Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733.statum reipublicae conservandi in genere. in der Ferne mit einer Kugel trifft, dieselbe keinen effect hat. Das cli-ma machet, daß die Engeländer melancholici, und hengen sich leicht. Warum ist ein Ungar so hitzig? das machet sein clima, der Wein etc. Will einer sie anders machen, so muß er sie in ein ander clima bringen. Thucidides erzehlet von seinen Atheniensern, daß in Athen dreyerley Ar- ten von Leuten gewesen, die unten in der Stadt gewohnet, sind douce gewesen, ingemeux, arbeitsam, und haben sich auf Künste geleget; die höher wohneten, sind gewesen homines libertatem spirantes: Denn man wird sehen, die Leute, so hoch wohnen, haben courage. Paruta saget in seinen politischen discoursen, daß die Römer am ferocesten gewesen, wenn sie auf dem Berge Aventinus waren, denn da hat man können die gan- tze Stadt übersehen, die in Athen am Wasser gewohnet, sind Wäscher, Klätscher gewesen, und haben durch ihre Klätschereyen viel Unglück ver- ursachet. Da man nun dieselben in einer eintzigen Stadt angetroffen, wer will glauben, daß gantze populi könnten auf einerley Art regieret werden. Des Theophrasti Characteres kan man auch wohl gebrauchen, welchen alle Athenienser nach ihren Stand und profession characterisiret, und gewiesen, was sie vor diverse inclinationes gehabt. Diejenigen sind absurd, welche den Theophrastum verachten. Ich habe einen ex- tract aus demselben in die neue Bibliothec gemachet, und gewiesen, wo- zu man ihn gebrauchen könne. Es ist freylich ein special Werck, wel- ches man nicht en general in moralibus gebrauchen kan, und ist es eben so- viel, als wenn ich wollte Characteres Hallenses schreiben, und darinnen alle characterisiren. Man sagt sonst: Virtus ex confragroso venit: Denn die Leute, so auf denen Bergen, und in denen Wäldern wohnen, sind hart. Die Sachsen haben in meris sylvis gewohnet, wie man noch hin und wieder viele Wälder in Teutschland findet; daher haben sie alle einen spiritum. Je weiter man nach Norden gehet, je schlimmer sind sie: Denn wo es kalt ist, da ziehet sich die Hitze nach dem Hertzen zu. Die Natur hilfft sich selbst, weil sie von Jugend auf dazu gewöhnet sind. Wenn aber das Hertze Hitze hat, so hat man courage, denn bey der courage ebulirt sanguis. Betrachtet man die septentrionalischen Völ- cker, so findet man, daß sie grossen Lermen verursachet. Sie haben den Römischen Reich ein Ende gemachet, sie sind nicht mit Europa zufrieden gewesen, sondern sie sind nach Asia und Africa gelauffen. Der Bremius ist nichts anders, als ein Teutscher gewesen, welcher in Griechenland so geplündert. Vitringa hat gemeynet, daß die Teutschen eine razza von denen Parthern, welches bellicosissimus populus gewesen. Die Leute haben sich in montibus aufgehalten, und weil sie nichts zu leben gehabt, so X 2
ſtatum reipublicæ conſervandi in genere. in der Ferne mit einer Kugel trifft, dieſelbe keinen effect hat. Das cli-ma machet, daß die Engelaͤnder melancholici, und hengen ſich leicht. Warum iſt ein Ungar ſo hitzig? das machet ſein clima, der Wein ꝛc. Will einer ſie anders machen, ſo muß er ſie in ein ander clima bringen. Thucidides erzehlet von ſeinen Athenienſern, daß in Athen dreyerley Ar- ten von Leuten geweſen, die unten in der Stadt gewohnet, ſind douce geweſen, ingemeux, arbeitſam, und haben ſich auf Kuͤnſte geleget; die hoͤher wohneten, ſind geweſen homines libertatem ſpirantes: Denn man wird ſehen, die Leute, ſo hoch wohnen, haben courage. Paruta ſaget in ſeinen politiſchen diſcourſen, daß die Roͤmer am feroceſten geweſen, wenn ſie auf dem Berge Aventinus waren, denn da hat man koͤnnen die gan- tze Stadt uͤberſehen, die in Athen am Waſſer gewohnet, ſind Waͤſcher, Klaͤtſcher geweſen, und haben durch ihre Klaͤtſchereyen viel Ungluͤck ver- urſachet. Da man nun dieſelben in einer eintzigen Stadt angetroffen, wer will glauben, daß gantze populi koͤnnten auf einerley Art regieret werden. Des Theophraſti Characteres kan man auch wohl gebrauchen, welchen alle Athenienſer nach ihren Stand und profeſſion characteriſiret, und gewieſen, was ſie vor diverſe inclinationes gehabt. Diejenigen ſind abſurd, welche den Theophraſtum verachten. Ich habe einen ex- tract