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Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733.

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De vera cujuslibet status felicitate.
anders seyn, als daß sie kranck werden, wenn nur ein Lüfftgen gehet, sie wer-
den fett und dicke, und wenn sie dicke werden, brauchen sie allerhand remedia,
dadurch ruiniren sie ihre Natur. Weil sie nichts zu thun haben, bleiben sie
nicht zu Hause; dahergegen die Juden gescheuter gewesen, und haben die
Frauen müssen seyn domisedae. Hadrianus, Reland Prof. Linguar. Oriental.
der einen bon sens hat, einen schönen stylum schreibt, und in der Historie ver-
si
rt, hat eine Dissertation geschrieben: de Uxore domiseda, welche mit in die
fasciculos Bremens. eingedruckt, darinnen er gewiesen, warum die Juden das
gesagt? denn eine Frau, welche immer ausschwäntzet, und Visiten giebet, die
thut im Hause nichts, non est adjutrix, sie ruiniret vielmehr alles, sie kan wohl
conversiren, aber nicht alle Tage, daher kommt es eben, daß die Land-
Juncker meist caput gehen. Denn sie nehmen mehrentheils Hof-Da-
mes,
wenn nun diese aufs Dorff kommen, so wollen sie ein schön Hauß
haben, sie wollen in Assembleen gehen, fressen und sauffen Tag und Nacht.
Quaer. Ob ich bey der electione auf nichts weiter sehen muß? Resp. Man
muß auch sehen auf die similitudinem morum, und auf die similitudinem
der profession: Denn fehlet dieses, so hilfft sie dir nichts. Daher ha-
ben die Teutschen gesagt: Man solle nicht über seinen Mist freyen. Sie
muß das mit verrichten können, quod ad laborem tibi proficuum per-
tinet.
Wenn ein Kauffmann eine adeliche Dame heyrathet, die schicket
sich nicht vor ihm, und sie wird ihm bey seiner profession nicht viel helf-
fen. Es ist sehr schön, wenn Ehe-Leute gleiche temperamenta, gleiche
inclinationes haben, und ist sehr verdrießlich, wenn der Mann lustig,
und hat eine melancholische Frau, oder wenn die Frau lustig und der
Mann melancholisch: Aber daß die inclinationes accurat überein treffen,
wird eben nicht erfordert. Ja es ist bisweilen gut, wenn der Mann
melancholisch ist, daß er eine Frau hat, so etwas aufgeweckt ist. Feh-
len nun aber die requisita bey Eheleuten, so wäre es besser, daß sie coeli-
bes
geblieben. Reichthum ist eine accidentale. Wenn die Frau sonst
keinen Fehler hat, und dabey was in Vermögen hat, so ist es gut, und
lebt man commoder: Denn was man schon hat, darff man nicht erst
erwerben. Du must aber doch nicht stille sitzen, sondern arbeiten, sonst
hilfft dir der Reichthum nichts. Denn gesetzt, du hast eine bekommen
mit 20000. Rthlr, sind es Land-Güter, so kanst du sie jährlich über tau-
send Thaler nicht nutzen, arbeitet nun die Frau nicht, so must du vor sie
etliche Mägde haben, auch wohl gar einen Laquayen, du must ihr alle
Jahr propre Kleider machen, sie will in Assembleen gehen, trincket wohl
alle Tage etliche Kannen Wein, sie bringet dir nichts ein, nam non se-
det domi,
ja weil sie propre lebet, verleitet sie dich auch zu allerhand Ver-

schwen-
M 3

De vera cujuslibet ſtatus felicitate.
anders ſeyn, als daß ſie kranck werden, wenn nur ein Luͤfftgen gehet, ſie wer-
den fett und dicke, und wenn ſie dicke werden, brauchen ſie allerhand remedia,
dadurch ruiniren ſie ihre Natur. Weil ſie nichts zu thun haben, bleiben ſie
nicht zu Hauſe; dahergegen die Juden geſcheuter geweſen, und haben die
Frauen muͤſſen ſeyn domiſedæ. Hadrianus, Reland Prof. Linguar. Oriental.
der einen bon ſens hat, einen ſchoͤnen ſtylum ſchreibt, und in der Hiſtorie ver-
ſi
rt, hat eine Diſſertation geſchrieben: de Uxore domiſeda, welche mit in die
faſciculos Bremenſ. eingedruckt, darinnen er gewieſen, warum die Juden das
geſagt? denn eine Frau, welche immer ausſchwaͤntzet, und Viſiten giebet, die
thut im Hauſe nichts, non eſt adjutrix, ſie ruiniret vielmehr alles, ſie kan wohl
converſiren, aber nicht alle Tage, daher kommt es eben, daß die Land-
Juncker meiſt caput gehen. Denn ſie nehmen mehrentheils Hof-Da-
mes,
wenn nun dieſe aufs Dorff kommen, ſo wollen ſie ein ſchoͤn Hauß
haben, ſie wollen in Aſſembléen gehen, freſſen und ſauffen Tag und Nacht.
Quær. Ob ich bey der electione auf nichts weiter ſehen muß? Reſp. Man
muß auch ſehen auf die ſimilitudinem morum, und auf die ſimilitudinem
der profeſſion: Denn fehlet dieſes, ſo hilfft ſie dir nichts. Daher ha-
ben die Teutſchen geſagt: Man ſolle nicht uͤber ſeinen Miſt freyen. Sie
muß das mit verrichten koͤnnen, quod ad laborem tibi proficuum per-
tinet.
Wenn ein Kauffmann eine adeliche Dame heyrathet, die ſchicket
ſich nicht vor ihm, und ſie wird ihm bey ſeiner profeſſion nicht viel helf-
fen. Es iſt ſehr ſchoͤn, wenn Ehe-Leute gleiche temperamenta, gleiche
inclinationes haben, und iſt ſehr verdrießlich, wenn der Mann luſtig,
und hat eine melancholiſche Frau, oder wenn die Frau luſtig und der
Mann melancholiſch: Aber daß die inclinationes accurat uͤberein treffen,
wird eben nicht erfordert. Ja es iſt bisweilen gut, wenn der Mann
melancholiſch iſt, daß er eine Frau hat, ſo etwas aufgeweckt iſt. Feh-
len nun aber die requiſita bey Eheleuten, ſo waͤre es beſſer, daß ſie cœli-
bes
geblieben. Reichthum iſt eine accidentale. Wenn die Frau ſonſt
keinen Fehler hat, und dabey was in Vermoͤgen hat, ſo iſt es gut, und
lebt man commoder: Denn was man ſchon hat, darff man nicht erſt
erwerben. Du muſt aber doch nicht ſtille ſitzen, ſondern arbeiten, ſonſt
hilfft dir der Reichthum nichts. Denn geſetzt, du haſt eine bekommen
mit 20000. Rthlr, ſind es Land-Guͤter, ſo kanſt du ſie jaͤhrlich uͤber tau-
ſend Thaler nicht nutzen, arbeitet nun die Frau nicht, ſo muſt du vor ſie
etliche Maͤgde haben, auch wohl gar einen Laquayen, du muſt ihr alle
Jahr propre Kleider machen, ſie will in Aſſembleén gehen, trincket wohl
alle Tage etliche Kannen Wein, ſie bringet dir nichts ein, nam non ſe-
det domi,
ja weil ſie propre lebet, verleitet ſie dich auch zu allerhand Ver-

