Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733.Cap. V. De prudentia Franckreich in gute Ordnung gebracht, und wenn Louis XIV. nach derBeschreibung des Perefix gethan, so würde er wohl regieret haben, in- dem der Perefix zugleich auch alle Fehler des Henry le Grand hinzu ge- than, und gewiesen, woher es gekommen, daß er von dem Ravaillac mas- sacriret worden. Man siehet, daß ein Herr ein jugement hat, der es so zu reguliren weiß, daß er gute Ministres bekommt. Man muß sich nicht einbilden, daß ein Herr kan Leute haben von einer trempe. Lauter Ge- lehrte zu haben ist nichts, und ist ein pedantisch jugement, welches ex amore immodico erga litteras kommt, wenn man meynet, alle Bedie- nungen müsten mit Gelehrten besetzet werden. Eine teinture von litteris ist gut, aber daß sie sollen studiret haben, wie Professores, ist eben nicht nöthig, sonst liegen sie immer über den Büchern, lesen journale, bleiben abstractionisten, lernen die Welt nicht kennen, und sind dem Herrn mehr schädlich. Die meisten Leute sagen: apti sunt eligendi oder probi, welches aber nur generalia, und bey allen muß in acht genommen wer- den. Ein Schuster muß probus seyn, sonst macht er nur Schuhe, welche in vier Tagen zerreissen. Ein Soldat muß probus seyn, aber dieses ist noch keine nota characteristica. Dieses generale hat auch der Cromwell observiret, welcher keinen wollen unter seinen Bedienten haben, der nicht probus und pius gewesen: denn Leute, so böse sind, können ohnmöglich was gutes thun. Wenn aber gleich ein Herr sich vorgesetzet lauter probos zu nehmen, so gehet es doch in tanta faece nicht an lauter probos zu haben, und muß einer nur solche choisiren, die er kan in Zaum hal- ten, und die ihm nicht Schaden thun. Ludovicus de Cabrera, ein Spa- nier, welcher das Leben Philippi II. in Spanischer Sprache vortrefflich beschrieben, (aus welchen Amelot in seinen notis ad Tacitum viel passa- gen allegiret,) erzehlet von demselben, daß er genau auf die mores seiner Bedienten acht gegeben, und deßwegen ein Buch gehalten, in welches al- les geschrieben worden, was seine Bedienten Lobenswürdiges und ta- delhafftes gethan, wodurch die Leute nicht allein im Zaum gehalten, son- dern auch excitirt worden, weil keiner wollen ein böses eloquium haben. Er hat auch excellente Ministres gehabt, und die Fehler, so er begangen, sind alle aus Hitze geschehen. Wenn man gleich supponiret probos, so muß man doch auch ad specialia gehen. Daher auch der Autor eine digression gemacht, und gewiesen, worauf man zu sehen habe. Ein Herr muß viele Bedienten haben, und also einer jeden Bedienung einen rechtschaffenen Menschen vorsetzen; man kan aber nicht gleich eine jede Bedienung ins besondere betrachten, sondern alia generaliora principia sunt praemittenda. §. 3.
Cap. V. De prudentia Franckreich in gute Ordnung gebracht, und wenn Louis XIV. nach derBeſchreibung des Perefix gethan, ſo wuͤrde er wohl regieret haben, in- dem der Perefix zugleich auch alle Fehler des Henry le Grand hinzu ge- than, und gewieſen, woher es gekommen, daß er von dem Ravaillac maſ- ſacriret worden. Man ſiehet, daß ein Herr ein jugement hat, der es ſo zu reguliren weiß, daß er gute Miniſtres bekommt. Man muß ſich nicht einbilden, daß ein Herr kan Leute haben von einer trempe. Lauter Ge- lehrte zu haben iſt nichts, und iſt ein pedantiſch jugement, welches ex amore immodico erga litteras kommt, wenn man meynet, alle Bedie- nungen muͤſten mit Gelehrten beſetzet werden. Eine teinture von litteris iſt gut, aber daß ſie ſollen ſtudiret haben, wie Profeſſores, iſt eben nicht noͤthig, ſonſt liegen ſie immer uͤber den Buͤchern, leſen journale, bleiben abſtractioniſten, lernen die Welt nicht kennen, und ſind dem Herrn mehr ſchaͤdlich. Die meiſten Leute ſagen: apti ſunt eligendi oder probi, welches aber nur generalia, und bey allen muß in acht genommen wer- den. Ein Schuſter muß probus ſeyn, ſonſt macht er nur Schuhe, welche in vier Tagen zerreiſſen. Ein Soldat muß probus ſeyn, aber dieſes iſt noch keine nota characteriſtica. Dieſes generale hat auch der Cromwell