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Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733.

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Cap. IV.
jenige in seinem Stand recht glücklich, qui desideria sua conformiter re-
stringit;
dahin trachtet, ut intentionem consequatur & mala averruncet.

Wie im Ehe-
Stande?

§. 5. Ohne Weib kan man nicht seyn, es ist ein necessarium bo-
num,
bey stultis aber ist es auch ein necessarium malum. Der Mensch
muß eine Gehülffin haben. Also kan man leicht sehen, was der scopus
seyn müsse, wenn man will felix seyn. Der scopus ist, socia commoda
est eligenda.
Wo eine electio ist, muß man vor allen Dingen auf das
essentiale regardiren. Accidentale kan weg seyn; Ist es aber da? bien!
hergegen das essentiale ist das hauptsächlichste. Die Leute aber fallen
auf accidentalia, und da siehet man, daß sie keine rechte cognitionem
status sui
haben. Callieres hat auch eine distinction gemacht unter in-
terius & exterius.
Dasjenige, was wir essentiale nennen, nennet er in-
terius.
Weil aber diese Redens-Art obscur, so brauche ich lieber essen-
tiale.
Der Haupt-Zweck ist, daß wir wollen Kinder mit einander zeu-
gen, und machen, daß das menschliche Geschlecht unsterblich werde. Wir
wollen auch einander helffen in der Auferziehung und Haushaltung. Das
essentiale bestehet darinnen, daß du eine Person bekommest, welche la-
boriös,
und also auch virtute praedita. Denn die ist nicht virtute prae-
dita,
welche den scopum nicht in acht nimmt. Wenn die Frau labo-
rieux
ist, so ist sie auch nicht fordida, sie kämmet sich, wäschet sich etc.
Hergegen eine Frau, welche faul ist, ist eine Schlampampe, in ihrem
Hause siehet es aus, wie in einem Schweinstall, und wenn sie auch von
extraction ist, daß sie Leute hat, welche alles thun müssen, so giebet sie
doch nicht auf solche acht, und das Gesinde thut, was es will. Ist la-
boriositas
da, so decliniren sie nicht ad luxum: denn da haben sie viel
zu thun, und gedencken nicht an solche Eitelkeiten. Valckenier, welcher
eine Beschreibung von der Schweitz ediret, die wohl zu lesen, saget, da-
her komme es, daß es in der Schweitz so ordentlich zugehet: Denn weil
die Weiber alle arbeiten, so dächte niemand an amours und andere
Dinge. Vor dem haben auch die vornehmsten Weibes-Personen gear-
beitet. Eine Frau, die beständig zu thun hat, putzt sich auch nicht, sie
sucht sich freylich reinlich zu kleiden, pour le reste aber schminckt sie sich
nicht, putzt sie sich nicht, so ziehet sie keine propre Kleider an; denn eine
solche, die sich propre kleidet, tritt vor den Spiegel, und denckt, sie sey
eine Princeßin. Wenn sie auf der Strasse gehet, alliciuntur alii homi-
nes,
daß sie stille stehen und fragen, wer sie sey? hergegen bey Leuten,
die da simple hergehen, bleibet man nicht stille stehen: denn es ist nihil
micans
da. Unsere Weiber aber sind nicht so beschaffen, daß sie nichts
thun, sie sitzen nimmer stille, trincken Coffee, spielen etc. daher kan es nicht

anders

Cap. IV.
jenige in ſeinem Stand recht gluͤcklich, qui deſideria ſua conformiter re-
ſtringit;
dahin trachtet, ut intentionem conſequatur & mala averruncet.

Wie im Ehe-
Stande?

