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Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733.

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De vera cujuslibet status felicitate.
sehr perfect gewesen. Denn es war darinnen keine inaequalitas; kein
luxus; sie hatten Deum praesentem; die religio war ächt; keine ambition
war da, so ist doch die Republic nachgehends übern Hauffen gegangen.
Denn sie wollten einen König haben, wie sie nun einen König hatten,
bekamen sie übele Herren, die Geistlichkeit hatte viel zu sprechen, und
nahm sich so viel heraus, sie fielen auf Abgöttereyen, was der König
that, thaten sie auch, da giengen sie zu Grunde. Es entstund daneben
das Reich der Syrer und Babylonier, und hat Prideaux gewiesen, wie
sich diese aggrandiret. Da sie mächtig waren, unterdruckten sie auch die
Juden. Die Juden musten in die Babylonische Gefängniß, sie kamen
wieder heraus, verfielen aber auf Thorheiten, da denn endlich die Römer
kamen, und ihrem Reich gantz ein Ende gemacht. Prideaux kan hier
wohl gelesen werden, denn er postilliret nichts, sondern hat die Antiqui-
tae
ten gut studiret, und gehet bis auf die Zeiten CHristi, wo er aufgehö-
ret hat, fänget der Basnage an. Der Vitringa in seiner Introduction ad
Histor. Eccles.
hat auch vieles hievon beygebracht.

§. 15. 16. Die Gelehrten acquiesciren nicht. Sie haben gese-De rebuspu-
blicis ideali-
bus.

hen, daß die res publicae impetu entstanden, und dieselben in summa im-
perfectione
stehen; die rem publicam Judaicam haben sie nicht ange-
schauet, sondern dieselbe vorbey gehen lassen. Daher sind sie auf ideales
respublicas
gefallen, dergleichen Plato fingiret hat. Plato war ein durch-
triebener Kopf, wer ihn verachtet, der hat ihn entweder nicht gelesen,
oder aber dasjenige, was er von ihm gelesen, nicht reflectiret. Die We-
nigsten reflectiren über seine Sachen, weil er per dialogos geschi ieben,
die bisweilen subtil, und schwer zu verstehen sind. Da muß man sol-
che Leute lesen, die fast ihre gantze Lebens-Zeit mit des Platonis princi-
piis,
um dieselben zu überlegen zugebracht; Dergleichen der Marsilius Fi-
cinus
und Bessarion sind. Man muß auch in der historia Philosophia
versi
ret seyn, wenn man ihn will verstehen. Bayle sagt auch, er glaube
nicht, daß ein Mensch, der kein Christ gewesen, vor sich so weit in rebus
divinis avanci
ret, als eben dieser Plato. Er hat freylich viele Wahrhei-
ten; wenn er aber auf das Hauptwerck kommt, so schnappet er doch über,
wie es allen andern ergangen, die keine revelation gehabt: denn sola re-
volatio
weiset uns in divinis etwas, das eine rechte consistenz hat. Plato
war in Griechenland, und sahe die confusion bey denen Griechen, daher
schrieb er ein Buch de republica. Er hat wahr genommen, meum &
tuum parit omne bellum;
daher hat er gemeynet, es müsse eine commu-
nion
seyn, ja er ist so weit gegangen, daß er gemeynet, uxores müsten
auch commun seyn. Das ist was närrisches. Deßwegen ist er auch

überall

De vera cujuslibet ſtatus felicitate.
ſehr perfect geweſen. Denn es war darinnen keine inæqualitas; kein
luxus; ſie hatten Deum præſentem; die religio war aͤcht; keine ambition
war da, ſo iſt doch die Republic nachgehends uͤbern Hauffen gegangen.
Denn ſie wollten einen Koͤnig haben, wie ſie nun einen Koͤnig hatten,
bekamen ſie uͤbele Herren, die Geiſtlichkeit hatte viel zu ſprechen, und
nahm ſich ſo viel heraus, ſie fielen auf Abgoͤttereyen, was der Koͤnig
that, thaten ſie auch, da giengen ſie zu Grunde. Es entſtund daneben
das Reich der Syrer und Babylonier, und hat Prideaux gewieſen, wie
ſich dieſe aggrandiret. Da ſie maͤchtig waren, unterdruckten ſie auch die
Juden. Die Juden muſten in die Babyloniſche Gefaͤngniß, ſie kamen
wieder heraus, verfielen aber auf Thorheiten, da denn endlich die Roͤmer
kamen, und ihrem Reich gantz ein Ende gemacht. Prideaux kan hier
wohl geleſen werden, denn er poſtilliret nichts, ſondern hat die Antiqui-
ten gut ſtudiret, und gehet bis auf die Zeiten CHriſti, wo er aufgehoͤ-
ret hat, faͤnget der Baſnage an. Der Vitringa in ſeiner Introduction ad
Hiſtor. Eccleſ.
hat auch vieles hievon beygebracht.