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[93/0113] De vera cujuslibet ſtatus felicitate. anders ſeyn, als daß ſie kranck werden, wenn nur ein Luͤfftgen gehet, ſie wer- den fett und dicke, und wenn ſie dicke werden, brauchen ſie allerhand remedia, dadurch ruiniren ſie ihre Natur. Weil ſie nichts zu thun haben, bleiben ſie nicht zu Hauſe; dahergegen die Juden geſcheuter geweſen, und haben die Frauen muͤſſen ſeyn domiſedæ. Hadrianus, Reland Prof. Linguar. Oriental. der einen bon ſens hat, einen ſchoͤnen ſtylum ſchreibt, und in der Hiſtorie ver- ſirt, hat eine Diſſertation geſchrieben: de Uxore domiſeda, welche mit in die faſciculos Bremenſ. eingedruckt, darinnen er gewieſen, warum die Juden das geſagt? denn eine Frau, welche immer ausſchwaͤntzet, und Viſiten giebet, die thut im Hauſe nichts, non eſt adjutrix, ſie ruiniret vielmehr alles, ſie kan wohl converſiren, aber nicht alle Tage, daher kommt es eben, daß die Land- Juncker meiſt caput gehen. Denn ſie nehmen mehrentheils Hof-Da- mes, wenn nun dieſe aufs Dorff kommen, ſo wollen ſie ein ſchoͤn Hauß haben, ſie wollen in Aſſembléen gehen, freſſen und ſauffen Tag und Nacht. Quær. Ob ich bey der electione auf nichts weiter ſehen muß? Reſp. Man muß auch ſehen auf die ſimilitudinem morum, und auf die ſimilitudinem der profeſſion: Denn fehlet dieſes, ſo hilfft ſie dir nichts. Daher ha- ben die Teutſchen geſagt: Man ſolle nicht uͤber ſeinen Miſt freyen. Sie muß das mit verrichten koͤnnen, quod ad laborem tibi proficuum per- tinet. Wenn ein Kauffmann eine adeliche Dame heyrathet, die ſchicket ſich nicht vor ihm, und ſie wird ihm bey ſeiner profeſſion nicht viel helf- fen. Es iſt ſehr ſchoͤn, wenn Ehe-Leute gleiche temperamenta, gleiche inclinationes haben, und iſt ſehr verdrießlich, wenn der Mann luſtig, und hat eine melancholiſche Frau, oder wenn die Frau luſtig und der Mann melancholiſch: Aber daß die inclinationes accurat uͤberein treffen, wird eben nicht erfordert. Ja es iſt bisweilen gut, wenn der Mann melancholiſch iſt, daß er eine Frau hat, ſo etwas aufgeweckt iſt. Feh- len nun aber die requiſita bey Eheleuten, ſo waͤre es beſſer, daß ſie cœli- bes geblieben. Reichthum iſt eine accidentale. Wenn die Frau ſonſt keinen Fehler hat, und dabey was in Vermoͤgen hat, ſo iſt es gut, und lebt man commoder: Denn was man ſchon hat, darff man nicht erſt erwerben. Du muſt aber doch nicht ſtille ſitzen, ſondern arbeiten, ſonſt hilfft dir der Reichthum nichts. Denn geſetzt, du haſt eine bekommen mit 20000. Rthlr, ſind es Land-Guͤter, ſo kanſt du ſie jaͤhrlich uͤber tau- ſend Thaler nicht nutzen, arbeitet nun die Frau nicht, ſo muſt du vor ſie etliche Maͤgde haben, auch wohl gar einen Laquayen, du muſt ihr alle Jahr propre Kleider machen, ſie will in Aſſembleén gehen, trincket wohl alle Tage etliche Kannen Wein, ſie bringet dir nichts ein, nam non ſe- det domi, ja weil ſie propre lebet, verleitet ſie dich auch zu allerhand Ver- ſchwen- M 3

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Zitationshilfe: Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733, S. 93. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gundling_discours_1733/113>, abgerufen am 27.11.2024.