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Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733.

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überall gestriegelt worden, und haben etliche, welche sich so sehr in den
Platonem verliebt, gemeynet, Plato habe solches nicht defendiret, sondern
nur als ein problema gesetzet; allein er hat alles als problemata hinge-
setzet, indem er per dialogos geschrieben, und mag es wohl seine Mey-
nung gewesen seyn. In Summa, sein Buch de republica hat keinen Men-
schen gefallen, nicht, als wenn es nichts taugte, sondern man findet schö-
ne ideas darinnen. Man hat in Engeland auch eine schöne edition von
diesem Buch de republica, da es aus vielen MScriptis emendiret worden.
Mons. Dacier hat es auch ins Frantzösische übersetzet. Er hat auch schö-
ne Concepte de veritate in diesem Buch de republica; aber es ist ohn-
möglich, daß man kan eine solche Republic anlegen, wie Plato sich ein-
gebildet. Plato hat auch noch einen Tractat de Legibus geschrieben, da
hat Hertius gemeynet, daß dieser eher ad usum verum applicable, er ist
aber doch auch sehr philosophisch, und nicht wohl zu appliciren, ja man
erzehlt von Plotino, welcher ein grosser Anhänger vom Platone gewesen,
daß derselbe wollen eine Platonische Republic anlegen, und der Kayser
auch alle hülffliche Hand dazu geleistet, wie aber die Stadt gebauet ge-
wesen, und die Häuser alle fertig, so hat er keine Leute können bekommen,
welche sich in diese Republic begeben: Denn wir haben lauter homines vi-
tiis deditos,
welche bald auf dieses bald auf jenes Laster gefallen, vid.
Bayle sub voce Plotin.
Also ist Plato mit seiner Republic ausgelachet
worden, und sagt man von Dingen, die nicht können appliciret werden:
haec optinent in republica Platonica. Andere haben es wollen besser ma-
chen, und andere Republiquen fingirt, so des Platonis seine sollten über-
treffen, ego vero non credo, si excipias binos libellos, 1) des Thomae
Mori
sein Buch, welches er Utopiam nennet. * Mori Utopia ist plaissant
zu lesen. Herr Thomasius hat auch gesagt, daß unter denen vielen Bü-
chern, welche von den rebuspublicis fanaticis geschrieben werden, ihm kei-

nes
* Thomas Morus war Cantzler bey dem König in Engeland, dem Wüterich Henri-
co VIII. welcher ihn lassen den Kopf abschlagen. Er war sonst der alten Re-
ligion zugethan, aber ein sehr weiser Mann. Der König wollte haben, er
sollte seine Religion annchmen; nun erkannte Morus wohl, daß des Pabsts
seine Religion nichts taugte, aber er wollte auch Henrici Religion nicht ha-
ben, denn die war nicht Catholisch, nicht Reformirt, nicht Lutherisch, sondern
Henriciana religio, welche Henricus VIII. selbst ausgedacht; Weiln nun
Morus solche nicht annehmen wollte, so setzte er ihn erst ab, woraus sich aber
Morus nichts machte, sondern sich auf seine Land-Güter begab, und daselbst
in aller Stille lebte. Der König, wie er sahe, daß sich Morus nichts draus
machte, so ließ er ihn von seinen Land-Gütern wegnehmen, und den Kopf ab-
schlagen, vid. Laney in seiner hist. d'Angle terre.

Cap. IV.
uͤberall geſtriegelt worden, und haben etliche, welche ſich ſo ſehr in den
Platonem verliebt, gemeynet, Plato habe ſolches nicht defendiret, ſondern
nur als ein problema geſetzet; allein er hat alles als problemata hinge-
ſetzet, indem er per dialogos geſchrieben, und mag es wohl ſeine Mey-
nung geweſen ſeyn. In Summa, ſein Buch de republica hat keinen Men-
ſchen gefallen, nicht, als wenn es nichts taugte, ſondern man findet ſchoͤ-
ne ideas darinnen. Man hat in Engeland auch eine ſchoͤne edition von
dieſem Buch de republica, da es aus vielen MScriptis emendiret worden.
Monſ. Dacier hat es auch ins Frantzoͤſiſche uͤberſetzet. Er hat auch ſchoͤ-
ne Concepte de veritate in dieſem Buch de republica; aber es iſt ohn-
moͤglich, daß man kan eine ſolche Republic anlegen, wie Plato ſich ein-
gebildet. Plato hat auch noch einen Tractat de Legibus geſchrieben, da
hat Hertius gemeynet, daß dieſer eher ad uſum verum applicable, er iſt
aber doch auch ſehr philoſophiſch, und nicht wohl zu appliciren, ja man
erzehlt von Plotino, welcher ein groſſer Anhaͤnger vom Platone geweſen,
daß derſelbe wollen eine Platoniſche Republic anlegen, und der Kayſer
auch alle huͤlffliche Hand dazu geleiſtet, wie aber die Stadt gebauet ge-
weſen, und die Haͤuſer alle fertig, ſo hat er keine Leute koͤnnen bekommen,
welche ſich in dieſe Republic begeben: Denn wir haben lauter homines vi-
tiis deditos,
welche bald auf dieſes bald auf jenes Laſter gefallen, vid.
Bayle ſub voce Plotin.
Alſo iſt Plato mit ſeiner Republic ausgelachet
worden, und ſagt man von Dingen, die nicht koͤnnen appliciret werden:
hæc optinent in republica Platonica. Andere haben es wollen beſſer ma-
chen, und andere Republiquen fingirt, ſo des Platonis ſeine ſollten uͤber-
treffen, ego vero non credo, ſi excipias binos libellos, 1) des Thomæ
Mori
ſein Buch, welches er Utopiam nennet. * Mori Utopia iſt plaiſſant
zu leſen. Herr Thomaſius hat auch geſagt, daß unter denen vielen Buͤ-
chern, welche von den rebuspublicis fanaticis geſchrieben werden, ihm kei-