§. 15. 16. Die Gelehrten acquieſciren nicht. Sie haben geſe-De rebuspu-
blicis ideali-
bus.

hen, daß die res publicæ impetu entſtanden, und dieſelben in ſumma im-
perfectione
ſtehen; die rem publicam Judaicam haben ſie nicht ange-
ſchauet, ſondern dieſelbe vorbey gehen laſſen. Daher ſind ſie auf ideales
reſpublicas
gefallen, dergleichen Plato fingiret hat. Plato war ein durch-
triebener Kopf, wer ihn verachtet, der hat ihn entweder nicht geleſen,
oder aber dasjenige, was er von ihm geleſen, nicht reflectiret. Die We-
nigſten reflectiren uͤber ſeine Sachen, weil er per dialogos geſchi ieben,
die bisweilen ſubtil, und ſchwer zu verſtehen ſind. Da muß man ſol-
che Leute leſen, die faſt ihre gantze Lebens-Zeit mit des Platonis princi-
piis,
um dieſelben zu uͤberlegen zugebracht; Dergleichen der Marſilius Fi-
cinus
und Beſſarion ſind. Man muß auch in der hiſtoria Philoſophia
verſi
ret ſeyn, wenn man ihn will verſtehen. Bayle ſagt auch, er glaube
nicht, daß ein Menſch, der kein Chriſt geweſen, vor ſich ſo weit in rebus
divinis avanci
ret, als eben dieſer Plato. Er hat freylich viele Wahrhei-
ten; wenn er aber auf das Hauptwerck kommt, ſo ſchnappet er doch uͤber,
wie es allen andern ergangen, die keine revelation gehabt: denn ſola re-
volatio
weiſet uns in divinis etwas, das eine rechte conſiſtenz hat. Plato
war in Griechenland, und ſahe die confuſion bey denen Griechen, daher
ſchrieb er ein Buch de republica. Er hat wahr genommen, meum &
tuum parit omne bellum;
daher hat er gemeynet, es muͤſſe eine commu-
nion
ſeyn, ja er iſt ſo weit gegangen, daß er gemeynet, uxores muͤſten
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[111/0131] De vera cujuslibet ſtatus felicitate. ſehr perfect geweſen. Denn es war darinnen keine inæqualitas; kein luxus; ſie hatten Deum præſentem; die religio war aͤcht; keine ambition war da, ſo iſt doch die Republic nachgehends uͤbern Hauffen gegangen. Denn ſie wollten einen Koͤnig haben, wie ſie nun einen Koͤnig hatten, bekamen ſie uͤbele Herren, die Geiſtlichkeit hatte viel zu ſprechen, und nahm ſich ſo viel heraus, ſie fielen auf Abgoͤttereyen, was der Koͤnig that, thaten ſie auch, da giengen ſie zu Grunde. Es entſtund daneben das Reich der Syrer und Babylonier, und hat Prideaux gewieſen, wie ſich dieſe aggrandiret. Da ſie maͤchtig waren, unterdruckten ſie auch die Juden. Die Juden muſten in die Babyloniſche Gefaͤngniß, ſie kamen wieder heraus, verfielen aber auf Thorheiten, da denn endlich die Roͤmer kamen, und ihrem Reich gantz ein Ende gemacht. Prideaux kan hier wohl geleſen werden, denn er poſtilliret nichts, ſondern hat die Antiqui- tæten gut ſtudiret, und gehet bis auf die Zeiten CHriſti, wo er aufgehoͤ- ret hat, faͤnget der Baſnage an. Der Vitringa in ſeiner Introduction ad Hiſtor. Eccleſ. hat auch vieles hievon beygebracht. §. 15. 16. Die Gelehrten acquieſciren nicht. Sie haben geſe- hen, daß die res publicæ impetu entſtanden, und dieſelben in ſumma im- perfectione ſtehen; die rem publicam Judaicam haben ſie nicht ange- ſchauet, ſondern dieſelbe vorbey gehen laſſen. Daher ſind ſie auf ideales reſpublicas gefallen, dergleichen Plato fingiret hat. Plato war ein durch- triebener Kopf, wer ihn verachtet, der hat ihn entweder nicht geleſen, oder aber dasjenige, was er von ihm geleſen, nicht reflectiret. Die We- nigſten reflectiren uͤber ſeine Sachen, weil er per dialogos geſchi ieben, die bisweilen ſubtil, und ſchwer zu verſtehen ſind. Da muß man ſol- che Leute leſen, die faſt ihre gantze Lebens-Zeit mit des Platonis princi- piis, um dieſelben zu uͤberlegen zugebracht; Dergleichen der Marſilius Fi- cinus und Beſſarion ſind. Man muß auch in der hiſtoria Philoſophia verſiret ſeyn, wenn man ihn will verſtehen. Bayle ſagt auch, er glaube nicht, daß ein Menſch, der kein Chriſt geweſen, vor ſich ſo weit in rebus divinis avanciret, als eben dieſer Plato. Er hat freylich viele Wahrhei- ten; wenn er aber auf das Hauptwerck kommt, ſo ſchnappet er doch uͤber, wie es allen andern ergangen, die keine revelation gehabt: denn ſola re- volatio weiſet uns in divinis etwas, das eine rechte conſiſtenz hat. Plato war in Griechenland, und ſahe die confuſion bey denen Griechen, daher ſchrieb er ein Buch de republica. Er hat wahr genommen, meum & tuum parit omne bellum; daher hat er gemeynet, es muͤſſe eine commu- nion ſeyn, ja er iſt ſo weit gegangen, daß er gemeynet, uxores muͤſten auch commun ſeyn. Das iſt was naͤrriſches. Deßwegen iſt er auch uͤberall De rebuspu- blicis ideali- bus.

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Zitationshilfe: Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733, S. 111. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gundling_discours_1733/131>, abgerufen am 25.11.2024.