obſerviret, welcher keinen wollen unter ſeinen Bedienten haben, der nicht probus und pius geweſen: denn Leute, ſo boͤſe ſind, koͤnnen ohnmoͤglich was gutes thun. Wenn aber gleich ein Herr ſich vorgeſetzet lauter probos zu nehmen, ſo gehet es doch in tanta fæce nicht an lauter probos zu haben, und muß einer nur ſolche choiſiren, die er kan in Zaum hal- ten, und die ihm nicht Schaden thun. Ludovicus de Cabrera, ein Spa- nier, welcher das Leben Philippi II. in Spaniſcher Sprache vortrefflich beſchrieben, (aus welchen Amelot in ſeinen notis ad Tacitum viel paſſa- gen allegiret,) erzehlet von demſelben, daß er genau auf die mores ſeiner Bedienten acht gegeben, und deßwegen ein Buch gehalten, in welches al- les geſchrieben worden, was ſeine Bedienten Lobenswuͤrdiges und ta- delhafftes gethan, wodurch die Leute nicht allein im Zaum gehalten, ſon- dern auch excitirt worden, weil keiner wollen ein boͤſes eloquium haben. Er hat auch excellente Miniſtres gehabt, und die Fehler, ſo er begangen, ſind alle aus Hitze geſchehen. Wenn man gleich ſupponiret probos, ſo muß man doch auch ad ſpecialia gehen. Daher auch der Autor eine digreſſion gemacht, und gewieſen, worauf man zu ſehen habe. Ein Herr muß viele Bedienten haben, und alſo einer jeden Bedienung einen rechtſchaffenen Menſchen vorſetzen; man kan aber nicht gleich eine jede Bedienung ins beſondere betrachten, ſondern alia generaliora principia ſunt præmittenda. §. 3.
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dem der Perefix zugleich auch alle Fehler des Henry le Grand hinzu ge-
than, und gewieſen, woher es gekommen, daß er von dem Ravaillac maſ-
ſacriret worden. Man ſiehet, daß ein Herr ein jugement hat, der es ſo
zu reguliren weiß, daß er gute Miniſtres bekommt. Man muß ſich nicht
einbilden, daß ein Herr kan Leute haben von einer trempe. Lauter Ge-
lehrte zu haben iſt nichts, und iſt ein pedantiſch jugement, welches ex
amore immodico erga litteras kommt, wenn man meynet, alle Bedie-
nungen muͤſten mit Gelehrten beſetzet werden. Eine teinture von litteris
iſt gut, aber daß ſie ſollen ſtudiret haben, wie Profeſſores, iſt eben nicht
noͤthig, ſonſt liegen ſie immer uͤber den Buͤchern, leſen journale, bleiben
abſtractioniſten, lernen die Welt nicht kennen, und ſind dem Herrn
mehr ſchaͤdlich. Die meiſten Leute ſagen: apti ſunt eligendi oder probi,
welches aber nur generalia, und bey allen muß in acht genommen wer-
den. Ein Schuſter muß probus ſeyn, ſonſt macht er nur Schuhe, welche
in vier Tagen zerreiſſen. Ein Soldat muß probus ſeyn, aber dieſes iſt
noch keine nota characteriſtica. Dieſes generale hat auch der Cromwell
obſerviret, welcher keinen wollen unter ſeinen Bedienten haben, der nicht
probus und pius geweſen: denn Leute, ſo boͤſe ſind, koͤnnen ohnmoͤglich
was gutes thun. Wenn aber gleich ein Herr ſich vorgeſetzet lauter
probos zu nehmen, ſo gehet es doch in tanta fæce nicht an lauter probos
zu haben, und muß einer nur ſolche choiſiren, die er kan in Zaum hal-
ten, und die ihm nicht Schaden thun. Ludovicus de Cabrera, ein Spa-
nier, welcher das Leben Philippi II. in Spaniſcher Sprache vortrefflich
beſchrieben, (aus welchen Amelot in ſeinen notis ad Tacitum viel paſſa-
gen allegiret,) erzehlet von demſelben, daß er genau auf die mores ſeiner
Bedienten acht gegeben, und deßwegen ein Buch gehalten, in welches al-
les geſchrieben worden, was ſeine Bedienten Lobenswuͤrdiges und ta-
delhafftes gethan, wodurch die Leute nicht allein im Zaum gehalten, ſon-
dern auch excitirt worden, weil keiner wollen ein boͤſes eloquium haben.
Er hat auch excellente Miniſtres gehabt, und die Fehler, ſo er begangen,
ſind alle aus Hitze geſchehen. Wenn man gleich ſupponiret probos, ſo
muß man doch auch ad ſpecialia gehen. Daher auch der Autor eine
digreſſion gemacht, und gewieſen, worauf man zu ſehen habe. Ein
Herr muß viele Bedienten haben, und alſo einer jeden Bedienung einen
rechtſchaffenen Menſchen vorſetzen; man kan aber nicht gleich eine jede
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§. 3.
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