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Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 2. Altenburg, 1792.

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Von dem Eigenthum und Gebiete der Völker

Möglich ist die Besitznehmung und Behauptung
des an die Küsten stossenden Meeres auch, weil theils
durch Unterhaltung einer Flotte, theils durch Anstalten
von den Küsten aus, die Schiffe anderer Nazionen
von dessen Gebrauche füglich abgehalten werden kön-
nen. c]

Wie weit von den Küsten aus ins Meer hinein
das Eigenthum sich erstrecke? war besonders ehedem
eine sehr schwer zu bestimmende Frage. Die Antwort:
so weit man dasselbe zu behaupten im Stande, war
damals ein sehr unzuverlässiger Maasstaab zur Grenz-
scheidung. Jtzt, nachdem das grobe Geschütz erfunden
worden, hat man das Eigenthum fast durchgängig so
weit angenommen, als das Meer von den Küsten aus
mit Kanonen bestrichen werden kann. d]

Von den meisten neuern Völkerrechtslehrern, so
wie von den heutigen europäischen Nazionen selbst,
wird beinah allein über diesen an die Küste stossenden
Theil des Meeres ein Recht des Eigenthums zugestan-
den. e]

a] Martens precis du d. des g. L. IV. c. 4. §. 122.
b] Grotius in mar. lib. c. 5. und I. B. & P. L. 2. c. 3.
und einer seiner vorzüglichsten Commentatoren Sam. von
Cocceji halten, nach der Meinung der römischen Juri-
sten, zwar auch die Küsten selbst für frey und dem ge-
meinschaftlichen Gebrauche vorbehalten; non, wie Coc-
ceji
bey der ersten Stelle schreibt, quia natura occupari
non possunt, sed ex medii necessitate, quia quatenus
littora ad maris vsum necessaria sunt, communia ne-
cessario manere debent
[Gebäude darauf setzen, Bäume
pflanzen, Netze trocknen etc. werden iedoch dahin nicht
gerechnet] M. vergl. dessen Introd. ad Henr. Cocceji
Grot. illustr. diss. prooem. XII.
§. 221. u. f. ingl.
Graswinckel adv. Burgum c. 13. p. 219. Allein die
Von dem Eigenthum und Gebiete der Voͤlker

Moͤglich iſt die Beſitznehmung und Behauptung
des an die Kuͤſten ſtoſſenden Meeres auch, weil theils
durch Unterhaltung einer Flotte, theils durch Anſtalten
von den Kuͤſten aus, die Schiffe anderer Nazionen
von deſſen Gebrauche fuͤglich abgehalten werden koͤn-
nen. c]

Wie weit von den Kuͤſten aus ins Meer hinein
das Eigenthum ſich erſtrecke? war beſonders ehedem
eine ſehr ſchwer zu beſtimmende Frage. Die Antwort:
ſo weit man daſſelbe zu behaupten im Stande, war
damals ein ſehr unzuverlaͤſſiger Maasſtaab zur Grenz-
ſcheidung. Jtzt, nachdem das grobe Geſchuͤtz erfunden
worden, hat man das Eigenthum faſt durchgaͤngig ſo
weit angenommen, als das Meer von den Kuͤſten aus
mit Kanonen beſtrichen werden kann. d]

Von den meiſten neuern Voͤlkerrechtslehrern, ſo
wie von den heutigen europaͤiſchen Nazionen ſelbſt,
wird beinah allein uͤber dieſen an die Kuͤſte ſtoſſenden
Theil des Meeres ein Recht des Eigenthums zugeſtan-
den. e]

a] Martens précis du d. des g. L. IV. c. 4. §. 122.
b] Grotius in mar. lib. c. 5. und I. B. & P. L. 2. c. 3.
und einer ſeiner vorzuͤglichſten Commentatoren Sam. von
Cocceji halten, nach der Meinung der roͤmiſchen Juri-
ſten, zwar auch die Kuͤſten ſelbſt fuͤr frey und dem ge-
meinſchaftlichen Gebrauche vorbehalten; non, wie Coc-
ceji
bey der erſten Stelle ſchreibt, quia natura occupari
non poſſunt, ſed ex medii neceſſitate, quia quatenus
littora ad maris vſum neceſſaria ſunt, communia ne-
ceſſario manere debent
[Gebaͤude darauf ſetzen, Baͤume
pflanzen, Netze trocknen ꝛc. werden iedoch dahin nicht
gerechnet] M. vergl. deſſen Introd. ad Henr. Cocceji
Grot. illuſtr. diſſ. prooem. XII.
§. 221. u. f. ingl.
Graswinckel adv. Burgum c. 13. p. 219. Allein die
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[50/0064] Von dem Eigenthum und Gebiete der Voͤlker Moͤglich iſt die Beſitznehmung und Behauptung des an die Kuͤſten ſtoſſenden Meeres auch, weil theils durch Unterhaltung einer Flotte, theils durch Anſtalten von den Kuͤſten aus, die Schiffe anderer Nazionen von deſſen Gebrauche fuͤglich abgehalten werden koͤn- nen. c] Wie weit von den Kuͤſten aus ins Meer hinein das Eigenthum ſich erſtrecke? war beſonders ehedem eine ſehr ſchwer zu beſtimmende Frage. Die Antwort: ſo weit man daſſelbe zu behaupten im Stande, war damals ein ſehr unzuverlaͤſſiger Maasſtaab zur Grenz- ſcheidung. Jtzt, nachdem das grobe Geſchuͤtz erfunden worden, hat man das Eigenthum faſt durchgaͤngig ſo weit angenommen, als das Meer von den Kuͤſten aus mit Kanonen beſtrichen werden kann. d] Von den meiſten neuern Voͤlkerrechtslehrern, ſo wie von den heutigen europaͤiſchen Nazionen ſelbſt, wird beinah allein uͤber dieſen an die Kuͤſte ſtoſſenden Theil des Meeres ein Recht des Eigenthums zugeſtan- den. e] a] Martens précis du d. des g. L. IV. c. 4. §. 122. b] Grotius in mar. lib. c. 5. und I. B. & P. L. 2. c. 3. und einer ſeiner vorzuͤglichſten Commentatoren Sam. von Cocceji halten, nach der Meinung der roͤmiſchen Juri- ſten, zwar auch die Kuͤſten ſelbſt fuͤr frey und dem ge- meinſchaftlichen Gebrauche vorbehalten; non, wie Coc- ceji bey der erſten Stelle ſchreibt, quia natura occupari non poſſunt, ſed ex medii neceſſitate, quia quatenus littora ad maris vſum neceſſaria ſunt, communia ne- ceſſario manere debent [Gebaͤude darauf ſetzen, Baͤume pflanzen, Netze trocknen ꝛc. werden iedoch dahin nicht gerechnet] M. vergl. deſſen Introd. ad Henr. Cocceji Grot. illuſtr. diſſ. prooem. XII. §. 221. u. f. ingl. Graswinckel adv. Burgum c. 13. p. 219. Allein die Ufer

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Zitationshilfe: Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 2. Altenburg, 1792, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/guenther_voelkerrecht02_1792/64>, abgerufen am 27.11.2024.