Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733.status circa Ministros & Magistratus inferiores. lassen aliquid fabulae mit unterfliessen, so kan man doch diesen introitumeiniger massen verificiren. Ein Fürst kan nicht alles allein thun, wenn er auch die Augen des Argns hätte, und muß er also noch andere bey sich haben, die Consiliarii sind, wie ein tubus per quos videt, quid in toto regno, in tota republica eveniat. Er muß andere Ohren haben, durch die er höret, weil er nicht alles selbst hören kan. Also ist es ohnmöglich, daß er sine Consiliariis seyn kan. Die Theologi observiren, daß Da- vid, ob er gleich ein grosser Mann gewesen, (imo disputatur adhuc, annon fuerit propheta,) gleichwohl habe er Propheten an der Seite ge- habt, welche er gefraget. Reinckingius in seiner Biblischen Policey hat auch vieles hievon beygebracht. * Es ist eine Charteque heraus kom- men, darinnen der Autor meynet, ein Fürst brauche nichts mehr, als ei- nen Secretaire, so könne er auskommen, welches wohl angehet in einem duodez-Lande, aber in einem grossen Lande ist es eine chimere. Wenn auch einer alles thun könnte, so würde es ihm doch gehen wie dem Cromwell, welcher auch alle Briefe selbst beantwortet, und alles durch seine Hand gehen lassen, durch welche grosse Arbeit er fatigiret worden, also, daß er bald darauf gestorben. Darauf kommt es an, daß man kan einen grossen genie des Principis erkennen, wenn er rechtschaffene Ministres hat, die nicht alleine ihm, sondern auch dem populo anstehen. Denn was ist das, wenn ich suche den populum zu ruiniren, das kan ein Bauer auch thun, aber daß alles florire & in unum conspiriret, das ist eine Kunst. Mons. Perifix, (der den Louis XIV. informiret, und hernach Ertz-Bischoff zu Pariß worden,) welcher das Leben Henrici IV. be- schrieben, hat darinnen dem Louis XIV. gewiesen, was sein Groß-Va- ter vor Ministres und Capitains gehabt, und es ist wahr, daß kein Reich gewesen, wo man so excellente Ministres gehabt, als unter diesen Hen- rico IV. Wir haben admirable Staats-Memoires von dieser Zeit. Er hatte den Villeroy zum Staats-Secretaire, der du Fresne war Am- bassadeur in Venedig, Sully war sein Cameralist, welchen er von einem simplen Edelmann nach und nach erhaben, daß er Hertzog von Bethuno worden. Man hat ihn in der That Henry le Grand nennen können. Er war verliebt, welches ein klein bißgen Anstoß bey andern verursa- chet, sonst würde er einer der grösten Printzen gewesen seyn; Er hat alles in Franck- * Ich halte den Reincking vor einen geschicktern Politicum, als Juristen; In jure hat er auch vieles geschrieben, e. g. ein jus publicum, item de jure retractus. Er war in Diensten des Hertzogs von Hollstein, und ist auch in Heßischen Diensten gewesen. E e 2
ſtatus circa Miniſtros & Magiſtratus inferiores. laſſen aliquid fabulæ mit unterflieſſen, ſo kan man doch dieſen introitumeiniger maſſen verificiren. Ein Fuͤrſt kan nicht alles allein thun, wenn er auch die Augen des Argns haͤtte, und muß er alſo noch andere bey ſich haben, die Conſiliarii ſind, wie ein tubus per quos videt, quid in toto regno, in tota republica eveniat. Er muß andere Ohren haben, durch die er hoͤret, weil er nicht alles ſelbſt hoͤren kan. Alſo iſt es ohnmoͤglich, daß er ſine Conſiliariis ſeyn kan. Die Theologi obſerviren, daß Da- vid, ob er gleich ein groſſer Mann geweſen, (imo diſputatur adhuc, annon fuerit propheta,) gleichwohl habe er Propheten an der Seite ge- habt, welche er gefraget. Reinckingius in ſeiner Bibliſchen Policey hat auch vieles hievon beygebracht. * Es iſt eine Charteque heraus kom- men, darinnen der Autor meynet, ein Fuͤrſt brauche nichts mehr, als ei- nen Secretaire, ſo koͤnne er auskommen, welches wohl angehet in einem duodez-Lande, aber in einem groſſen Lande iſt es eine chimere. Wenn