nes
* Thomas Morus war Cantzler bey dem Koͤnig in Engeland, dem Wuͤterich Henri-
co VIII. welcher ihn laſſen den Kopf abſchlagen. Er war ſonſt der alten Re-
ligion zugethan, aber ein ſehr weiſer Mann. Der Koͤnig wollte haben, er
ſollte ſeine Religion annchmen; nun erkannte Morus wohl, daß des Pabſts
ſeine Religion nichts taugte, aber er wollte auch Henrici Religion nicht ha-
ben, denn die war nicht Catholiſch, nicht Reformirt, nicht Lutheriſch, ſondern
Henriciana religio, welche Henricus VIII. ſelbſt ausgedacht; Weiln nun
Morus ſolche nicht annehmen wollte, ſo ſetzte er ihn erſt ab, woraus ſich aber
Morus nichts machte, ſondern ſich auf ſeine Land-Guͤter begab, und daſelbſt
in aller Stille lebte. Der Koͤnig, wie er ſahe, daß ſich Morus nichts draus
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[112/0132] Cap. IV. uͤberall geſtriegelt worden, und haben etliche, welche ſich ſo ſehr in den Platonem verliebt, gemeynet, Plato habe ſolches nicht defendiret, ſondern nur als ein problema geſetzet; allein er hat alles als problemata hinge- ſetzet, indem er per dialogos geſchrieben, und mag es wohl ſeine Mey- nung geweſen ſeyn. In Summa, ſein Buch de republica hat keinen Men- ſchen gefallen, nicht, als wenn es nichts taugte, ſondern man findet ſchoͤ- ne ideas darinnen. Man hat in Engeland auch eine ſchoͤne edition von dieſem Buch de republica, da es aus vielen MScriptis emendiret worden. Monſ. Dacier hat es auch ins Frantzoͤſiſche uͤberſetzet. Er hat auch ſchoͤ- ne Concepte de veritate in dieſem Buch de republica; aber es iſt ohn- moͤglich, daß man kan eine ſolche Republic anlegen, wie Plato ſich ein- gebildet. Plato hat auch noch einen Tractat de Legibus geſchrieben, da hat Hertius gemeynet, daß dieſer eher ad uſum verum applicable, er iſt aber doch auch ſehr philoſophiſch, und nicht wohl zu appliciren, ja man erzehlt von Plotino, welcher ein groſſer Anhaͤnger vom Platone geweſen, daß derſelbe wollen eine Platoniſche Republic anlegen, und der Kayſer auch alle huͤlffliche Hand dazu geleiſtet, wie aber die Stadt gebauet ge- weſen, und die Haͤuſer alle fertig, ſo hat er keine Leute koͤnnen bekommen, welche ſich in dieſe Republic begeben: Denn wir haben lauter homines vi- tiis deditos, welche bald auf dieſes bald auf jenes Laſter gefallen, vid. Bayle ſub voce Plotin. Alſo iſt Plato mit ſeiner Republic ausgelachet worden, und ſagt man von Dingen, die nicht koͤnnen appliciret werden: hæc optinent in republica Platonica. Andere haben es wollen beſſer ma- chen, und andere Republiquen fingirt, ſo des Platonis ſeine ſollten uͤber- treffen, ego vero non credo, ſi excipias binos libellos, 1) des Thomæ Mori ſein Buch, welches er Utopiam nennet. * Mori Utopia iſt plaiſſant zu leſen. Herr Thomaſius hat auch geſagt, daß unter denen vielen Buͤ- chern, welche von den rebuspublicis fanaticis geſchrieben werden, ihm kei- nes * Thomas Morus war Cantzler bey dem Koͤnig in Engeland, dem Wuͤterich Henri- co VIII. welcher ihn laſſen den Kopf abſchlagen. Er war ſonſt der alten Re- ligion zugethan, aber ein ſehr weiſer Mann. Der Koͤnig wollte haben, er ſollte ſeine Religion annchmen; nun erkannte Morus wohl, daß des Pabſts ſeine Religion nichts taugte, aber er wollte auch Henrici Religion nicht ha- ben, denn die war nicht Catholiſch, nicht Reformirt, nicht Lutheriſch, ſondern Henriciana religio, welche Henricus VIII. ſelbſt ausgedacht; Weiln nun Morus ſolche nicht annehmen wollte, ſo ſetzte er ihn erſt ab, woraus ſich aber Morus nichts machte, ſondern ſich auf ſeine Land-Guͤter begab, und daſelbſt in aller Stille lebte. Der Koͤnig, wie er ſahe, daß ſich Morus nichts draus machte, ſo ließ er ihn von ſeinen Land-Guͤtern wegnehmen, und den Kopf ab- ſchlagen, vid. Laney in ſeiner hiſt. d’Angle terre.

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Zitationshilfe: Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733, S. 112. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gundling_discours_1733/132>, abgerufen am 25.11.2024.