§. 5. Ohne Weib kan man nicht ſeyn, es iſt ein neceſſarium bo-
num,
bey ſtultis aber iſt es auch ein neceſſarium malum. Der Menſch
muß eine Gehuͤlffin haben. Alſo kan man leicht ſehen, was der ſcopus
ſeyn muͤſſe, wenn man will felix ſeyn. Der ſcopus iſt, ſocia commoda
eſt eligenda.
Wo eine electio iſt, muß man vor allen Dingen auf das
eſſentiale regardiren. Accidentale kan weg ſeyn; Iſt es aber da? bien!
hergegen das eſſentiale iſt das hauptſaͤchlichſte. Die Leute aber fallen
auf accidentalia, und da ſiehet man, daß ſie keine rechte cognitionem
ſtatus ſui
haben. Callieres hat auch eine diſtinction gemacht unter in-
terius & exterius.
Dasjenige, was wir eſſentiale nennen, nennet er in-
terius.
Weil aber dieſe Redens-Art obſcur, ſo brauche ich lieber eſſen-
tiale.
Der Haupt-Zweck iſt, daß wir wollen Kinder mit einander zeu-
gen, und machen, daß das menſchliche Geſchlecht unſterblich werde. Wir
wollen auch einander helffen in der Auferziehung und Haushaltung. Das
eſſentiale beſtehet darinnen, daß du eine Perſon bekommeſt, welche la-
boriös,
und alſo auch virtute prædita. Denn die iſt nicht virtute præ-
dita,
welche den ſcopum nicht in acht nimmt. Wenn die Frau labo-
rieux
iſt, ſo iſt ſie auch nicht fordida, ſie kaͤmmet ſich, waͤſchet ſich ꝛc.
Hergegen eine Frau, welche faul iſt, iſt eine Schlampampe, in ihrem
Hauſe ſiehet es aus, wie in einem Schweinſtall, und wenn ſie auch von
extraction iſt, daß ſie Leute hat, welche alles thun muͤſſen, ſo giebet ſie
doch nicht auf ſolche acht, und das Geſinde thut, was es will. Iſt la-
borioſitas
da, ſo decliniren ſie nicht ad luxum: denn da haben ſie viel
zu thun, und gedencken nicht an ſolche Eitelkeiten. Valckenier, welcher
eine Beſchreibung von der Schweitz ediret, die wohl zu leſen, ſaget, da-
her komme es, daß es in der Schweitz ſo ordentlich zugehet: Denn weil
die Weiber alle arbeiten, ſo daͤchte niemand an amours und andere
Dinge. Vor dem haben auch die vornehmſten Weibes-Perſonen gear-
beitet. Eine Frau, die beſtaͤndig zu thun hat, putzt ſich auch nicht, ſie
ſucht ſich freylich reinlich zu kleiden, pour le reſte aber ſchminckt ſie ſich
nicht, putzt ſie ſich nicht, ſo ziehet ſie keine propre Kleider an; denn eine
ſolche, die ſich propre kleidet, tritt vor den Spiegel, und denckt, ſie ſey
eine Princeßin. Wenn ſie auf der Straſſe gehet, alliciuntur alii homi-
nes,
daß ſie ſtille ſtehen und fragen, wer ſie ſey? hergegen bey Leuten,
die da ſimple hergehen, bleibet man nicht ſtille ſtehen: denn es iſt nihil
micans
da. Unſere Weiber aber ſind nicht ſo beſchaffen, daß ſie nichts
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[92/0112] Cap. IV. jenige in ſeinem Stand recht gluͤcklich, qui deſideria ſua conformiter re- ſtringit; dahin trachtet, ut intentionem conſequatur & mala averruncet. §. 5. Ohne Weib kan man nicht ſeyn, es iſt ein neceſſarium bo- num, bey ſtultis aber iſt es auch ein neceſſarium malum. Der Menſch muß eine Gehuͤlffin haben. Alſo kan man leicht ſehen, was der ſcopus ſeyn muͤſſe, wenn man will felix ſeyn. Der ſcopus iſt, ſocia commoda eſt eligenda. Wo eine electio iſt, muß man vor allen Dingen auf das eſſentiale regardiren. Accidentale kan weg ſeyn; Iſt es aber da? bien! hergegen das eſſentiale iſt das hauptſaͤchlichſte. Die Leute aber fallen auf accidentalia, und da ſiehet man, daß ſie keine rechte cognitionem ſtatus ſui haben. Callieres hat auch eine diſtinction gemacht unter in- terius & exterius. Dasjenige, was wir eſſentiale nennen, nennet er in- terius. Weil aber dieſe Redens-Art obſcur, ſo brauche ich lieber eſſen- tiale. Der Haupt-Zweck iſt, daß wir wollen Kinder mit einander zeu- gen, und machen, daß das menſchliche Geſchlecht unſterblich werde. Wir wollen auch einander helffen in der Auferziehung und Haushaltung. Das eſſentiale beſtehet darinnen, daß du eine Perſon bekommeſt, welche la- boriös, und alſo auch virtute prædita. Denn die iſt nicht virtute præ- dita, welche den ſcopum nicht in acht nimmt. Wenn die Frau labo- rieux iſt, ſo iſt ſie auch nicht fordida, ſie kaͤmmet ſich, waͤſchet ſich ꝛc. Hergegen eine Frau, welche faul iſt, iſt eine Schlampampe, in ihrem Hauſe ſiehet es aus, wie in einem Schweinſtall, und wenn ſie auch von extraction iſt, daß ſie Leute hat, welche alles thun muͤſſen, ſo giebet ſie doch nicht auf ſolche acht, und das Geſinde thut, was es will. Iſt la- borioſitas da, ſo decliniren ſie nicht ad luxum: denn da haben ſie viel zu thun, und gedencken nicht an ſolche Eitelkeiten. Valckenier, welcher eine Beſchreibung von der Schweitz ediret, die wohl zu leſen, ſaget, da- her komme es, daß es in der Schweitz ſo ordentlich zugehet: Denn weil die Weiber alle arbeiten, ſo daͤchte niemand an amours und andere Dinge. Vor dem haben auch die vornehmſten Weibes-Perſonen gear- beitet. Eine Frau, die beſtaͤndig zu thun hat, putzt ſich auch nicht, ſie ſucht ſich freylich reinlich zu kleiden, pour le reſte aber ſchminckt ſie ſich nicht, putzt ſie ſich nicht, ſo ziehet ſie keine propre Kleider an; denn eine ſolche, die ſich propre kleidet, tritt vor den Spiegel, und denckt, ſie ſey eine Princeßin. Wenn ſie auf der Straſſe gehet, alliciuntur alii homi- nes, daß ſie ſtille ſtehen und fragen, wer ſie ſey? hergegen bey Leuten, die da ſimple hergehen, bleibet man nicht ſtille ſtehen: denn es iſt nihil micans da. Unſere Weiber aber ſind nicht ſo beſchaffen, daß ſie nichts thun, ſie ſitzen nimmer ſtille, trincken Coffée, ſpielen ꝛc. daher kan es nicht anders

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Zitationshilfe: Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733, S. 92. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gundling_discours_1733/112>, abgerufen am 27.11.2024.