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Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733.

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status circa leges & judicia.
nur übersetzet. Bey allen Titeln müssen die effugia abgeschaffet werden;
dergleichen sind das beneficium divisionis & excussionis. Man consi-
deri
re nur die actionem Publicanam und rei Vindicatoriam, wenn ich sa-
ge: ego hanc domum esse meam ajo, weil ich es erkaufft, und da ich
verreißt gewesen, ist es mir von Händen kommen, was habe ich da nö-
thig dominium zu probiren, und zu zeigen, daß der andere, von dem ich
es gekaufft, auch dominus gewesen, wenn man nachdencket, so ist es re-
vera exceptio de jure tertii, sufficit,
daß ich es gekaufft. Daher auch
der Praetor Publicus kommen, und eine fiction gemacht, rem esse usu
captam,
denn das sind lauter Quinten. In der neuen Proceß-Ordnung
ist viel abgeschafft, aber sie ist nicht sufficiens. Unser Autor, der ein
Theologus, hat eine gute intention, wenn er saget, es wäre gut, wenn
man viel instanzen hätte, welches sich wohl in abstracto hören läßt, hätte
er aber in judicio gesessen, so würde er das nicht probiret haben. Er
meynet auch, es sey am besten, wenn der Fürst oder judex nicht selber
sprächen, sondern man compromittirte auf impartiales judices, und ver-
schickte die acten. Nun ist die transmissio actorum wohl gut, welche
man auch in einigen Reichs-Städten observiret, da es nichts desto we-
niger schnell zugehet: denn so bald einer durch ein Urthel graviret, kan
er ein remedium suspensivum einwenden, und begehret transmissionem
Actorum
. Da haben die Partheyen nur einen Satz. Hier zu Lande
aber ist es nichts, da hat man siebenerley Sachen, ehe einmahl appelli-
ret wird. Was hat man nöthig acten zu verschicken, als wenn der ju-
dex partialis,
deßwegen setzet man ja einen virum honestum, der nicht
soll partialis seyn. Selten wird auch das Urthel reformiret, und wenn
es ja reformirt ist, so wird es reformirt in deterius. Wenn auch ein
Fehler sollte bey dem judice a quo vorgehen, so wird derselbe doch nicht
so arg seyn, als wenn die acten verschicket werden, da kan öffters noch
ein absurderes Mittel vorkommen. Wir können auswärtige judices
alle jura statutaria verstehen? Sie haben offt fremde terminos, die wir
hier nicht haben? wie kan man die alle verstehen? Die transmissio Acto-
rum
kostet auch denen Leuten Geld, der judex bekommt Geld, der Secre-
tarius,
der Bothe etc. und kan es unter acht Thalern nicht geschehen. Es
ist auch weitläufftig, denn wenn e. g. aus dem Hollsteinischen acten
nach Tübingen geschickt werden, wie lange währet es nicht, ehe die acten
zurück kommen. Wäre der Fürst oder judex impliciret, alsdenn könnte
man wohl die acten verschicken. Man muß aber denen Partheyen nicht
gleich glauben, wenn sie sagen, der Richter ist partialis: denn das Ur-
thel, so gefället wird, ist einem allezeit angenehm, und dem andern ver-