aus demſelben in die neue Bibliothec gemachet, und gewieſen, wo- zu man ihn gebrauchen koͤnne. Es iſt freylich ein ſpecial Werck, wel- ches man nicht en general in moralibus gebrauchen kan, und iſt es eben ſo- viel, als wenn ich wollte Characteres Hallenſes ſchreiben, und darinnen alle characteriſiren. Man ſagt ſonſt: Virtus ex confragroſo venit: Denn die Leute, ſo auf denen Bergen, und in denen Waͤldern wohnen, ſind hart. Die Sachſen haben in meris ſylvis gewohnet, wie man noch hin und wieder viele Waͤlder in Teutſchland findet; daher haben ſie alle einen ſpiritum. Je weiter man nach Norden gehet, je ſchlimmer ſind ſie: Denn wo es kalt iſt, da ziehet ſich die Hitze nach dem Hertzen zu. Die Natur hilfft ſich ſelbſt, weil ſie von Jugend auf dazu gewoͤhnet ſind. Wenn aber das Hertze Hitze hat, ſo hat man courage, denn bey der courage ebulirt ſanguis. Betrachtet man die ſeptentrionaliſchen Voͤl- cker, ſo findet man, daß ſie groſſen Lermen verurſachet. Sie haben den Roͤmiſchen Reich ein Ende gemachet, ſie ſind nicht mit Europa zufrieden geweſen, ſondern ſie ſind nach Aſia und Africa gelauffen. Der Bremius iſt nichts anders, als ein Teutſcher geweſen, welcher in Griechenland ſo gepluͤndert. Vitringa hat gemeynet, daß die Teutſchen eine razza von denen Parthern, welches bellicoſiſſimus populus geweſen. Die Leute haben ſich in montibus aufgehalten, und weil ſie nichts zu leben gehabt, ſo X 2
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in der Ferne mit einer Kugel trifft, dieſelbe keinen effect hat. Das cli-
ma machet, daß die Engelaͤnder melancholici, und hengen ſich leicht.
Warum iſt ein Ungar ſo hitzig? das machet ſein clima, der Wein ꝛc.
Will einer ſie anders machen, ſo muß er ſie in ein ander clima bringen.
Thucidides erzehlet von ſeinen Athenienſern, daß in Athen dreyerley Ar-
ten von Leuten geweſen, die unten in der Stadt gewohnet, ſind douce
geweſen, ingemeux, arbeitſam, und haben ſich auf Kuͤnſte geleget; die
hoͤher wohneten, ſind geweſen homines libertatem ſpirantes: Denn man
wird ſehen, die Leute, ſo hoch wohnen, haben courage. Paruta ſaget in
ſeinen politiſchen diſcourſen, daß die Roͤmer am feroceſten geweſen, wenn
ſie auf dem Berge Aventinus waren, denn da hat man koͤnnen die gan-
tze Stadt uͤberſehen, die in Athen am Waſſer gewohnet, ſind Waͤſcher,
Klaͤtſcher geweſen, und haben durch ihre Klaͤtſchereyen viel Ungluͤck ver-
urſachet. Da man nun dieſelben in einer eintzigen Stadt angetroffen,
wer will glauben, daß gantze populi koͤnnten auf einerley Art regieret
werden. Des Theophraſti Characteres kan man auch wohl gebrauchen,
welchen alle Athenienſer nach ihren Stand und profeſſion characteriſiret,
und gewieſen, was ſie vor diverſe inclinationes gehabt. Diejenigen
ſind abſurd, welche den Theophraſtum verachten. Ich habe einen ex-
tract aus demſelben in die neue Bibliothec gemachet, und gewieſen, wo-
zu man ihn gebrauchen koͤnne. Es iſt freylich ein ſpecial Werck, wel-
ches man nicht en general in moralibus gebrauchen kan, und iſt es eben ſo-
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alle characteriſiren. Man ſagt ſonſt: Virtus ex confragroſo venit: Denn
die Leute, ſo auf denen Bergen, und in denen Waͤldern wohnen, ſind
hart. Die Sachſen haben in meris ſylvis gewohnet, wie man noch hin
und wieder viele Waͤlder in Teutſchland findet; daher haben ſie alle
einen ſpiritum. Je weiter man nach Norden gehet, je ſchlimmer ſind
ſie: Denn wo es kalt iſt, da ziehet ſich die Hitze nach dem Hertzen zu.
Die Natur hilfft ſich ſelbſt, weil ſie von Jugend auf dazu gewoͤhnet ſind.
Wenn aber das Hertze Hitze hat, ſo hat man courage, denn bey der
courage ebulirt ſanguis. Betrachtet man die ſeptentrionaliſchen Voͤl-
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Roͤmiſchen Reich ein Ende gemachet, ſie ſind nicht mit Europa zufrieden
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iſt nichts anders, als ein Teutſcher geweſen, welcher in Griechenland ſo
gepluͤndert. Vitringa hat gemeynet, daß die Teutſchen eine razza von
denen Parthern, welches bellicoſiſſimus populus geweſen. Die Leute
haben ſich in montibus aufgehalten, und weil ſie nichts zu leben gehabt,
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