie der Sund geschlossen werden könte, und eine
Von dem Eigenthum und Gebiete der Voͤlker
§. 23.
Mitlaͤndiſches Meer.

Ueber das mitlaͤndiſche Meer, eines der groͤſten,
welches die Lande verſchiedener europaͤiſcher Nazionen
von Aſien und Afrika trennt, und, mittelſt der Meer-
enge von Gibraltar, mit dem atlantiſchen Meere zu-
ſammenhaͤngt, hat, ſeit dem die Herſchaft der Roͤmer,
welche alle daran gelegenen Lande beſaſſen, ein Ende
erreicht, a] im Ganzen eben kein Volk ein ausſchließli-
ches Recht behauptet; auſſer was etwa einige Schrift-
ſteller dieſem oder ienem zuzuſchreiben fuͤr gut gefunden
haben. b] Indes iſt in neuern Zeiten daruͤber geſtrit-
ten worden, ob es fuͤr ein geſchloſſenes Meer zu ach-
ten. c] Auf einzelne Stuͤcke deſſelben hingegen, die
ihren beſondern Namen fuͤhren, z. B. das adriatiſche,
das liguſtiſche Meer, machen mehrere europaͤiſche Voͤl-
ker Anſpruch.

a] Mart. Schockii Imperium marit. c. 5. in Cocceji Grot.
illuſtr.
S. 64. Bynckershoeck de domin. maris c. 3.
b] Herm. Conringii Conſilium de maris mediterranei
dominio & commerciis regi Chriſtianiſſimo vindicandis.
Helmſt.
1670. 4. und in Opp. T. I. p. 989 — 1008.
Er glaubt naͤmlich, daß Frankreich ſich zum Herrn des
mitl. Meeres machen koͤnte, wenn es wolte; und Byn-
kershoeck
a. a. O. c. 6 aͤuſſert, daß der Koͤnig in
Frankreich 1657. gegen den hollaͤndiſchen Geſandten
wirklich einen ſolchen Eigenthumsgedanken gehabt habe.
c] Rußland behauptete bey Gelegenheit der Irrungen mit
der Pforte 1783. gegen Frankreich, welches die bevor-
ſtehende Erſcheinung einer ruſſiſchen Flotte im mitlaͤn-
diſchen Meere nicht mit gleichguͤltigen Augen anſah, daß
dieſes Meer kein geſchloſſenes Meer [mare clauſum]
wie die Oſtſee ſey, da die Straſſe von Gibraltar nicht
ſo wie der Sund geſchloſſen werden koͤnte, und eine
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[44/0058] Von dem Eigenthum und Gebiete der Voͤlker §. 23. Mitlaͤndiſches Meer. Ueber das mitlaͤndiſche Meer, eines der groͤſten, welches die Lande verſchiedener europaͤiſcher Nazionen von Aſien und Afrika trennt, und, mittelſt der Meer- enge von Gibraltar, mit dem atlantiſchen Meere zu- ſammenhaͤngt, hat, ſeit dem die Herſchaft der Roͤmer, welche alle daran gelegenen Lande beſaſſen, ein Ende erreicht, a] im Ganzen eben kein Volk ein ausſchließli- ches Recht behauptet; auſſer was etwa einige Schrift- ſteller dieſem oder ienem zuzuſchreiben fuͤr gut gefunden haben. b] Indes iſt in neuern Zeiten daruͤber geſtrit- ten worden, ob es fuͤr ein geſchloſſenes Meer zu ach- ten. c] Auf einzelne Stuͤcke deſſelben hingegen, die ihren beſondern Namen fuͤhren, z. B. das adriatiſche, das liguſtiſche Meer, machen mehrere europaͤiſche Voͤl- ker Anſpruch. a] Mart. Schockii Imperium marit. c. 5. in Cocceji Grot. illuſtr. S. 64. Bynckershoeck de domin. maris c. 3. b] Herm. Conringii Conſilium de maris mediterranei dominio & commerciis regi Chriſtianiſſimo vindicandis. Helmſt. 1670. 4. und in Opp. T. I. p. 989 — 1008. Er glaubt naͤmlich, daß Frankreich ſich zum Herrn des mitl. Meeres machen koͤnte, wenn es wolte; und Byn- kershoeck a. a. O. c. 6 aͤuſſert, daß der Koͤnig in Frankreich 1657. gegen den hollaͤndiſchen Geſandten wirklich einen ſolchen Eigenthumsgedanken gehabt habe. c] Rußland behauptete bey Gelegenheit der Irrungen mit der Pforte 1783. gegen Frankreich, welches die bevor- ſtehende Erſcheinung einer ruſſiſchen Flotte im mitlaͤn- diſchen Meere nicht mit gleichguͤltigen Augen anſah, daß dieſes Meer kein geſchloſſenes Meer [mare clauſum] wie die Oſtſee ſey, da die Straſſe von Gibraltar nicht ſo wie der Sund geſchloſſen werden koͤnte, und eine Menge

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Zitationshilfe: Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 2. Altenburg, 1792, S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/guenther_voelkerrecht02_1792/58>, abgerufen am 27.11.2024.