auch einer alles thun koͤnnte, ſo wuͤrde es ihm doch gehen wie dem Cromwell, welcher auch alle Briefe ſelbſt beantwortet, und alles durch ſeine Hand gehen laſſen, durch welche groſſe Arbeit er fatigiret worden, alſo, daß er bald darauf geſtorben. Darauf kommt es an, daß man kan einen groſſen genie des Principis erkennen, wenn er rechtſchaffene Miniſtres hat, die nicht alleine ihm, ſondern auch dem populo anſtehen. Denn was iſt das, wenn ich ſuche den populum zu ruiniren, das kan ein Bauer auch thun, aber daß alles florire & in unum conſpiriret, das iſt eine Kunſt. Monſ. Perifix, (der den Louis XIV. informiret, und hernach Ertz-Biſchoff zu Pariß worden,) welcher das Leben Henrici IV. be- ſchrieben, hat darinnen dem Louis XIV. gewieſen, was ſein Groß-Va- ter vor Miniſtres und Capitains gehabt, und es iſt wahr, daß kein Reich geweſen, wo man ſo excellente Miniſtres gehabt, als unter dieſen Hen- rico IV. Wir haben admirable Staats-Memoires von dieſer Zeit. Er hatte den Villeroy zum Staats-Secretaire, der du Freſne war Am- baſſadeur in Venedig, Sully war ſein Cameraliſt, welchen er von einem ſimplen Edelmann nach und nach erhaben, daß er Hertzog von Bethuno worden. Man hat ihn in der That Henry le Grand nennen koͤnnen. Er war verliebt, welches ein klein bißgen Anſtoß bey andern verurſa- chet, ſonſt wuͤrde er einer der groͤſten Printzen geweſen ſeyn; Er hat alles in Franck- * Ich halte den Reincking vor einen geſchicktern Politicum, als Juriſten; In jure hat er auch vieles geſchrieben, e. g. ein jus publicum, item de jure retractus. Er war in Dienſten des Hertzogs von Hollſtein, und iſt auch in Heßiſchen Dienſten geweſen. E e 2
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er auch die Augen des Argns haͤtte, und muß er alſo noch andere bey ſich
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regno, in tota republica eveniat. Er muß andere Ohren haben, durch
die er hoͤret, weil er nicht alles ſelbſt hoͤren kan. Alſo iſt es ohnmoͤglich,
daß er ſine Conſiliariis ſeyn kan. Die Theologi obſerviren, daß Da-
vid, ob er gleich ein groſſer Mann geweſen, (imo diſputatur adhuc,
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habt, welche er gefraget. Reinckingius in ſeiner Bibliſchen Policey hat
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nen Secretaire, ſo koͤnne er auskommen, welches wohl angehet in einem
duodez-Lande, aber in einem groſſen Lande iſt es eine chimere. Wenn
auch einer alles thun koͤnnte, ſo wuͤrde es ihm doch gehen wie dem
Cromwell, welcher auch alle Briefe ſelbſt beantwortet, und alles durch
ſeine Hand gehen laſſen, durch welche groſſe Arbeit er fatigiret worden,
alſo, daß er bald darauf geſtorben. Darauf kommt es an, daß man
kan einen groſſen genie des Principis erkennen, wenn er rechtſchaffene
Miniſtres hat, die nicht alleine ihm, ſondern auch dem populo anſtehen.
Denn was iſt das, wenn ich ſuche den populum zu ruiniren, das kan ein
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geweſen, wo man ſo excellente Miniſtres gehabt, als unter dieſen Hen-
rico IV. Wir haben admirable Staats-Memoires von dieſer Zeit.
Er hatte den Villeroy zum Staats-Secretaire, der du Freſne war Am-
baſſadeur in Venedig, Sully war ſein Cameraliſt, welchen er von einem
ſimplen Edelmann nach und nach erhaben, daß er Hertzog von Bethuno
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Er war verliebt, welches ein klein bißgen Anſtoß bey andern verurſa-
chet, ſonſt wuͤrde er einer der groͤſten Printzen geweſen ſeyn; Er hat alles in
Franck-
* Ich halte den Reincking vor einen geſchicktern Politicum, als Juriſten; In jure
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Er war in Dienſten des Hertzogs von Hollſtein, und iſt auch in Heßiſchen
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