drieß-
C c 2

ſtatus circa leges & judicia.
nur uͤberſetzet. Bey allen Titeln muͤſſen die effugia abgeſchaffet werden;
dergleichen ſind das beneficium diviſionis & excuſſionis. Man conſi-
deri
re nur die actionem Publicanam und rei Vindicatoriam, wenn ich ſa-
ge: ego hanc domum eſſe meam ajo, weil ich es erkaufft, und da ich
verreißt geweſen, iſt es mir von Haͤnden kommen, was habe ich da noͤ-
thig dominium zu probiren, und zu zeigen, daß der andere, von dem ich
es gekaufft, auch dominus geweſen, wenn man nachdencket, ſo iſt es re-
vera exceptio de jure tertii, ſufficit,
daß ich es gekaufft. Daher auch
der Prætor Publicus kommen, und eine fiction gemacht, rem eſſe uſu
captam,
denn das ſind lauter Quinten. In der neuen Proceß-Ordnung
iſt viel abgeſchafft, aber ſie iſt nicht ſufficiens. Unſer Autor, der ein
Theologus, hat eine gute intention, wenn er ſaget, es waͤre gut, wenn
man viel inſtanzen haͤtte, welches ſich wohl in abſtracto hoͤren laͤßt, haͤtte
er aber in judicio geſeſſen, ſo wuͤrde er das nicht probiret haben. Er
meynet auch, es ſey am beſten, wenn der Fuͤrſt oder judex nicht ſelber
ſpraͤchen, ſondern man compromittirte auf impartiales judices, und ver-
ſchickte die acten. Nun iſt die transmisſio actorum wohl gut, welche
man auch in einigen Reichs-Staͤdten obſerviret, da es nichts deſto we-
niger ſchnell zugehet: denn ſo bald einer durch ein Urthel graviret, kan
er ein remedium ſuſpenſivum einwenden, und begehret transmiſſionem
Actorum
. Da haben die Partheyen nur einen Satz. Hier zu Lande
aber iſt es nichts, da hat man ſiebenerley Sachen, ehe einmahl appelli-
ret wird. Was hat man noͤthig acten zu verſchicken, als wenn der ju-
dex partialis,
deßwegen ſetzet man ja einen virum honeſtum, der nicht
ſoll partialis ſeyn. Selten wird auch das Urthel reformiret, und wenn
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Fehler ſollte bey dem judice a quo vorgehen, ſo wird derſelbe doch nicht
ſo arg ſeyn, als wenn die acten verſchicket werden, da kan oͤffters noch
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hier nicht haben? wie kan man die alle verſtehen? Die transmiſſio Acto-
rum
koſtet auch denen Leuten Geld, der judex bekommt Geld, der Secre-
tarius,
der Bothe ꝛc. und kan es unter acht Thalern nicht geſchehen. Es
iſt auch weitlaͤufftig, denn wenn e. g. aus dem Hollſteiniſchen acten
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man wohl die acten verſchicken. Man muß aber denen Partheyen nicht
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C c 2
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[203/0223] ſtatus circa leges & judicia. nur uͤberſetzet. Bey allen Titeln muͤſſen die effugia abgeſchaffet werden; dergleichen ſind das beneficium diviſionis & excuſſionis. Man conſi- derire nur die actionem Publicanam und rei Vindicatoriam, wenn ich ſa- ge: ego hanc domum eſſe meam ajo, weil ich es erkaufft, und da ich verreißt geweſen, iſt es mir von Haͤnden kommen, was habe ich da noͤ- thig dominium zu probiren, und zu zeigen, daß der andere, von dem ich es gekaufft, auch dominus geweſen, wenn man nachdencket, ſo iſt es re- vera exceptio de jure tertii, ſufficit, daß ich es gekaufft. Daher auch der Prætor Publicus kommen, und eine fiction gemacht, rem eſſe uſu captam, denn das ſind lauter Quinten. In der neuen Proceß-Ordnung iſt viel abgeſchafft, aber ſie iſt nicht ſufficiens. Unſer Autor, der ein Theologus, hat eine gute intention, wenn er ſaget, es waͤre gut, wenn man viel inſtanzen haͤtte, welches ſich wohl in abſtracto hoͤren laͤßt, haͤtte er aber in judicio geſeſſen, ſo wuͤrde er das nicht probiret haben. Er meynet auch, es ſey am beſten, wenn der Fuͤrſt oder judex nicht ſelber ſpraͤchen, ſondern man compromittirte auf impartiales judices, und ver- ſchickte die acten. Nun iſt die transmisſio actorum wohl gut, welche man auch in einigen Reichs-Staͤdten obſerviret, da es nichts deſto we- niger ſchnell zugehet: denn ſo bald einer durch ein Urthel graviret, kan er ein remedium ſuſpenſivum einwenden, und begehret transmiſſionem Actorum. Da haben die Partheyen nur einen Satz. Hier zu Lande aber iſt es nichts, da hat man ſiebenerley Sachen, ehe einmahl appelli- ret wird. Was hat man noͤthig acten zu verſchicken, als wenn der ju- dex partialis, deßwegen ſetzet man ja einen virum honeſtum, der nicht ſoll partialis ſeyn. Selten wird auch das Urthel reformiret, und wenn es ja reformirt iſt, ſo wird es reformirt in deterius. Wenn auch ein Fehler ſollte bey dem judice a quo vorgehen, ſo wird derſelbe doch nicht ſo arg ſeyn, als wenn die acten verſchicket werden, da kan oͤffters noch ein abſurderes Mittel vorkommen. Wir koͤnnen auswaͤrtige judices alle jura ſtatutaria verſtehen? Sie haben offt fremde terminos, die wir hier nicht haben? wie kan man die alle verſtehen? Die transmiſſio Acto- rum koſtet auch denen Leuten Geld, der judex bekommt Geld, der Secre- tarius, der Bothe ꝛc. und kan es unter acht Thalern nicht geſchehen. Es iſt auch weitlaͤufftig, denn wenn e. g. aus dem Hollſteiniſchen acten nach Tuͤbingen geſchickt werden, wie lange waͤhret es nicht, ehe die acten zuruͤck kommen. Waͤre der Fuͤrſt oder judex impliciret, alsdenn koͤnnte man wohl die acten verſchicken. Man muß aber denen Partheyen nicht gleich glauben, wenn ſie ſagen, der Richter iſt partialis: denn das Ur- thel, ſo gefaͤllet wird, iſt einem allezeit angenehm, und dem andern ver- drieß- C c 2

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Zitationshilfe: Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733, S. 203. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gundling_discours_1733/223>, abgerufen am 26.11.2024.